Erstmals wird der «Deutsche Buchpreis» vergeben, und der Titel des gekürten Preisträgers (Arno Geiger) heisst ausgerechnet «Es geht uns gut»: Ob da wohl ein grosser Wunsch in den Hinterköpfen der Jurymitglieder herumgeisterte? Die zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse verliehene Auszeichnung soll wohl auch dazu dienen, der stagnierenden Branche neue Impulse zu verleihen und die Umsätze anzukurbeln. Das haben Buchhändler dringend nötig: «Die Umsätze im stationären Buchhandel stagnieren, weil die Buchpreise im deutschsprachigen Raum sinken», sagt Fabio Amato, Geschäftsführer von Orell Füssli.

Gemäss Schätzungen von Prognos beträgt das Volumen des Deutschschweizer Buchmarktes 630 Mio Fr. Rund 72% aller Buchumsätze werden vom stationären Sortimentbuchhandel erzielt, was einem Marktvolumen von 453,6 Mio Fr. entspricht.

Der Konkurrenzkampf ist enorm. Rund 550 Buchverkaufsstellen existieren laut Giancarlo A. Menk, stellvertretender Geschäftsführer des Schweizerischen Buchhändler und Verleger-Verbandes SBVV - und die Hälfte davon sind Kleinbuchhandlungen. «Die Marktkonzentration wird weitergehen», ist Menk überzeugt. Zwischen 2000 bis 2005 haben allein in der Stadt Zürich 15 Buchhandlungen geschlossen, drei wurden von Grösseren übernommen.

Vor allem die mittelgrossen Buchhandlungen mit drei bis zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von 1 bis 4 Mio Fr. sind unter Druck, wie ein Betriebsvergleich des Schweizerischen Instituts für Klein- und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen 2005 ergab. Sie schneiden bei allen relevanten Renditezahlen wie etwa Eigenkapitalrendite, Gesamtkapitalrendite und Umsatzrendite schlechter ab als die grossen und kleinen Unternehmen.

*Spezialisten sterben*

«Der Buchhandel verhält sich nicht anders als der übrige Detailhandel», meint Walter Keller. Er hat Ende Juni seine Kunstbuchhandlung Scalo mit ihren drei Beschäftigten am Zürcher Limmatquai dicht gemacht, nachdem er hoffnungsvoll im Februar 2004 als Nachfolger der Buchhandlung zum Elsässer dort eingezogen war. Als Grund der Schliessung führt er nicht nur finanzielle, sondern auch konzeptionelle Gründe an. «Wir sind erst am Anfang des Strukturwandels», glaubt er.

Die Untersuchung der Uni St. Gallen ergab, dass Unternehmen mit allgemeinem Sortiment signifikant rentabler sind als Unternehmen mit spezialisiertem Sortiment. «Viele Buchhandlungen sind offenbar gerade darum erfolgreich, weil sie ein beschränktes Vollsortiment anbieten und damit zum Beispiel in ländlicheren Regionen eine interessante Auswahl anbieten für eine Kundschaft, welche ohne genaue Vorstellungen in den Laden zum Schmökern kommt», heisst es im Betriebsvergleich.

Als eine der Hauptherausforderung nennt Menk die klare Positionierung am Markt: Die Chance für kleine Buchhandlungen liegt in der Kundenbeziehung und im Sortiment. «50% der Kunden wissen nicht, was sie kaufen wollen, wenn sie die Buchhandlung betreten.» Ein kleiner und erfolgreicher Laden ist die Buchhandlung Hirslanden. Walter Reimann führt sie zusammen mit seiner Partnerin und einer Lehrfrau. Er besitzt die Buchhandlung im Zürcher Kreis 7 bereits seit 21 Jahren. «Es geht uns sehr gut», erklärt er zufrieden. Der Umsatz betrage rund 800000 bis 900000 Fr. und sei in den letzten Jahren etwa gleich geblieben. Als Erfolgsfaktor zählt er den Standort auf: «Wir geschäften in einem kaufkräftigen Stadtteil und befinden uns zudem an einer Ausfahrtstrassse nach den reichen Gemeinden Zollikon und Zumikon.» Zudem setzt er stark auf Kundenbetreuung: Er kennt viele seiner Kunden persönlich und weiss um deren Vorlieben für bestimmte Bücher.

Reimann ist überzeugt, dass bei einer Aufhebung der Buchpreisbindung vor allem die mittelgrossen Buchhandlungen Probleme haben werden, deren Fixkosten einiges grösser sind als bei seiner Buchhandlung. «Wir können flexibel reagieren, und notfalls verdienen wir halt weniger.» Er hofft aber sehr, dass der feste Buchpreis erhalten bleibt. «Ich spreche mit meinen Kunden lieber über Bücher und deren Inhalt als über Preise.»

*Branchenprimus Orell Füssli*

Erfolgreich in Übernahmen waren in den letzten Jahren die Orell-Füssli-Buchhandlungen, an der die deutsche Bücherkette Hugendubel zu 49% beteiligt ist. So erwarb Orell Füssli in Zürich Krauthammer und Payot, in St. Gallen Rösslitor, in Schaffhausen das Buchhaus Meili, in Luzern Raeber. Der Marktanteil von OF im Buchhandel beträgt 15%. In Zukunft will Klaus Oesch, VR-Delegierter der Orell Füssli Holding, weiter zugreifen, sofern Konditionen wie Standort und Miete vernünftig sind.

Dieses Jahr hat Orell Füssli vor allem in bestehende Buchhandlungen und in den Online-Buchhandel investiert. Die Firma baute etwa das Hauptgeschäft Kramhof in Zürich um, ergänzte ihren Webauftritt mit einem Download-Angebot von Hörbüchern.

Die Zukunft sieht Oesch neben dem traditionellen Buchhandel in alternativen Verkaufsformen und Produkten. Zurzeit testet Orell Füssli das Shop-in-Shop-Konzept mit Kinderbüchern im umgebauten Franz Carl Weber in Zürich (KidsTown). Zudem will das Unternehmen mit anderen Unterhaltungsmedien wie DVD, wo es bereits Nummer zwei in der Schweiz ist, sowie Computer- und Konsolenspielen zulegen. Die Aufnahme ergänzender Produkte zum Kernsortiment Buch werde laufend geprüft, um zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten zu erschliessen. Klar ist: Ein Buch allein verkaufen, wird in Zukunft nicht genügen.

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