Er ist arrogant», sagt der Topmanager einer Swisscom-Konkurrentin: Carsten Schloter trete nicht auf wie ein Pfarrer in der Kirche, sondern wie der Papst im Petersdom.

Der Kritiker hat wohl den falschen Tag erwischt. Zwar spricht dem CEO von Swisscom Mobile niemand ein gesundes Selbstvertrauen ab, doch von oben herab tritt er nicht auf. Ausser vielleicht, wenn er seinen täglichen Frühsport 20 Kilometer auf dem Hometrainer, in 30 Minuten auslassen musste. «Wenn ich das nicht mache», so Schloter in einem Interview, «bin ich unausstehlich.»

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Da der gebürtige Deutsche beruflich wie sportlich sehr ehrgeizig ist, kommt das höchst selten vor. Normalerweise tritt er motiviert, offen und direkt auf «und immer mit Augenkontakt», sagt er. «Das ist eine Frage des Respekts gegenüber den Mitmenschen.»

Ein Senkrechtstarter mit drei Sekretärinnen

Respekt hat beim Senkrechtstarter, der im Jahr 2000 jüngstes Geschäftsleitungsmitglied von Swisscom wurde, viel mit Toleranz zu tun. Sein persönlicher Assistent etwa geht jeden Sommer zwei Monate in die Ferien. Sein Chef arbeitet in dieser Zeit. «Das ist für mich kein Problem», sagt Schloter, und fügt lachend hinzu: «Ich weiss, dass viele Angestellte bezüglich meines Arbeitspensums nicht mit mir tauschen möchten.»

Dazu gehören die Mitarbeiterinnen seines Sekretariats. Drei Frauen teilen sich die 100%-Stelle. Zwei arbeiten je einen Tag die Woche, die dritte ist zu 60% angestellt. Sie wurde vor einem Jahr Mutter und reduzierte ihr Pensum. «Ich hätte sagen können: Okay, jetzt hat es keinen Platz mehr für dich. Doch warum sollte ich anderen Menschen mein Lebensmodell aufzwängen?»

Die Antwort gibt Schloter gleich selbst: «Dafür gibt es keinen Grund. So lange jemand die Leistungsvorgaben erfüllt, soll er entscheiden, wie er am besten die Balance zwischen Arbeit und Privatleben findet.»

Schloters Anspruch ist Effizienz. Weil ihm das Wochenende mit seiner Frau und seinen drei Kindern heilig ist, ist sein Arbeitstag entsprechend durchgeplant und vollgepackt. Ausgedehnte Mittagspausen gibt es bei ihm nicht. Er ist ein Arbeitstier. Auch zu Hause. Dort sitzt er oft an seinem Laptop. Über die Kommunikationskarte Swisscom Unlimited checkt er seine E-Mails. Auf dieses Produkt, das einige Preise gewann, ist Schloter stolz. Es verschaffte Swisscom ein Erfolgserlebnis. Und ihm.

Ein anderes folgte vor wenigen Wochen, als Swisscom Mobile und der Detailhandelsriese Migros eine Kooperation bekannt gaben. Die Telekombranche war erstaunt und bezeichnete die Zusammenarbeit als grossen Coup, einige Vertreter sehen darin sogar den wichtigsten strategischen Entscheid von Swisscom Mobile in den letzten Jahren.

Böse Zungen behaupten, die beiden Erfolge seien die einzigen in der bisherigen Wirkungszeit von Carsten Schloter. «Der Mann konnte sich in ein gemachtes Bett legen», heisst es. Tatsächlich startete der messerscharfe Analytiker als Chef der rentabelsten und am schnellsten wachsenden Swisscom-Sparte. Der Protégé von Swisscom-Chef Jens Alder folgte auf den fast 20 Jahre älteren Natel-Pionier Walter Heutschi. Dieser hinterliess zwar viele Ideen und Projekte, aber auch ein kreatives Chaos. Der Betriebswirtschaftler und Informationstechniker Schloter hatte die Aufgabe, Ruhe und Struktur in die Division bringen. Diese Aufgabe meisterte er bravourös.

Die meisten aus der Telekombranche sind denn auch voll des Lobes über ihn. Mobilezone-Chef Ruedi Baer: «Schloter macht einen guten Job.» Er sei ein guter Stratege, ein brillanter Rhetoriker und verstünde etwas vom Geschäft.

All dies mache ihn zu einem Konkurrenten von Jens Alder, sagt ein anderer Brancheninsider. Schloter sei der Einzige, der Alder beerben könnte. Schloter selbst wiegelt ab und bestreitet jegliche Ambitionen auf den Königsthron. Muss er auch.

Noch ist Schloters Tür offen, bald gibt es keine mehr

Arg zerstritten können Schloter und Alder nicht sein nach wie vor gehen sie alle paar Wochen ein Bier zusammen trinken. Ein Mal pro Jahr wird sogar gemeinsam gekocht zusammen mit den andern Geschäftsleitungsmitgliedern. «Wir tun das immer mit einer grossen Freude», sagt Schloter. «Das sind gemeinsame Momente, die wichtig sind.» Für ihn haben institutionalisierte Erlebnisse mit den Mitarbeitern ausserhalb des Büroalltags einen festen Platz. «Darum herum entwickelt sich etwas Spontanes, Natürliches.»

Diese Freimütigkeit pflegt er auch im Geschäftsalltag. Seine Bürotür ist fast immer offen, selbst bei Besprechungen. «Egal wer, jeder kann jederzeit mit seinem Anliegen zu mir kommen.» Im Swisscom-Mobile-Neubau in Köniz wird es deshalb keine Türen mehr geben, «dann ist alles open space», sagt Schloter. Damit wird die Kommunikation einfacher, direkter. Das ist für Schloter sehr wichtig.

«Eine Begeisterung, wie wir sie bei uns haben, ist nur möglich, wenn man permanent ehrlich kommuniziert.» Das gilt intern wie extern. «Wir sind teurer als Orange und Sunrise. Deshalb müssen wir uns jeden Tag aufs Neue überlegen: Welchen Gegenwert bieten wir unseren Kunden für diesen höheren Preis?»

Dies sei Qualität und Service, und das müsse man kommunizieren. Gleichzeitig müsse man sich jeden Tag verbessern und sich dabei an den internationalen Mitbewerbern messen. «Wenn wir uns nur auf die Schweiz konzentrieren, dann werden wir überholt.» Er schweigt einen Moment und sagt dann: «Und das werde ich nicht zulassen.»



Carsten Schloters Führungsprinzipien

1. So oft und so klar wie möglich kommunizieren, wohin die Reise der Firma geht.

2. Respekt. Jede Arbeit und jede Lebenseinstellung verdient Respekt. Jeder Mensch soll spüren, dass er ernst genommen wird.

3. Wann immer möglich muss der Kunde in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt werden.

Zur Person

Carsten Schloter (41) kam als erster Nichtschweizer in die Konzernleitung der Swisscom. Seine Laufbahn begann der gebürtige Bayer bei Mercedes-Benz France. Danach gründete er mit Debitel die erste private Telecomfirma Frankreichs. Der perfekt dreisprachige Schloter (deutsch, französisch, englisch) verbrachte den grössten Teil seiner Jugendzeit in Paris. Mit 22 Jahren schloss er dort auch sein Wirtschafts-Studium ab. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt im Kanton Freiburg. Seit April 2000 ist er CEO von Swisscom Mobile.