Die indische Informationstechnologie (IT), global mit an der Spitze, sorgt im Land selbst jährlich für Hunderttausende von neuen Arbeitplätzen. Nun soll auch der indischen Biotechnologie (BT) den Durchbruch schaffen. Die bisherigen Erfolge und die zunehmende Nachfrage verleihen ihr eine eine grosse Zuversicht.

Bereits heute ist Indien eine der 12 führenden Nationen der BT-Industrie und dieser Sektor wächst jährlich um 25%. Gemäss Global Biotechnologie-Bericht von Ernst & Young gab es vor vier Jahren lediglich ein Dutzend BT-Firmen in Indien, heute sind es bereits 160. Obwohl dieser Sektor mit wenigen Ausnahmen aus kleinen Unternehmen besteht, besitzt Indien damit bereits mehr BT-Unternehmen als Japan, Südkorea oder Taiwan. 2003 wies dieser Industriezweig einen Umsatz von 700 Mio Dollar auf, der bis 2010 auf 5 Mrd Dollar zunehmen soll. Dazu, so der Bericht, würden in den nächsten sechs Jahren mehr als 1 Mio neue Arbeitsstellen geschaffen.

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Die BT-Produkte weisen zwar auf dem einheimischen Markt eine grosse Nachfrage auf. Indien will künftig aber auch als globaler Partner von ausländischen Firmen auftreten. Denn die Innovationskosten eines Produktes betragen in Indien etwa einen Fünftel des Aufwandes in Industrieländern, wie Referenten bei einer in Zürich stattfindenden Investoren-Konferenz des Sofi (Swiss Organisation for Facilitating Investments) erklärten. Deshalb erhielt Indien bereits Aufträge aus den USA zur Erforschung von Stammzellen, was auch für die hohe Qualität der indischen BT-Branche spricht.

Drei Milliarden DollarFörderung in zehn Jahren

Um Erfolge mit Biotechnologie zu erzielen, bietet Indien gut ausgebildete und reichlich vorhandene Fachkräfte an. Heute beschäftigt BT-Sektor 10000 Wissenschaftler in Forschung und Entwicklung. Weitere 15000 sind im technischen und im Service-Sektor sowie im Management tätig. Um die Forschung bei verschiedenen Lehranstalten zu koordinieren, gründete die Regierung 1986 eine eigene Abteilung für Biotechnologie im Wissenschaftsministerium. Bis heute gab die Regierung 1,5 Mrd Dollar für die Förderung dieser Branche aus. Im laufenden Fünfjahresplan (200207) ist die gleiche Summe vorgesehen. Zurzeit beteiligen sich acht Universitäten, 13 Forschungsinstitute und 16 private Firmen am Forschungsprogramm.

Der Staat wie die Privatindustrie halten die Biotechnologie für eine der grössten Herausforderungen mit hohen geschäftlichen Chancen zumindest in den nächsten Jahrzehnten. Gleichzeitig versucht jede der Seiten die andere zu einem grösseren Engagement zu bewegen. Der Staat moniert, die Wirtschaft beteilige sich nicht ausreichend mit Kapital, bewerte die langfristigen Chancen nicht hoch genug undhandle zu kurzfristig. Die Industrie ihrerseits ist mit den Regulierungen unzufrieden, welche die Regierung für die Biotechnologie geschaffen hat. Sie will mehr Anreize wie Steuererleichterung, kurze Testphase von Erzeugnissen und die Genehmigung für biotechnische Prozesse und Produkte.

Die grösste indische BT-Firma ist Bicon India im südindischen Bangalore. Mit einem Umsatz von 117 Mio Dollar erwirtschaftete sie 2003 einen Gewinn von 38 Mio Dollar. Mehr als die Hälfte der 1200 Mitarbeiter sind hoch qualifizierte Forscher. Seit seiner Gründung im Jahre 1978 hält das Unternehmen 130 Patente. Bicon ist hauptsächlich in der Herstellung von Enzymen tätig, die ihre Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie finden. Es hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert zu einem biopharmazeutischen Konzern entwickelt, der für sich in Anspruch nehmen kann, das erste menschliche Insulin entwickelt zu haben. Das Medikament soll für die weltweit 120 Mio Diabetiker demnächst auf den Markt kommen. Bicon hat im April 2004 den Sprung an Börse geschafft. Die Nachfrage war enorm, der Ausgabepreises verdoppelte sich sogleich. Mit einem Schlag wurde die grösste Aktionärin (40%), Kiran Mazumdar Shaw, zur reichsten Frau Indiens.

Andere bekannte BT-Firmen sind Panacea und Wipro Health Science. Nebst diesen drei grossen Unternehmen gewinnen die Namen wie Wockhardt, Haffkine, EliLilly, Nicholas Piramal oder Krebs immer mehr an Bedeutung.

Schweizer Geld für indische Biotechnologie

Das Ziel der Sofi-Tagung in Zürich war es, die Schweizer Fachwelt über den Stand der indischen BT-Industrie zu informieren, wie Viktor Grabik, Sofi-Zuständiger für Indien, erklärte, denn die indischen BT-Firmenpartner in Europa. Sie wollen die schweizerische Industrie zudem motivieren, die indischenKostenvorteile und Ressourcen auszunutzen, die Forschung nach Indien auszulagern.

Andreas Wicki, Geschäftsführer von HBM BioVenture, bestätigte, dass seine Firma vermehrt in Indien investieren will. Dieser aktive Investor mit einem Nettovermögen von 900 Mio Fr. ist im Bereich Healthcare, Biotech und Medizintechnik engagiert. Zurzeit beteiligt sich HBM Bioventure mit lediglich 2% der angelegten Mittel in Indien. Adrian Dubock von Sygenta gab sich an der Tagung überzeugt, dass Indien im BT Sektor ein enormes Potenzial besitzt.