Dynamic Pricing oder dynamisches Preismanagement erobert immer neue Bereiche. Was bei Flugtickets, Zugbillette und internationalen Hotelketten längst Standard ist, hält in Nordamerika immer mehr auch in Skigebieten Einzug. Die Preise für Skipässe und Tageskarten werden täglich neu berechnet – unter Einbezug von Faktoren wie Konkurrenzpreisen, Angebot und Nachfrage, Wetteraussichten und vielem mehr.
Angestossen wurde der Wandel in erster Linie durch die Onlineplattform Liftopia, die in den USA rund fünf Prozent aller Tageskarten verkauft. 30 Jahre lang seien Skigebiete vor allem durch Verbesserungen bei der Infrastruktur gewachsen, sagt Firmen-Mitgründer Evan Reece gegenüber der Wirtschaftsagentur «Bloomberg». Dazu zählten etwa die künstliche Beschneiung und moderne Bahnen. «Doch die Zukunft liegt in einer besseren Auslastung.»
Preiserhöhungen verstecken
Die Macher von Liftopia sind überzeugt, dass der Schlüssel zu mehr Effizienz in der flexiblen Preisgestaltung liegt. Profitieren sollen davon nicht nur die Liftbetreiber, sondern die Ferienorte als Ganzes. Weil Schneetouristen ähnlich wie beim Fliegen fürs Frühbuchen belohnt werden, erhalten beispielsweise auch Hotels mehr Sicherheit vor wetterbedingten Absagen.
Auf der anderen Seite lassen sich natürlich Preiserhöhungen vorzüglich hinter flexiblen Preisen verstecken. Laut «Bloomberg» stieg der Durchschnittspreis für Wochenendpässe in den USA im Vergleich zur Vorsaison durchschnittlich um sechs Prozent. Weil aber die Preise immer stärker variieren, bleibt für den einzelnen Fahrer immer noch die Möglichkeit, viel billiger auf die Piste zu kommen als im Vorjahr.
Rabattangebote statt flexible Tagespreise
Die Vorteile haben bereits mehrere amerikanische Resorts überzeugt. Sie haben bei den Skipässen ebenfalls auf dynamisches Preismanagement umgestellt. Anders ist die Situation dagegen in der Schweiz. Hier setzen viele Skigebiete weiterhin auf starre Preismodelle, in denen auch im Onlineverkauf die ganze Saison über die gleichen Preise gelten. Kunden werden allenfalls mit einzelnen Rabattangeboten angelockt.
Die Thematik werde immer wieder diskutiert und geprüft, erklärt Patrizia Bickel von den Jungfraubahnen. Aktuell habe man sich bei der Skiregion im Berner Oberland aber gegen flexible Tagespreise entschieden. «Stattdessen setzen wir auf spezielle Vor- und Nachsaisonangebote wie beispielsweise das Zwei für Eins oder die Earlybird Sportpässe»
Pionierleistung in Laax
Doch es gibt auch in der Schweiz Jünger des neuen Trends. Bereits auf die Saison 2012/13 hat Laax ein Internet-Buchungssystem mit variablen Preisen eingeführt. Wer sich früh entscheidet, kann viel sparen. Eine Tageskarte für kommenden Sonntag kostet beispielsweise 73 Franken. Wer aber schon weiss, dass er am Dienstag, 17. März, auf die Piste will, kann noch ein Ticket für 49 Franken ergattern.
In Laax sind für jede Preiskategorie eine beschränkte Anzahl Billette erhältlich – wenn sie ausverkauft ist, kommt die nächst höhere dran. Man sei zufrieden, das neue System habe sich sehr gut bewährt, sagt eine Sprecherin des Skigebiets Flims-Laax-Falera auf Anfrage von handelszeitung.ch.
Online wird wichtiger
Die Bergbahnen Davos setzen die zweite Saison auf variable Preise im Online-Ticketing. Hier funktioniert die Preisgestaltung über Rabatte, die je nach Saisonalität oder Buchungsstand bis zu 30 Prozent betragen können. Nicht nur die Rabatte, sondern der zunehmende Trend zu Onlinebuchung insgesamt, sei eine gute Sache, findet Sprecher Frédéric Petignat.
«Selbstverständlich ist unsere Berechnung noch nicht so komplex wie ein Flugzeugbuchungssystem», so Petignat. «Doch im Moment stimmt es für uns.» Ob man beim dynamischen Preismanagement künftig einen Schritt weiter gehen wolle, sei indes noch offen.
Unfaire Preisgestaltung?
Tatsächlich gibt es eine Kehrseite der Medaille. Auch wenn den Preisen mathematische Algorithmen zugrunde liegen, ist die Preisgestaltung der Airlines umstritten. Viele Leute finden es unfair, wenn der Sitznachbar im Flugzeug die Hälfte für das genau gleiche Angebot bezahlt hat.
Das aus ökonomischer Sicht effizienteste System muss deshalb nicht unbedingt das realitätstauglichste sein. Trotzdem dürfte der Trend zu dynamischem Preismanagement angesichts der Vorteile für die Skigebiete auch hierzulande kaum aufzuhalten sein. Denn mit dem starken Franken spitzt sich der Konkurrenzkampf der Winterdestinationen weiter zu.