Sehr viele Briefe werden heute nicht mehr gelesen. Das hat nicht nur mit der allgemeinen Kommunikationsflut zu tun, sondern damit, das E-Mails und Briefe in der heutigen Zeit schlecht formuliert, unklar und unfreundlich sind. So werden wichtige Chancen in der täglichen Unternehmenskommunikation vergeben.

Kein Mensch will Floskeln

Seit 13 Jahren berät die dreifache Buchautorin Angelika Ramer Unternehmen in Sachen Briefkultur. In den letzten Jahren hat sie die Erfahrung gemacht, dass aufgrund unklarer Sprache viele Missverständnisse entstehen: «Man schreibt heute oft nicht genau, was man will. Zudem sind viele einer traditionellen Schreibweise mit Floskeln verhaftet.» Das ist bequemer oder klingt «offizieller». «‹Bezug nehmend› oder ‹wir teilen Ihnen mit› sind Verlegenheitswörter. Viele denken, ihre Kunden wollten das. Aber kein Mensch will Floskeln», so Ramer.

Es gibt griffige Alternativen: Statt für die «Bemühungen», für die so oft gedankt wird, könnte man Einsatz, Hilfe oder Unterstützung lobend erwähnen. Anstelle des oft verwendeten «anlässlich Ihres Besuchs» klingt ein «bei Ihrem Besuch» eleganter. Aus «danke für das entgegengebrachte Vertrauen» wird ein schlankeres «Für Ihr Vertrauen danke ich Ihnen».

Ob Brief oder E-Mail, es lohnt sich, in den Schreibstil zu investieren. Angelika Ramer nennt die Grundregeln: Freundlich, achtsam, nützlich und klar: «Es ist ganz wichtig, in welchem Tonfall und in welcher Beziehung ich auf jemanden zugehe.» Dabei gibt es keineswegs eine Sprache, die für alle gültig und richtig ist: «Eine Grossbank hat nicht denselben Auftrag wie Pro Senectute. Die Sprache sollte dem Auftrag des Unternehmens gerecht sein.»

Das gilt auch für Anglizismen. Im internationalen Konzern sind sie angebrachter als in einer kleinen Gemeindeverwaltung. Angelika Ramer weiss, dass mancher Kursteilnehmer Wörter wie «updaten» nicht mehr adäquat ins Deutsche übersetzen kann. Vor allem in Zürcher Unternehmen seien englische Ausdrücke sehr stark verbreitet: «Man könnte wieder mal deutsch reden. Ein Input darf ein Beitrag sein. Ein Meeting eine Besprechung.»

Der Gruss «Hochachtungsvoll» wird heute hin und wieder von älteren Absendern noch verwendet. Angelika Ramer weiss, dass er im Kanton Wallis bis heute gebraucht wird: «Das Wort ist ein bisschen verstaubt und veraltet. Aber das macht nichts. Viel schlimmer sind Wendungen, die den Lesenden abwerten.» Die unbeschwerte Anrede «Grüezi Herr XY» kann bei der Absage auf eine Stellenbewerbung höhnisch klingen. Abwertend wirkt auch der Hinweis, die Unterlagen würden zur Entlastung des Betriebs zurückgesendet.

Angelika Ramer: «Meistens kommt dieser Satz am Schluss, weil man nicht weiss, wie man den Brief beenden sollte.» Der Schluss eines Briefes verführt zur Unfreundlichkeit, wie Ramer in ihrem neuen Buch «Die Briefsprache» (siehe Fussnote im Kasten) schreibt: «Irgendwo im letzten Drittel fühlen sich die Autoren im Textbausystem nach einer Schluss-Aus-Vorbei-Variante mit der Stimmung: Huch, endlich geschafft, und jetzt lass mich in Ruhe!»

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Griffiger kommunizieren

Richtig oder falsch gibt es bei der Anrede hingegen nicht. Nichts falsch macht man bestimmt mit dem bewährten «Sehr geehrte …». Wenn man einen Empfänger besser kennt, darf es durchaus ein «Liebe Frau XY» sein. Ramer rät, sich zu überlegen, mit welchen Wendungen man am besten ans Ziel kommt: «Floskeln sind oft ungenau. Klarheit gibt Verbindlichkeit.»

Angelika Ramer ist sich bewusst, dass es in vielen Unternehmungen ohne Standardsätze nicht geht. Ihr ist es aber wichtig, dass die Leute wach bleiben und direkter und griffiger kommunizieren. Briefe sollten Produkte gut überlegter Kommunikation sein. So bleibt vielleicht hin und wieder etwas von der ursprünglichen Bedeutung eines Briefwechsels hängen: Korrespondenz hiess früher nichts anderes als freundschaftlicher Verkehr.

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Schreibstil:

Vier der grössten Stilsünden

«Wir bitten um Kenntnisnahme.»

Grund: Der Satz ist zu streng und am Schluss eines Briefes am falschen Ort.

Besser: Zum Beispiel bei einer Zahlungsaufforderung: «Danke, dass Sie den Betrag in den nächsten Tagen überweisen.»

«Für weitere Fragen stehen wir jederzeit zur Verfügung.»

Grund: Das Wort «weitere» ist überflüssig, weil noch gar keine Frage gestellt wurde.

Besser: «Bei Fragen erreichen Sie mich unter der Nummer …»

«Gerne erwarte ich Ihre Stellungnahme bis …»

Grund: Klingt überstrapaziert und streng.

Besser: «Ihre Rückmeldung erwarte ich bis …»

«Bezug nehmend auf Ihren Brief teilen wir Ihnen mit,dass …»

Grund: Unnötige Einstiegsfloskel.

Besser: Vielen Dank für Ihren Brief. (Einstieg ins Thema.)

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Literaturhinweis: Angelika Ramer: «Die Briefsprache. Souverän schreiben ohne Floskeln». Verlag SKV 2007, 150 Seiten, gebunden, 36 Fr., ISBN 3286514314.

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