Der Export ist seit jeher der Wachstumsmotor der Schweizer Wirtschaft. Über ein Drittel des BIP wird im Ausland erwirtschaftet, Tendenz weiter steigend. Die mittelgrossen Schweizer Unternehmen der Hort unternehmerischer Dynamik und Innovation nehmen an diesem Wachstumsschub aber nur unterproportional teil. Ihr im Ausland erzielter Umsatzanteil hinkt immer noch hinter jenem der Grossunternehmen nach. Damit vergeben sie sich attraktive Wachstums- und Gewinnpotenziale.

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Das muss nicht so sein. Wie das geht, machen die «Born Globals» wie zum Beispiel der erst zehn Jahre alte Kunststoffhersteller Quadrant vor. Born Globals überspringen den klassischen Zwischenschritt der Internationalisierung und schreiten direkt zur Globalisierung. Sie wissen, dass in den regulierten Märkten nur jene Unternehmen überleben und erfolgreich sind, die von Anbeginn weltmarktfähig waren.

Nötiger Paradigmenwechsel

Damit wird der Unterschied zwischen den zwei Paradigmen des Auslandsengagements offensichtlich: Die Internationalisierung (in der nach wie vor viele mittelgrosse auslandsorientierte Schweizer Unternehmen stecken) und die Globalisierung.

Das «Internationalisierungs»-Denkmuster stellt die Präsenz in den umsatzträchtigen Märkten ins Zentrum der Überlegungen. In diese Denkweise passt der Aufbau einer hierarchisch gegliederten Länderorganisation, in der alle Märkte nach einem sehr ähnlichen Strickmuster geführt werden. Alternative Vertriebsformen, die Zentralisierung der Produktion oder die Zusammenfassung in Regionen werden von den entstehenden allmächtigen Landesfürsten aktiv torpediert.

Das «Globalisierungs»-Denkmuster hingegen orientiert sich an der globalen Konkurrenzfähigkeit. Alles, was der Weltmarktfähigkeit dienlich ist, wird als denkbar und wünschbar deklariert. Der Entscheid, aus Gründen der globalen Konkurrenzfähigkeit die Produktion im Inland zu belassen, kann durchaus mit einer Globalisierungsstrategie kompatibel sein. Gleiches gilt für den Entscheid, direkt aus der Schweiz zu vertreiben, aber gleichzeitig die Forschungs- und Entwicklungsabteilung nach Asien auszulagern. Das globalisierte Unternehmen ist also zu jeder Zeit bestrebt, alle Kernkompetenzen und Ressourcen konsequent und flexibel dort anzusiedeln, wo sie der globalen Konkurrenzkraft des Unternehmens am besten dienen. Eine sinnvolle Globalisierungsstrategie ist in ihrer Umsetzung sehr pragmatisch und darauf ausgerichtet, die strategischen Optionen flexibel aufrechtzuerhalten. Dazu kann zum Beispiel auch ein erneuter Wechsel des Produktionsstandortes nach nur gerade drei Jahren in Osteuropa gehören.

Kostenreduktion ist ein Aspekt

Globalisierung ist in erster Linie eine strategische Denkhaltung sie erschöpft sich nicht im Aufbau internationaler Präsenz. Erfolgreiche Globalisierungen sind in das Strategiegebäude des Unternehmens eingebettet. Befindet sich das Unternehmen in einer Turnaround-Situation, sind die Schwerpunkte der Globalisierung anders, zum Beispiel auf Kostensenkungen, gelegt als etwa im Rahmen einer Wachstumsphase, in der Markterschliessung im Vordergrund steht. Von entscheidender Bedeutung ist die strategische Logik der Globalisierung. Sie muss kristallklar aufzeigen, mit welchen Hebeln die globale Konkurrenzkraft gestärkt werden soll. Geht es um die Sicherung globalen Know-hows? Ist das Thema der kostengünstigere Produktionsstandort? Oder geht es darum, dem globalisierten Kunden in seine neuen Schlüsselmärkte zu folgen? Eine tabulose Diskussion im Unternehmen ist angesichts der Komplexität des Themas angezeigt.

Die Erfahrung zeigt, dass eine nüchterne, kritische Betrachtung der Globalisierungspotenziale unumgänglich ist, denn im Nachgang stellen sie sich oft fundamental anders dar als im Vorfeld. So sind es oft nicht die im Vorfeld betrachteten relativen Lohnkosten, die zu den gewünschten Globalisierungsvorteilen führen, sondern die relative Produktivität, etwa durch schnell angelernte und produktive lokale Mitarbeiter. Sind die Potenziale und ihre Erfolgsfaktoren einmal klar eruiert, gilt es, die eigenen Kernkompetenzen in den verschiedenen Wertschöpfungsstufen pragmatisch einzuschätzen, wie zum Beispiel die Fähigkeit, in nützlicher Frist die zum lokalen Engagement notwendigen persönlichen Beziehungsnetze aufzubauen.

Erst dann sind in einem «Business Case» die Ziele transparent zu benennen, die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen, realistische Meilensteine (Mehrjahresperspektive) zu setzen, Risiken und externe Einflussfaktoren zu beurteilen und Alternativpläne zu entwickeln. Last but not least muss zu diesem Zeitpunkt auch die geeignete Eintrittsstrategie bestimmt werden. Diese kann eine Kooperation, ein Produktionsnetzwerk oder ein Joint Venture bedeuten.

Globalisierung hat längst nicht nur mit Kostenreduktion zu tun. Obwohl dieser Aspekt der Kostenvorteile am offensichtlichsten ist, stellt er nur einen Grund dar, weshalb Unternehmen globalisieren. Viel wichtiger sind Kundenmotive, das heisst die Nähe zum immer globaleren Kunden. Das Phänomen «Following the Customer» zielt auf die Stabilität der Kundenbeziehung vor Ort, aber auch auf die Sicherstellung von Serviceleistungen. In einer 2005 von der Schweizer Innovationsförderung (Sofi) publizierten Studie haben 57% der befragten Unternehmen Kunden- und Absatzmotive als Treiber für die Globalisierung genannt.

Von globalen Chancen getrieben

Nicht die internationale Präsenz ist der Kern des Globalisierungsthemas, sondern die Sicherung der globalen Konkurrenzfähigkeit durch die Wahrnehmung globaler Chancen. In diesem Sinne ist Globalisierung für jedes Unternehmen, gleich welcher Grösse und gleich welchen Alters, ein überlebensrelevantes Thema.

Besonders intelligent ist, es gleich von Anbeginn global zu denken und zu handeln und den in der Vergangenheit üblichen Schritt der Internationalisierung gar nicht erst zu vollziehen. Beispiele dafür gibt es genug: Rund 33% der aus der Schweiz exportierenden Unternehmen waren zum Zeitpunkt ihrer Auslandsexpansion weniger als fünf Jahre alt. Damit zeigt sich, dass der Schritt ins Ausland auch ohne Verankerung im Heimmarkt erfolgreich sein kann.

Thomas Bergmann, Managing Partner, David C. Lottenbach, Berater, ICME International AG, Zürich.