Verletzte, Vermisste, Tote. Schneisen der Zerstörung, wo einst Wohnquartiere waren. «Klumpenrisiken» im Versicherungsjargon: Die Hurrikane Charley, Frances, Ivan und Jeanne haben der Branche allein in Florida einen Schaden von geschätzt 20 bis 25 Mrd Dollar eingetragen. Währenddessen zählt die Taifun-Saison in Japan bereits ihren 22. Sturm, in Kalifornien bebte die Erde.

Naturkatastrophen dieser Grösse und Häufigkeit haben das Zeug, Versicherungsgesellschaften in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Stürmische Zeiten also für Katastrophenbonds, möchte man meinen. Denn Versicherer geben die kurz «Cat Bonds» genannten Anleihen just zu dem Zweck heraus, um sich gegen ausserordentliche Naturkatastrophen abzusichern. Die Anleger profitieren im Gegenzug von einer Risikoprämie.

*Stürme fachen Nachfrage an*

Doch selbst die beispiellose Anhäufung von Stürmen vom August und September konnte die Cat Bonds nicht ins Wanken bringen. «Die Schäden sind noch nicht abschliessend berechnet. Wir erwarten jedoch nicht, dass ein Schwellenwert überschritten wurde», sagt Ralph Läuppi, Fondsmanager für Alternative Anlagen der Bank Leu.

Rein statistisch wird rund alle 100 Jahre mit einer ausserordentlichen Naturkatastrophe gerechnet. Die Ausfallwahrscheinlichkeit für Cat Bonds mit einem BB-Rating liegt daher bei 1%. Sollte es der Hurrikan-Serie nicht zum Jahrhundertereignis reichen, würde das den Boom um die Cat Bonds weiter anfachen: Seit die Anleihen 1997 in grossem Stil ausgegeben wurden, haben sie sich als gefragtes Anlagethema erwiesen. Allein im Rekordjahr 2003 wuchsen die Neuemissionen gegenüber dem Vorjahr um 42%. Grösster Emittent ist Swiss Re. Weltweit sind heute rund 4,3 Mrd Dollar in Cat Bonds investiert.

Und vor dem Hintergrund stagnierender Aktien- und Obligationenmärkte wird die Nachfrage kaum nachgeben. Denn erstens entwickelten sich Cat Bonds bisher unabhängig von den Schwankungen des Kapitalmarkts. Zweitens bieten sie eine bis zu 2% Prozentpunkte höhere Rendite als gleich geratete Unternehmensanleihen. Drittens besteht praktisch kein Zinsrisiko, weil die Bonds wie Floater gestaltet sind.

In der Schweiz war die Bank Leu bis anhin als einzige im Cat-Bond-Markt tätig. In die von der Bank angebotenen Produkte «Leu Prima Cat Bond Fund» I und II sind mittlerweile 450 Mio Dollar investiert. Der Kurs der beiden Fonds hat innert Jahresfrist um 2,2% und 2,3% zugelegt. Beide Fonds richten sich an Privatanleger. Am 11. Oktober hat die Bank Leu mit dem «AIG Diversified Cat Bond Fund» der AIG Private Bank Konkurrenz erhalten. Der Fonds diversifiziert einerseits in Hurrikane (USA), Taifune (Japan) und Windstürme (Europa), andererseits in Erdbeben in Kalifornien, Japan, Taiwan und Monaco. Angelegt wird jeweils in drei Subfonds zu Fr., Euro und Dollar. Die Subfonds stehen sowohl Institutionellen als auch privaten Anlegern offen. Bisher habe sich die Nachfrage nach dem Fonds gut verteilt, sagt Daniel Hausammann, der Verantwortliche für Alternative Anlagen bei AIG. «Sollte sie aber rapide zunehmen, könnte die Zeichnungsmöglichkeit zeitweilig ausgesetzt werden.»

Damit wird deutlich, dass die Bonds an einem Investitionsengpass angelangt sind: Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Die Bank Leu hat ihre beiden Fonds deshalb für Neugeld geschlossen. Doch ein Nachfrageüberhang ist für die Katastrophenbonds noch in einer weiteren Hinsicht problematisch: Der Überfluss an Kapital drückt die Risikoprämien und damit die Rendite. Hausammann schätzt, dass die Prämien in den letzten zwölf Monaten um 1 bis 2 Prozentpunkte nachgegeben haben.

«Langfristig werden die Prämien weiter sinken», sagt Hausammann. Sowohl bei der Bank Leu als auch bei AIG versichert man, die Renditeziele von 2,5 bis 3,5% bzw. 3 bis 4% über die nächsten Jahre problemlos halten zu können. Trotzdem macht man sich beiderorts schon Gedanken über eine Erweiterung des Fondsspektrums. «Es gibt einen Trend zu höheren Spreads», stellt Läuppi von der Bank Leu fest: Also höhere Renditen bei höherem Risiko.

*Weitergabe von Terrorrisiken*

Das wird unter anderem dadurch ermöglicht, dass der Prämienzahler kein A-Rating mehr erfüllen muss. In der Folge wird die Bank Leu in nächster Zeit mit einem neuen Cat-Bond-Podukt auf den Markt kommen, das dem Ruf nach höheren Renditen gerecht wird. AIG setzt derweilen auf eine Erweiterung ihres Fonds Richtung SWAP-Derivate auf Schifffahrts- und Flugverkehrsrisiken.

Im Gespräch sind neuerdings auch Risiken, bei denen der Faktor Mensch hineinspielen könnte. So muss zur Berechnung von Flutrisiken die künstliche Begradigung von Flüssen miteinbezogen werden. Noch einen Schritt weiter geht die Swiss Re mit «Vita Capital Ltd.» Dieser Cat Bond deckt das Risiko einer erhöhten Sterblichkeit. Dabei spielen neben Fettleibigkeit und Epidemien auch Terrorrisiken eine Rolle. Letztere galten in der Branche bisher als tabu.

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