«Grüss Gott» - mit dieser unverfänglichen Floskel stellte sich Banker Andreas Glatz von der Wiener Meinl Bank einem Treuhänder in Sankt Margrethen am 10. März per E-Mail vor. Danach kam der Mitarbeiter «Asset Management & Private Banking, Swiss Desk» im Schreiben zügig zur Sache, das dem Nachrichtenportal «Insideparadeplatz» zugespielt wurde: Die Schweizer hätten ja dank verordneter Weissgeldstrategie die Weisung, gewisse Kunden «abzubauen».
Für diese «besonderen Kunden» sei die Bank Meinl genau das richtige Institut. Denn für diese Kunden «offerieren wir spezielle Services der Meinl Bank Antigua», schrieb Glatz keck. Dazu biete man auch «Fiduaciary transaction (Escrow accounts)» an. Kurz: Glatz hat alles, was es braucht, für ein Steuerversteckspiel mit vorgeschobenen Gesellschaften in der Karibik.
Bank distanziert sich
Andreas Glatz verfügt offenbar auch über beste Beziehungen in die Diplomaten-Ecke: So liess er sich beim gediegenen «Ambassadors Lunch» im Wiener Restaurant Patara mit dem «Leiter der Stabsstelle Internationale Beziehungen Niederösterreich» Herbert Halbwidl ablichten.
In einer Stellungnahme schreibt die Wiener Bank, das Schreiben «widerspricht der Policy, Haltung und Philosophie der Meinl Bank fundamental». Man distanziere sich in aller Deutlichkeit davon und man werde «umgehend disziplinäre Massnahmen» gegenüber dem betroffenen Manager einleiten.
Hängige Ermittlungen gegen die Bank
Grund für Ärger hat die Bank genug - sie sorgt in Österreich seit Jahren für negative Schlagzeilen. Diese E-Mail könnte ihr Ärger seitens der Finanzmarktaufsicht bescheren, die Veröffentlichung kommt ungelegen. Denn Baustellen gibt es zur Genüge.
2007 wurde bekannt, dass mit den Einnahmen einer Kapitalerhöhung der Immobilienfondsgesellschaft Meinl European (MEL) hauptsächlich eigene Wertpapiere zurückgekauft wurden, ohne die Anleger darüber zu informieren. In dieser Sache untersucht die Staatsanwaltschaft seit Jahren. Neben strafrechtlichen Ermittlungen gegen Julius Meinl, Bankenchef Weinzierl und andere sind 1250 Anlegerverfahren hängig.
Darüber hinaus will auch das Finanzamt noch einiges sehen: 60 Millionen soll die Meinl Bank nachzahlen, die Rechtshändel kosteten die Bank bisher um die 32 Millionen Euro. 2013 gab die Bank bekannt, einen Jahresverlust von 22 Millionen eingefahren zu haben - «ausserordentliche Aufwendungen» drücken den Gewinn.
Die Grasser-Connection
2012 wurde die Bank «wegen Marktmanipulation» erstinstanzlich verurteilt, einem Geschädigten 30'000 Euro zurückzuzahlen. Im Oktober 2013 entschied der Oberste Gerichtshof Österreichs, dass die Bank einer Anlegerin rund 400'000 Euro plus die Verfahrenskosten zahlen muss, weil sie bei der Anlegerin den falschen Eindruck erweckte, dass die Gelder direkt in Immobilien investiert werden und MEL eine sichere, breit gestreute Immobilienveranlagung sei. Doch grosse Teile der Anlegergelder wurden nicht in Immobilien gesteckt, sondern für den Rückkauf von MEL-Papieren abgezweigt.
Auch Karl-Heinz Grasser holte die Meinl Bank ins Boot, die Kontakte wurden früh geknüpft. Grasser ist Ex-Finanzminister des Alpenstaates und taucht in Österreich in diversen Affären auf. Er liess es sich als Politiker nicht nehmen, auf Einladung von Bankier Julius Meinl auf einer Jacht durch die Meere zu schippern. 2007 gaben Grasser und Julius Meinl bekannt, in den Energie-Investmentfonds «Meinl International Power» einzusteigen, der den Bau von Kraftwerken in Osteuropa finanzieren sollte. 2008 war er diesen Job wieder los.
2010 zeigte sich Grasser beim Finanzamt selbst an - wegen Steuerhinterziehung. Sein ehemaliger Steuerberater hatte bei einer Einvernehmung durch die Staatsanwaltschaft behauptet, Grasser habe zwischen 2007 und 2009 «dank Julius Meinl» 8,45 Millionen Euro verdient, davon aber über 5 Millionen Euro nicht versteuert.