Waschmaschinen am Paradeplatz. Das ist der neueste Versuch des deutschen Weisswarenherstellers Bosch (BSH Hausgeräte), wieder mehr in die Köpfe der Konsumentinnen und Konsumenten zu gelangen. Am Paradeplatz 4 in Zürich wird im dritten Quartal dieses Jahres ein Showroom eröffnet. Auf 290 Quadratmetern will Bosch ein neues Einkaufserlebnis schaffen, wie die «Handelszeitung» erfuhr. Bislang war dort der Londoner Nobelschneider Hackett eingemietet.
Das wirft Fragen auf. Was hat der Hersteller von Waschmaschinen in der Toplage der Schweizer Hochfinanz zu suchen? Wie passt der Vertrieb von Geschirrspülmaschinen neben die imposanten Zentralen von UBS und CS? Und wie wirkt sich der geplante Shop auf die Attraktivität des Paradeplatzes aus?
Doch die Pläne sind fix: Der Hausgerätehersteller will ab Frühherbst «die Möglichkeit bieten, die ganze Welt der Bosch Hausgeräte zu entdecken, zu erleben und einzukaufen», sagt eine Sprecherin. Angeboten wird fast alles vom Stabmixer über Küchenmaschinen bis hin zu Backöfen und Waschmaschinen. Und Bosch kommt, um zu bleiben: «Eigene Stores sehen wir als langfristige Investition in die Marke Bosch.»
Vermietet wird die Fläche am Paradeplatz von Paradag, welche zur Peter Steiner Holding gehört. Die Mietkonditionen: unbekannt. Treuhänder Christian Ryser, die die Liegenschaft verwaltet, sagt: «Bosch ist in unseren Augen ein guter Mieter.» Es sollten eben nicht nur Mode und Kleider an der Bahnhofstrasse angeboten werden.
Die Robert Bosch Hausgeräte GmbH ist ein deutsches Unternehmen, das Geräte für Küche und Haushalt produziert. Seit 1967 gehört die Robert Bosch Hausgeräte zur BSH Hausgeräte, einem ehemaligen Joint Venture zwischen der Robert Bosch GmbH und der Siemens AG, welches im Januar 2015 zu 100 Prozent in den Besitz von Bosch überging.
BSH Hausgeräte ist nach eigener Aussage Marktführer bei Haushaltsgeräten in Europa. Zusätzlich vertreibt sie in der Schweiz auch Produkte der Marken Siemens und Gaggenau. Neben dem Hauptsitz in Geroldswil ist BSH Hausgeräte mit weiteren Standorten in Bern und Crissier vertreten und beschäftigt landesweit rund 300 Mitarbeitende.
Der Trend: Direkt an den Kunden
Der Trend, dem Bosch hier folgt, heisst D2C oder Direct-to-Consumer. Dabei verkauft ein Hersteller selbst und unter eigener Flagge seine Produkte. Apple ist wohl das prominenteste Beispiel dafür. Aus dem Segment Haushaltswaren kennt man das bislang nur vom Konkurrenten Miele, der einen Flagship-Store Ende vergangenen Jahres an der Düsseldorfer Königsallee eröffnet hat.
Dass Hersteller eigene stationäre Ladengeschäfte eröffnen, sei nicht ganz neu, sagt ein Experte des weltgrössten Gewerbeimmobilien-Dienstleisters CBRE. «Dennoch beobachten wir gerade in den letzten Jahren, dass Direct-to-Consumer bei immer mehr Branchen als Vertriebskanal entdeckt wird.»
Den Zwischenhändler eliminieren
Ein vergleichbares Beispiel in der Schweiz, an nicht minder prominenter Adresse und quasi ums Eck der künftigen Bosch-Filiale am Paradeplatz, ist der Automobilhersteller Hyundai, der in einem stylishen Showroom seine Premium-Marke Genesis in der Bahnhofstrasse feilbietet. Auch der Staubsaugerhersteller Dyson hat so ein Konzept. Bei allem Design und Marketing geht es bei Dyson zwar um Staubsauger und Haarföns. Aber eben an top Einkaufslagen inszeniert.
Der Vorteil dieses Konzepts ist die Eliminierung des Zwischenhändlers. Und dass der Hersteller einen direkten Kontakt zum Kunden hat, seine Daten erhält und mit eigenem Verkaufspersonal eine spezialisierte und auf die Produkte besonders geschulte Beratung anbieten kann.
Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein direkter Kundenzugang für Firmen sein kann. Wer online nicht stattfindet und seine Zielgruppe nicht erreicht, hat es langfristig schwer, den eigenen Umsatz zu erhöhen. Ein D2C-Zugang ist also gerade in schwierigen Phasen ein wichtiger Schlüssel zu Wachstum, Vertrauen und Unabhängigkeit.
Direkt am Paradeplatz – der passende Standort?
«Da immer mehr online verkauft wird, sind die Produkte in der unendlichen Vielfalt der E-Commerce-Angebote kaum noch differenzierbar. Daher gewinnt eine Marke an Bekanntheit, wenn sie an guten Lagen eigene Ladengeschäfte eröffnet und dort dann ihre Marke bekannt macht und inszeniert», sagt ein Marktkenner. Für Bosch und dessen Weisswarensortiment findet er den Standort aber «eher unpassend».
Denn: Menschen verbinden mit einer Lage eine bestimmte Erwartungshaltung an die Geschäfte. Und: «Die Lage passt meines Erachtens einfach nicht.» Um eine Waschmaschine zu kaufen, gehe man nicht an den Paradeplatz. Dies hätte besser ins Umfeld des Hauptbahnhofs gepasst, wo die Menschen, die in der Innenstadt arbeiten, nach der Arbeit auf dem Heimweg noch die Waschmaschine anschauen können, sagt der Handelsprofi.
Oder wenn man am Wochenende in einem der Innenstadtparkhäuser parkiert und einen Shoppingbummel macht. «Aber auch dann geht man nicht auf den Paradeplatz», der dann wiederum schwach besucht sei. Dort seien eher Touristen auf der oberen Bahnhofstrasse oder im Sprüngli, «die aber sicher keine Waschmaschine kaufen».
Das sieht Bosch freilich anders. «Die Entscheidung haben wir bewusst getroffen, um die Wahrnehmung von Bosch als hochwertige Marke mit innovativen Produkten in der Schweiz mit diesem zentralen und hoch frequentierten Standort zu unterstreichen», sagt eine Sprecherin. «Es ist für uns eine Investition in die Markensichtbarkeit und das Markenimage.»
Wer von wem profitiert
Profitiert nun Bosch eher vom Premium-Umfeld am Paradeplatz mit Sprüngli, der Kunst-Galerie Gmurzynska und Davidoff? Oder stiehlt Bosch diesen Geschäften die Sonne und zieht die Exklusivität der Lage herunter? Mieter wie Uhrenfirmen und Juweliere wären laut Handelsexperten erwartbarer gewesen.
Bosch ist zuversichtlich: «Die Marke steht für hochwertige Produkte mit einer breiten Marktgängigkeit. Dieser zentrale Standort soll wesentlich dazu beitragen, die Marke bei allen Schweizerinnen und Schweizern bekannter zu machen.»