In den sechs Jahren seiner Selbstständigkeit hat Stefan Engler viel über Führung gelernt und als Unternehmer einige Hochs und Tiefs erlebt. «Ich habe Lehrgeld bezahlt, und meine Devise lautet klar: Zweimal ins selbe Fettnäpfchen trete ich bestimmt nicht», schmunzelt der 32-Jährige.
Zum Lehrgeld zählen vor allem menschliche Dinge. Zum Beispiel, dass er sich bei der Anstellung von neuen Mitarbeitern schon mal getäuscht hat oder aber als er merkte, dass die beiden ursprünglichen Gründungspartner nicht mehr an demselben Strick zogen wie er. «Diese beschlossen 2002, vier Jahre nach unserer Firmengründung, die Branche zu wechseln.»
Da Stefan Engler aber seine Berufung in der INP Finanz gefunden hatte und
unbedingt weitermachen wollte, ernannte er Bruno Rivas und Thomas Eisenegger, zwei langjährige Mitarbeiter, mit denen die Chemie stimmte, zu Partnern. Ein guter Entscheid: Die drei harmonieren seither als eingespieltes Geschäftsleitungsteam. «Natürlich gibt es mitunter Probleme, zum Beispiel beim Thema Beteiligungsschlüssel oder wenn es darum geht, wer was macht und über welche Kompetenzen verfügt. Doch mit Offenheit, klaren Beschlüssen und einer guten Diskussionskultur lassen sich solche Klippen gut umschiffen.»
Den Drang nach Selbstständigkeit verspürte der gelernte Kaufmann schon immer. «Meine Eltern waren mir da als erfolgreiche Wirte ein gutes Vorbild», sagt er. Ein Unternehmer ist für Stefan Engler eine Person, die zielgerichtet arbeiten kann, Visionen hat und einen guten Mix von kaufmännischem und fachlichem Geschick mitbringt.
Nach einer Lehre beim Bankverein und einem Abstecher zu den Raiffeisenbanken wechselte Engler an die Börse, um dort die Junior-Ausbildung zu machen. Der Börsenhandel habe ihm unglaublich Spass gemacht, doch als die elektronische Börse eingeführt wurde, sei das Ganze zur reinen Computerarbeit verkommen. «Ich brauchte eine Pause und ging auf Reisen.»
Zu seiner Firma kam der Ostschweizer wie die Jungfrau zum Kind. Als er in die Schweiz zurückkehrte, machte er bei der Mobiliar Versicherungsgesellschaft eine dreijährige Ausbildung, als ihn die zwei eingangs erwähnten Kollegen anfragten, ob er nicht Lust habe, mit ihnen ein neutrales Unternehmen im Bereich Versicherungstreuhand, Eigenheim- und Finanzplanung aufzubauen. Engler hatte wenig zu verlieren, und vor allem sah er eine Möglichkeit, sein Wissen in den Bereichen Banken und Versicherungen kombinieren zu können.
«Wir begannen mit sechs Verträgen bei Banken und Versicherungen, und im ersten Geschäftsjahr stellten wir bereits fünf Mitarbeitende ein.» Parallel zum Aufbau des Unternehmens absolvierte Stefan Engler die Ausbildung zum eidgenössischen Finanzplaner mit Fachausweis.
Wirtschaftlich gab es in den sechs Jahren seit Bestehen der Firma wenig Probleme. «Wir haben Glück, dass wir die Konjunktur kaum spüren. Wenn die Leute den Gürtel enger schnallen und sparen wollen, sind wir mit unseren Dienstleistungen für sie da, und wenn es ihnen finanziell gut geht und sie investieren wollen, ebenfalls.»
Das wirkt sich natürlich auch auf die Branche aus, und viele vor allem jüngere Leute haben das Gefühl, sie könnten mit ein bisschen Versicherungs- und Finanzberatung einfach und schnell das grosse Geld verdienen.
Dementsprechend schlecht ist auch das Image vieler Berufskollegen von Stefan Engler. «Grossmäuler und Staubsaugervertreter haben bei uns genauso wenig verloren wie Strukturfanatiker», betont er. Strukturfanatiker? «Es gibt Mitbewerber auf dem Markt, die mit dem schneeballsystemartigen Strukturmarketing arbeiten und immer mal wieder im ‹Kassensturz› des Schweizer Fernsehens auftauchen. Das ist definitiv nicht unser Ziel.»
Worin unterscheidet sich denn nun die INP von den zahlreichen auch seriös
arbeitenden Mitbewerbern? «Dadurch, dass wir mit über 60 Banken und Versicherungen in der Schweiz, Österreich und Frankreich Verträge abgeschlossen haben, können wir Neutralität garantieren», erklärt Engler. «Und weil unsere 30 Mitarbeitenden alle Produkte regelmässig verkaufen, haben wir bis heute auch noch keinen Vertrag verloren.»
Die Neutralität und die breite Produktpalette überzeugten auch Skeptiker davon, dass die Firma seriös arbeite; das Vorurteil, gewisse Produkte würden nur verkauft, weil damit mehr Geld verdient werden könne als mit anderen, sei schliesslich in der Branche noch weit verbreitet. «Ohne hohe Qualitätsstandards könnten wir nicht lange arbeiten», betont Engler. «Denn wenn unsere Kunden mit einem Produkt nicht zufrieden sind und vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen, müssen auch wir das verdiente Geld an die Bank oder die Versicherung zurückzahlen.»
Ein weiteres Mittel zur Qualitätssicherung stellen für den jungen Unternehmer auch die Qualitätskontrollen dar. Vor Abschluss eines Vertrages werden alle Chancen und Risiken noch einmal aufgerollt und auf ihre Langfristigkeit überprüft. «Vertrauen zu bilden sowie die stetige Weiterbildung unserer Mitarbeitenden ist das A und O unseres Erfolgs.»
Der Hauptfokus von INP Finanz liegt auf Privatkunden, denn dieser Markt ist etwas weniger hart umkämpft als der Firmenkundenmarkt. Die Kunden finden einerseits über Empfehlungen zu INP Finanz, andererseits aber auch durch Partner wie zum Beispiel die Hausfactory, mit der INP im Bereich der Eigenheimfinanzierung zusammenarbeitet.
In solchen strategischen Partnerschaften liegt denn für Stefan Engler auch die Zukunft. «Dadurch kann jeder Partner seine Kernkompetenzen an die Kunden bringen, und die Kunden profitieren von einer umfassenden Angebotspalette. Durch diese wird auch die Chance grösser, dass wir Kunden über eine längere Zeit begleiten und ihre unterschiedlichen Bedürfnisse in unterschiedlichen Lebensabschnitten abdecken können.»
Ziel von INP Finanz ist es, in der Schweiz flächendeckend vertreten zu sein. Im Moment besitzt das Unternehmen neben dem Hauptsitz in St. Gallen Niederlassungen in Bern, Genf, Schaffhausen, im Thurgau und in Zürich. Die Räumlichkeiten sind an guten Verkehrslagen und funktionell eingerichtet, denn Stefan Engler und seine Partner investieren das Geld lieber in gute Mitarbeitende, die zu den Kunden rausgehen, als in teure Mietzinse und Designermöbel.
«Da wir sehr dezentral strukturiert sind, versuchen wir unsere Leute mittels regelmässigen Sitzungen und Schulungen zusammenzuschweissen und ihnen unsere Corporate Policy zu vermitteln. «Wir sehen uns nicht als Durchlauferhitzer, sondern möchten nur Leute einstellen, die in unsere Kultur passen und an einer nachhaltigen Zusammenarbeit interessiert sind.
Dass sein Team zurzeit bis auf zwei Ausnahmen vorwiegend aus Männern besteht, bedauert Engler ausserordentlich. «Im Verkauf Frauen zu finden, ist extrem schwierig. Warum, weiss ich eigentlich auch nicht, denn gefragt sind soziale Kompetenz, die Fähigkeit zuzuhören, Empathie und gute Kommunikationsfähigkeiten, alles Eigenschaften, über die Frauen natürlicherweise verfügen.»
Neben der regionalen Expansion möchte INP Finanz künftig auch ihre Angebotspalette ausbauen. «Zurzeit sind wir unter dem Namen INP Immo daran, im Internet ein Immobilienportal aufzubauen.» Auf die Idee seien sie durch einen Mitarbeiter gekommen, der seit 1999 als Immobilienmakler tätig ist und das Know-how mitbrachte. «Der Input unserer Mitarbeitenden ist für uns extrem wichtig», betont Engler. «Meine Partner und ich können nicht alles wissen und kennen.» Daher gehört für ihn auch das Zuhörenkönnen zu den wichtigen Eigenschaften eines Firmenchefs.