Der Frühling kommt, und wenn er die grosse Liebe entfacht, passiert das nicht selten am Arbeitsplatz. Am Ort, an dem ein Viertel aller ernsthaften Liebesbeziehungen beginnt. Doch der Liebe werden in Zeiten der Verhaltenskodexe und grassierender Klagewut immer mehr Grenzen gesetzt.

So in den USA, wo der Boeing-Chef entlassen wurde, weil er mit einer Mitarbeitenden turtelte. Auch Schweizer Konzerne sind auf der Hut. «Nestlé USA hat eine Unternehmenspolitik, die stark abrät von romantischen Beziehungen zwischen einem Angestellten und dessen direkten oder indirekten Vorgesetzten», sagt Nestlé-Sprecher Hans-Jörg Renk. Ansonsten gelte: Nestlé respektiere die Privatsphäre der Angestellten.

*Faktisches Liebesverbot*

Bei Credit Suisse Group (CSG) in der Schweiz sind intime oder sexuelle Beziehungen zwischen Mitarbeitenden nicht geregelt oder verboten, wie CSG-Sprecherin Sabine Pfister-Bachmann sagt. Doch wenn Amors Pfeile Angestellte in den USA treffen, droht ein faktisches Liebesverbot: «Bei der Credit Suisse First Boston in den USA besteht eine Weisung, die intime oder sexuelle Beziehungen zwischen Vorgesetzten und direkt oder indirekt unterstellten Mitarbeitenden verbietet», so Pfister-Bachmann. Damit sollten unfaire Entscheidungen bei der Zuweisung von Arbeit sowie betreffend Beförderungen und Bezahlung vermieden werden. Die CSG ahndet Fehlverhalten allenfalls mit einer Versetzung.

Im Gegensatz zu den USA können bei Firmen in der Schweiz Beziehungen nicht als Kündigungsgrund gelten (siehe auch Kasten). Bei Beziehungen im Subordinationsverhältnis verzichtet die UBS dennoch nicht auf Eingriffe. «Grundsatz bei UBS ist, dass ein Partner nicht der direkte Vorgesetzte des anderen Partners sein darf. In diesen Fällen wird eine Versetzung eines der beiden Mitarbeitenden angestrebt», erklärt UBS-Sprecher Serge Steiner. Er betont, das Privatleben der Mitarbeitenden sei Privatsache und gehe das Unternehmen nur so weit etwas an, wie es Einfluss auf das Arbeitsleben hat.

Die Konzerne haben keine Illusionen darüber, was sich am Arbeitsplatz abspielt - zumal es nachgewiesen ist, dass gut funktionierende Paare produktiv sind. Steiner führt aus: Selbstverständlich lernten sich Angestellte am Arbeitsplatz kennen, schliesslich verbrächten sie einen bedeutenden Teil ihrer Zeit dort. «Insofern kommt es häufig vor, dass sich Ehe- oder Lebenspartner im Berufsleben kennen lernen», sagt er weiter.

Ähnlich sieht das Olivier Michel, Sprecher von Zürich Schweiz: «Wir betrachten es als normal, dass sich Menschen am Arbeitsplatz näher kommen und eine Beziehung entstehen kann.» Allerdings verfügt auch Zürich über einen Verhaltenskodex. Eine dem Vertrauen sowie Mitarbeiter- und Kundenbedürfnissen widersprechende Beziehung könne aufgrund dieser Grundsätze nicht akzeptiert werden, so Michel.

Migros-Sprecherin Monika Weibel weiss: «Bei der Migros haben sich in der Vergangenheit schon Paare fürs Leben gefunden. Wir wollen der Liebe keinen Riegel schieben.» Trotzdem sei eine Paarbeziehung am gleichen Arbeitsplatz heikel, sodass es für das Paar besser sei, selbst eine Lösung in Erwägung zu ziehen, um keinen Gerüchten und Heimlichkeiten Platz einzuräumen.

Offen zeigt sich auch Novartis. Doch sie überlässt die Interpretation von angemessenem Verhalten nicht dem Einzelnen. Laut Novartis-Sprecherin Doris Wissler-Horn regelt der Novartis-Kodex unter anderem die Beziehungen von Angestellten untereinander: «Novartis erwartet, dass Betroffene die Tatsache offen legen und mit ihren Vorgesetzten die Verhaltensregeln bei potenziellen Konfliktsituationen vereinbaren, insbesondere bei Beziehungen zu Direktunterstellten.»

Ebenfalls nicht geheim halten sollten Pärchen auf verschiedener Hierarchiestufe ihr Glück bei der Swiss Re. «Mitarbeitende, die einander unterstellt sind und eine Beziehung miteinander eingehen, wenden sich an ihren Vorgesetzten», erklärt Brigitte Meier, Sprecherin der Swiss Re. Im Falle eines Interessenkonflikts oder Abhängigkeitsverhältnisses werde eine Lösung gesucht.

*Liebe lässt sich nicht steuern*

Auf die Frage nach Regeln und Verboten bei Beziehungen sagt Coop-Sprecher Karl Weisskopf im Schalk: «Sie können doch nicht das Heiraten verbieten!» Für Coop ist klar: «Beziehungen zu Lehrlingen sind gesetzlich verboten, ansonsten kümmern wir uns nicht darum, wer was mit wem hat.» Natürlich gingen Bevorzugungen bei Beförderungen und Lohnerhöhungen durch Vorgesetzte, die mit Angestellten liiert sind, nicht an. Ein Missbrauch würde dadurch erschwert, dass es für solche Änderungen die Unterschrift von zwei Vorgesetzten brauche.

In der Post ist zwar der Männeranteil ein wenig zu hoch, als dass sie eine richtige Begegnungsstätte sein könnte. «Doch wenn die Liebe zuschlägt, kann man das nicht steuern», sagt Post-Sprecher Oliver Flüeler. Auch bei Beziehungen gelten die im GAV geregelten Pflichten wie die Treuepflicht und die Verschwiegenheitspflicht sowie das Gleichstellungsgesetz. Wenn Beziehungen zu Konflikten führten, sei es die Aufgabe Vorgesetzter, einzugreifen. Flüeler: «Dabei ist der gesunde Menschenverstand gefragt.»

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