Mit dem Wechsel von Deutschland in die Schweiz hatte der Automanager Bernhard Triquart kein Problem - und auch seine Frau nicht: «Als sie erfuhr, dass wir in die Schweiz ziehen werden, sass sie praktisch bereits auf den gepackten Koffern», sagt Triquart mit Humor. Er und seine Familie haben die Winterferien oft im Engadin und im Wallis verbracht und eine Affinität zur Schweiz entwickelt. Das gilt auch für die beiden Kinder, aber ihnen fiel es schwerer, ihren Freundeskreis zu verlassen. «Es gab schon Tränen», räumt Triquart ein. Und weil er sich derzeit einarbeiten muss, bleiben ihm wenige Stunden, um seiner Frau bei dieser Überbrückungsarbeit beizustehen.
Der neue CEO von DaimlerChrysler Schweiz, Triquart, gehört nicht zu denen, die Floskeln von sich geben im Stil von «Meine Familie bedeutet mir alles». Seine Aussagen zu diesem Thema sind konkreter: «Wissen Sie, was für mich Erholung bedeutet?», sagt er etwa, «wenn ich am frühen Morgen mit meinem Sohn Golf spielen gehe, wenn die Vögel zwitschern und der Tau auf der Wiese liegt.» Hier als der knallharte DaimlerChrysler-Kapitän, dort der Familienvater, der mit seinem Sohn frühmorgens golfen geht und mit ihm gerne die Natur beobachtet. Warum bedeutet ihm dieser Sport so viel? «Das ist ein Sport, bei dem man gegen sich selber spielt. Das macht mir und meinem Sohn Spass.»
Triquart hat sein Metier von der Pike auf gelernt. «Ich bin ein regelrechtes Vertriebsgewächs», sagt er dazu. Er hat in seiner Branche alle Stufen durchlaufen: Seine Laufbahn begann er als Bezirksleiter von Chevron Erdoel Deutschland GmbH. Dann fiel der Startschuss zur automobilen Karriere. Bei Mercedes-Benz wurde er zunächst mit der Leitung des Verkaufsaussendienstes in Stuttgart und später in Frankfurt betraut. Er durchlief verschiedene Vertriebsstufen und vor seinem Wechsel in die Schweiz leitete er das Marktleistungscenter des Konzernmitarbeitergeschäftes.
Kenner der Mercedes-Kunden
Triquart war immer an der Kundenfront tätig. Darauf angesprochen, was ein typischer Mercedes-Kunde will ein Statussymbol oder einen Jugendtraum realisieren , reagiert er fast wie ein Psychologe: «Sehen Sie, ich habe immer versucht, die Bedürfnisstruktur meiner Kunden zu erfassen, mich in sie hineinzuversetzen. Beides trifft zu. Es gibt jene, welche am Statussymbol hängen. Das braucht ja nicht a priori negativ zu sein. Es gibt aber auch welche, die sich einen lang gehegten Jugendtraum verwirklichen wollen. Was ist daran falsch? Ich habe es immer genossen, nahe am Kunden zu sein.» Der Mercedes-Kunde stelle hohe Ansprüche und sei bereit, einen angemessenen Preis zu bezahlen, erklärt er weiter. Und stört es ihn nicht, dass er als Verkaufsmanager nicht bei der Produktepalette mitbestimmen kann? «Der Verkauf eines Mercedes ist eine hoch emotionale Angelegenheit. Wir legen darauf grossen Wert. Das ist fast so etwas wie ein Ritual», sagt Triquart dazu - und es sei durchaus möglich, Feedbacks von der Kundenfront in die Entwicklungs-Abteilung einzuspeisen.
Wie läuft das erwähnte Ritual ab? DaimlerChrysler offeriert dem Käufer eines Mercedes einen Besuch in Sindelfingen, wo das Fahrzeug ausgeliefert wird. Was für Schweizer Autofahrer, die einfach ins neu erworbene Auto sitzen und abfahren wollen, offenbar seltsam anmutet. Im Gegensatz zu Mercedes-Käufern in andern Ländern, wo viele das Angebot, ins Kundencenter zu pilgern und ihr Auto persönlich abzuholen, annehmen. Triquart erzählt von einem Grossvater, der seiner Enkelin als Geschenk zur Matura «nur» einen Besuch in Sindelfingen versprochen hatte. Der Besuch endete mit einem Mercedes mit einer rosa Schleife am Ausgang. Episoden wie diese gibt es laut Triquart viele.
Triquart wechselt im Gespräch rasch von der emotionalen auf die fachliche Ebene. Das ist zweifellos eines seiner Erfolgsrezepte, das ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist: Chef von DaimlerChrysler Schweiz AG. Er bezeichnet den Automobilmarkt in der Schweiz als klein, aber komplex. «Die Tatsache, dass die Schweiz als Land ohne eigene Automobilproduktion über ein Grossangebot an importierten Fahrzeugen verfügt und trotzdem als Markt eine repräsentative Funktion erfüllt, stellt für alle Importorganisationen eine grosse Herausforderung dar und macht den Wettbewerb umso spannender», sagt er. «Auf meine neue Aufgabe freue ich mich.»
Freude an neuen Modellen
DaimlerChrysler Schweiz AG ist für ihn «eine starke Vertriebsorganisation, die mit ihrer Produktepalette praktisch jedes Kundenbedürfnis abdeckt». Und wenn Triquart von neuen Modellen spricht, die jetzt und im nächsten Jahr hinzukommen, leuchten seine Augen. Etwa mit Blick auf den Smart forfour, die neue A-Klasse und neue Modelle von Chrysler oder Jeep.
Seine Ziele für den Schweizer Markt formuliert er so: «DaimlerChrysler will sich im nach wie vor schwierigen Wettbewerbumfeld als eine der führenden Importgesellschaften behaupten. Aufgrund der 2004 auf den Markt gelangenden Modellneuheiten von Mercedes-Benz, Smart und Chrysler Jeep sind wir zuversichtlich, dass wir unsere starke Position nicht nur behaupten, sondern auch ausbauen können», sagt er nicht ohne realistisch zu bleiben. Denn Mercedes hat in den ersten drei Quartalen bei den Neuwagen-Immatrikulationen um fast 16% und Smart um fast 17% eingebüsst. Triquart räumt ein, dass bei den Autos gilt, was derzeit auch Anbieter von Möbeln und Unterhaltungselektronik feststellen. «In wirtschaftlich schwierigeren Zeiten kann man auch an einem Tisch essen oder in einem Bett schlafen, die ein paar Jahre alt sind. Das gilt auch für den Fernseher oder für das Auto. Speziell, wenn Letzteres einen hohen Standard aufweist.» Daher geht er für das laufende Jahr von einem Rückgang in der Grössenordnung von 8% für den Gesamtmarkt Schweiz aus.
Eine Schwäche für Süsses
Besorgt wirkt der neue CEO deswegen aber nicht. Er hat genug Erfahrungen in diesem zyklischen Geschäft gesammelt und daher auch viele Anekdoten auf Lager. Wie etwa die Story über ein Ehepaar, das auf Autos eines deutschen Konkurrenten eingeschworen war, und das er «umpolen» konnte. «Wir veranstalteten einen Wettbewerb mit einem Mercedes, in dem fünf Fehlerquellen eingebaut waren. Das Ehepaar gewann, obwohl es nicht zu unseren Kunden gehörte. Er gewann einen Mercedes der E-Klasse, sie einen der C-Klasse. Sie kamen zu mir und fragten, ob sie nicht zusammen einen Mercedes der S-Klasse bekommen könnten. Seither fahren sie nur noch Mercedes», erzählt Triquart und zündet sich genüsslich einen Zigarillo an.
Das scheint im Übrigen sein einziges «Laster» zu sein. Ansonsten treibt er viel Sport und nascht gerne mal Süssigkeiten. Das wäre dann seine andere Schwäche. Wer ihn nach seinen Bubenträumen fragt, hört nicht Antworten wie Pilot, Rennfahrer und Fussballstar. Nein, Triquart wollte am liebsten Besitzer einer Schokoladenfabrik werden. Daraus wurde zwar nichts, doch eine Schachtel Pralinen pro Tag dürfte er sich leisten können.
Am neuen Arbeitsplatz in Schlieren fühlt er sich sichtlich wohl. «Ich schätze die Nähe zum Flughafen und zur Autobahn.» Und mit Blick auf das Firmengebäude wird er sogar richtig schwärmerisch. Er lobt die Funktionalität des wirklich repräsentativen Baus, eines imposanten Gebildes aus Beton und Glas mit einer Aluminiumfassade. «Hier sind die DaimlerChrysler Schweiz und die zugewandten Schwestergesellschaften, die DaimlerChrysler Services Leasing AG und die GWP Insurance Brokers, unter einem Dach», freut er sich. Das verkürze die Kommunikationswege und erhöhe die Synergien. Und diese, das ist sicher, wird Triquart zu nutzen wissen.
Steckbrief
Name: Bernhard Triquart
Funktion: CEO und VR-Delegierter DaimlerChrysler Schweiz AG
Alter: 54
Wohnort: Region Zürich
Familie: Verheiratet, zwei Kinder
Ausbildung: Industriekaufmann
Karriere
1975 - 1979 Bezirksleiter bei Chevron Erdoel Deutschland
1980 - 1986 Leiter Verkaufsdienst Mercedes-Benz AG
1986 - 2003 Leiter des Verkaufsmarketings und des Marktleistungscenters bei Mercedes-Benz Firma
DaimlerChrysler Schweiz: Das Unternehmen ist eine Tochter der DaimlerChrysler AG in Stuttgart. In der Schweiz beschäftigt die Firma mit Hauptsitz in Schlieren ZH derzeit 400 Mitarbeitende. Ihr Hauptgeschäft ist der Vertrieb von Personenwagen, Transportern und Lastwagen der Marken Mercedes-Benz, Maybach, Chrysler, Jeep und Smart in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Dazu kommen Servicedienstleistungen und der Verkauf von Zubehör. Die Aktivitäten von DaimlerChrysler Schweiz werden über ein Vertriebsnetz mit 200 Stützpunkten koordiniert.