Die Schweizer Fluggesellschaft Swiss erhält zahlreiche Bewerbungen von ausländischen Piloten, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet. Heute beträgt die Schweiz-Quote im Cockpit 75 Prozent. Doch die Swissness gerät in Bedrängnis. Die hiesige Pilotencrew erhält ausländische Konkurrenz.
«Das Verhältnis hat sich verschoben», sagt Swiss-Personalchef Christoph Ulrich. «Nur jede dritte Bewerbung stammt heute noch aus der Schweiz.» Vor zehn Jahren hätten sie noch an die drei Viertel ausgemacht. Ulrich beobachtet zudem einen Unterschied bei den Kandidaten: «Wir sehen, dass die ausländischen Bewerber, rund 80 Prozent davon Deutsche, oft sehr gut vorbereitet und extrem motiviert zum Interview erscheinen, um einen Job im Cockpit zu erhalten. In dieser Hinsicht übertrumpfen sie manchen Schweizer Bewerber.»
Zahl der Bewerbungen aus dem Ausland steigt
Pro Jahr erhält die Airline laut der «Schweiz am Wochenende» rund 800 Bewerbungen für das Cockpit, 250 bis 350 davon stammen von Schweizern. Diese Zahl ist über die Jahre hinweg konstant geblieben, doch ist jene aus dem Ausland massiv gestiegen. Grund dafür ist laut Ulrich unter anderem der Einstellungsstopp, den die Lufthansa vor zwei Jahren verhängte und der deutsche Piloten in die Schweiz führte. Die Erfolgsquote sämtlicher Bewerber liegt zwischen 8 und 10 Prozent.
Die Bewerbungsflut kommt der Swiss nicht ungelegen. Im Gegenteil. «Mit den 250 bis 350 Bewerbungen aus der Schweiz könnten wir unseren Stellen-Bedarf nicht decken», sagt Ulrich. Denn die Airline baut zurzeit kräftig aus, sie erneuert ihre Langstreckenflotte mit den grösseren 777-Maschinen des Herstellers Boeing und ihre Kurzstreckenflotte mit den C-Series der Firma Bombardier. Dies erfordert nicht nur lang-, sondern auch kurzfristig mehr personelle Ressourcen, da die Piloten auf die neuen Modelle umgeschult werden müssen.
«Möchten mehr Schweizer Bewerber»
Hinzu kommt die natürlich Fluktuation bei einem Corps von 1400 Piloten. Aber: «Wir möchten natürlich mehr Schweizer Bewerber», sagt Ulrich in der «Schweiz am Sonntag». Der Swiss-Pilotenverband Aeropers sieht vor allem bei den Anstellungsbedingungen Handlungsbedarf. «Die hohen Ausbildungskosten sind für viele Interessenten abschreckend, auch weil der Anfangslohn relativ tief ist», sagt Aeropers-Sprecher Thomas Steffen.
Die Ausbildung kostet total 130'000 Franken, wobei allerdings 90'000 Franken unter gewissen Voraussetzungen durch Subventionen vom Bund und Kanton Zürich gefördert werden. Die Swiss hatte in den letzten Jahren erfolgreich dafür lobbyiert, dass die Pilotenausbildung staatlich finanziell unterstützt wird.
60 bis 80 Pilotenschüler in Zürich
Die Swiss plant ausserdem einen grossen Neubau ihres Pilotenausbildungscenters, wie die «Schweiz am Wochenende» berichtet. Im Januar wurde die Swiss Aviation Training AG (SAT) in die Lufthansa Aviation Training Switzerland AG umfirmiert. Unter der Marke European Flight Academy bildet die Firma angehende Piloten aus in der Schweiz, in Deutschland und in den USA.
In Zürich sind es pro Jahr 60 bis 80 Pilotenschüler der Swiss und Edelweiss. Beschäftigt werden 360 Mitarbeitende. Laut der «Schweiz am Wochenende» bleibt der Schweizer Standort ein Pfeiler in der Strategie. Man werde rund 50 Millionen Franken in ein neues Trainingscenter in unmittelbarer Nähe des Flughafens Zürich investieren, bestätigt eine Sprecherin die Pläne.
Der Umzug vom bisherigen Center in Kloten in die neuen Räumlichkeiten ist für 2020 geplant. Im April wurde das entsprechende Baugesuch für den Neubau in Opfikon ZH an der Cherstrasse 1 eingereicht. Weitere Details des Bauvorhabens und des Projekts sowie Visualisierungen sollen nach Erteilung der Baubewilligung im Herbst 2017 präsentiert werden.