Sollte nach 45 Jahren das Ende des Jumbo-Jet Boeing 747 tatsächlich gekommen sein - dann hat sich das jedenfalls noch nicht bis zu British Airways herumgesprochen.
Die Fluggesellschaft ist mittlerweile grösster Betreiber dieser Ikone des Jet-Zeitalters mit dem charakteristischen Höcker. Sie rüstet 18 Exemplare ihrer 747-400-Flotte derzeit mit neuen Sitzen, modernem Design der Innenausstattung und einem aktuellen Entertainmentsystem aus. Der gesamten Konkurrenz konnte es in den letzten Jahren hingegen gar nicht schnell genug gehen, die viermotorigen und als Spritfresser geltenden Jumbos auszumustern.
Zukunft des Flugzeugs fraglich
Dieser Nimbus hat die Zukunft des Flugzeugs, das sein Debut auf dem Markt bereits 1970 feierte, mittlerweile fraglich gemacht. Singapore Airlines Ltd. und Japan Airlines Co. buhlten über viele Jahren mit der BA um die Krone als Betreiberin der grössten Jumbo-Flotte, und haben vor mehr als drei Jahren die letzten Exemplare der mit Abstand meistgebauten Version 747-400 abgegeben. Hersteller Boeing hatte zuletzt nochmals einen Anlauf mit der aktuellsten 747-8 versucht. Dieser grösste Boeing-Jumbo aller Zeiten stösst bei den meisten Kunden wegen des grossen Angebots moderner zweimotoriger Alternativen allerdings auf wenig Resonanz.
Aber British Airways hat durchaus gute Gründe für eine anhaltende Liebsbeziehung zu den alten Vögeln. Mit der grossen 747 können die chronisch knappen Slots am Heimatflughafen London-Heathrow nochmals mehr Sitzkapazität liefern. Das wird erleichtert durch niedrige Ölpreise, was den wirtschaftlichen Betrieb auch älterer Flugzeuge ermöglicht.
Neu ausgestatteten Jumbos
Das erste Exemplar der am Standort Cardiff in Wales neu ausgestatteten Jumbos wird im kommenden Monat in Dienst gestellt. Die Business-Class wurde um 16 Sitze erweitert. Das legt den Einsatz auf der lukrativen Transatlantikstrecke an die Ostküste der USA nahe, aber auch zu anderen boomenden Zielflughäfen wie Lagos, Dubai, Riad und Kuwait, die mittlerweile teils zweimal täglich von London aus bedient werden.
Es handele sich um ein reines Rechenexempel, sagte John Strickland von JLS Consulting: «Diese Flugzeuge erweisen sich als sehr lebendig und können kommerziell sehr effektiv eingesetzt werden. Wegen Kapazitätsengpässen in Heathrow und der hohen Nachfrage auf bestimmten Strecken bleibt der Jumbo ein sehr gut passendes Flugzeug».
Jumboflotte der Briten vergleichsweise jung
Überdies ist die Jumboflotte der Briten vergleichsweise jung. Ihre 15 ältesten Exemplare hat BA stillgelegt oder ausgemustert, und etwa die Hälfte der verbliebenen 42 Exemplare stammen erst aus den späten 1990er Jahren. Diese Flugzeuge stünden noch vor zehn oder mehr Jahren Lebenszeit, sagt Bloomberg Intelligence-Analyst George Ferguson.
Und sie sind nahezu abgeschrieben, nach einer vergleichsweise günstigen Überarbeitung attraktiver und dank der niedrigeren Kerosinpreise überdies wirtschaftlich zu betreiben, sgat Luftfahrt-Analyst Robert Mann aus Port Washington in New York.
266 Passagiervarianten in der Luft
Sollte sich an den Rahmenbedingungen etwas ändern, können sie in kürzester Zeit aus dem Dienst genommen werden, ohne grössere Kapitalkosten zu verursachen, sagt sein Kollege Strickland. Auch das mache ihren Betrieb attrraktiver für die BA zur Alternative von Neukäufen zu über 250 Millionen Dollar für die neuesten Modelle von Boeing und Airbus.
Von den insgesamt 694 Stück zwischen 1988 und 2009 gebauten Boeing 747-400 befinden sich derzeit nur noch 266 Passagiervarianten in der Luft. Im Jahr 2011 waren es noch 362, wie aus Flottendaten von Ascend Worldwide hervor geht. Die meisten dieser Flugzeuge werden nach ungefähr 25 Jahren ausgemustert.
Langsame Abstieg seit 1995
Nur sechs Jahre nach Markteinführung der 747-400 debutierte die Boeing 777 im Jahr 1995, und damit setzte der langsame Abstieg des Jumbo ein. Die auf Langstrecken ausgelegte «Triple Seven» kann nahezu ebensoviele Passagiere aufnehmen, schafft das aber mit zwei statt vier Triebwerken. Die jüngsten Modelle wie der 787 Dreamliner und die A350 der Airbus Group SE kombinieren zweistrahlige Effizienz mit modernsten Verbundwerkstoffen und entsprechender Gewichts- und Treibstoffeinsparung.
Boeing bremst derzeit die Produktion der jüngsten Jumbo-Version 747-8 wegen der mangelnden Kundenresonanz. Es gibt noch 17 Bestellungen für die Passagiervariante, von der die Deutsche Lufthansa AG das letzte ihrer 19 bestellten Exemplare kürzlich in Empfang nahm. Die Kölner sind damit die größte Betreiberin der modernsten Jumbo-Version.
«Im Herzen der Kunden festen Platz»
British Airways wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äussern, wie sich die erwartete Lebensdauer der aufgearbeiteten 747 in der eigenen Flotte verlängern wird. Die grössere Version der Boeing 787 sowie die A350 sollen allerdings früheren Angaben der Gesellschaft zufolge bis 2023 einige Jumbojets ersetzen.
Kabinenausttatungs-Managerin Kathryn Doyle macht sich jedenfalls keine Sorgen über die Kundenakzeptanz der neu ausgestatteten BA-Jumbos, obgleich es sich um ein Flugzeug handelt, das in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts konzipiert wurde: «Wir wissen, dass dieses Flugzeug im Herzen vieler unserer Kunden einen festen Platz hat».
(bloomberg/ccr)