Ohne das C wie Consumer ist ECR gar nichts: Konsumentinnen und Konsumenten sind die Hauptpersonen, um die sich alles dreht. Ihre Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche wollen erkannt und erfüllt werden. In der ECR-Pyramide steht das C darum an der Spitze und wird durch zwei Bereiche repräsentiert: Customer Relationship Management (CRM) und Category Management (CM). Bei beiden stehen Kundinnen und Kunden im Fokus des Interesses. Was für CRM selbstverständlich erscheint, ist beim Category Management weniger offensichtlich.

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Category Management betrachtet Warengruppen (Categories) als strategische Geschäftseinheiten, für die Handel und Hersteller einen gemeinsamen Geschäftsplanungsprozess entwickeln. Durch konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kundschaft soll eine verbesserte Warengruppenleistung erzielt werden. Dazu werden konsumentengerechte Bedarfsbündel geschnürt und als Warengruppe definiert.

Sichtweise der Kundschaft

Einzig die Sichtweise der Kundschaft zählt dabei. Es geht also nicht primär darum, Einkauf und Einkaufspreise, Lager und Logistik oder den Lieferantenmix zu optimieren. So stehen z.B. bei Coop für das CM folgende Fragen im Mittelpunkt:

- Welche Produkte wollen Kunden in der Verkaufsstelle vorfinden?

- Wie werden die Artikel präsentiert, damit Kundinnen sie einfach finden?

Jede der 160 Coop Categories umfasst genau die Produkte, die aus dem Blickwinkel der Konsumentenschaft nicht aus Anbietersicht eng zusammengehören. Ob Food oder Non Food spielt keine Rolle. Auch Lieferanten oder Beschaffungsweise der einzelnen Produkte sind für das CM unerheblich. Die Coop-Category-Managerinnen und -Manager richten sich bei der Gestaltung der Sortimente vorrangig nach Konsumentenbedürfnissen und Einkaufsverhalten.

Auch bei Valora liegt das Augenmerk auf Kundinnen und Kunden. Sie sollen an den «k kiosk»-Verkaufsstellen genau das Produktsortiment antreffen, das dem Lebensstil moderner Menschen entspricht. Das Valora Category Management analysiert daher kontinuierlich das Einkaufsverhalten der Kundschaft und optimiert die Sortimente für jeden einzelnen Kiosk unter Berücksichtigung von Zielgruppen und Trends. Als Folge bieten beispielsweise Kioske im Abflugbereich des Zürcher Flughafens ein anderes Sortiment an als jene im Ankunftsbereich, denn abfliegende Reisende haben andere Bedürfnisse als ankommende.

Mangelnde Fähigkeiten

Müssen Category Manager also in erster Linie Menschenfreunde sein, die sich mit viel Empathie in ihre Kundschaft einfühlen und ihnen jegliche Wünsche von den Augen ablesen? Ganz so ist es nicht, doch Kundenorientierung ist eine immens wichtige Eigenschaft, die Category Manager mitbringen müssen. Gerade hier soll es aber hapern: «Die Menge an Informationen ist in den letzten zehn Jahren beständig gewachsen, doch die Kundenorientierung der Category Manager stagniert», bemängelt eine Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts für Marketing und Handel an der Uni St.Gallen. Die Autoren der Studie, u.a. Prof. Dr. Thomas Rudolph, führen dies auf mangelnde kognitive Fähigkeiten der Category Manager zurück. In deren Köpfen orten sie den Engpass und gleichzeitig den Ansatzpunkt, um das volle Potenzial der Kundenorientierung auszuschöpfen.

Dabei kommt es darauf an, was die Managerinnen und Manager an Vorwissen und Erfahrung mitbringen, meinen die Autoren der Studie. Als Begründung führen sie u.a. den typischen Werdegang eines Category-Managers an: In der Regel waren diese vorher Spezialisten für einen einzelnen Warenbereich oder sie kommen aus dem Einkauf, der Logistik oder dem Merchandising. Mit Produkten, Disposition, Lagerhaltung oder Regaloptimierung kennen sie sich bestens aus. Was häufig fehlt, sind Erfahrungen und Know-how in den unmittelbar kundenbezogenen Bereichen Marketing und CRM. Auch Kreativität und Zukunftsorientierung für Erfolg versprechende Ideen zum Wohle des Kunden am POS bringen sie nicht selbstverständlich mit.

Multifunktionale Teams

Unbestritten zählt Category Management zu den Funktionen, die ein extrem breites Wissensspektrum verlangen: Einkauf und Lagerhaltung tangiert CM ebenso wie Merchandising, Marketing, Kommunikation und zukunftsgerichtete Aufgaben wie die Erforschung der Kundenbedürfnisse und die Produktentwicklung. «CM hat eine zentrale Funktion im Unternehmen und bestimmt Sortimentsgestaltung, Einkauf, Disposition und Warenpräsentation in den Verkaufsstellen», heisst es bei Coop.

Neben sachbezogenen Fähigkeiten sind «Soft Skills» gefragt: Verhandlungsgeschick und Führungstalent sind unerlässlich, denn CM ist Teamarbeit: Bereichsübergreifende, multifunktionale Teams übernehmen sowohl logistische Aufgaben (wie z.B. Efficient Replenishment), als auch marketingtechnische Komponenten (Efficient Assortment, Efficient Promotion, Efficient Product Introduction). Nicht zu unterschätzen sind zudem die Anforderungen an die Informationsverarbeitungskapazität.

Tagesaktuelle Produkt-, Markt- und Konkurrenzdaten wollen analysiert werden. Der Handel arbeitet dazu mit Marktforschungsinstituten wie IHA-GfK oder ACNielsen und mit Systemspezialisten wie SAP zusammen, um Kundenbedürfnisse und Einkaufsverhalten detailgenau zu erfassen und zu analysieren. Die Datenbasis lässt kaum Wünsche offen. Aus der Datenflut die richtigen Schlüsse zu ziehen und kluge Entscheidungen zu treffen, ist der weitaus schwierigere Teil der Arbeit.

Letztlich zählt auch im Category Management nur der Geschäftserfolg. Es geht darum:

- Kosten über die gesamte Wertschöpfungskette zu minimieren und

- zukünftige Verkaufspotenziale zu identifizieren.

Im Gegensatz zu abgegrenzten Bereichen wie Merchandising oder Disposition umfasst das Category Management ein viel breiteres Zielspektrum an Aktivitäten, nämlich alle oben beschriebenen Bereiche vom Einkauf bis zur Produktentwicklung.

Die Erfolgskriterien variieren stark und beinhalten quantitative und qualitative Aspekte. Harte Faktoren wie Umsatz, Gewinn oder Kosten pro Warengruppe sind einfach messbar. Hier existieren standardisierte Konzepte und Kennzahlen. Auch über Konzepte wie Preis, Sortiment oder Aktionen herrscht einheitliches Verständnis.

Schwierig wird es wieder beim weichen Faktor der Kundenorientierung. Gemäss der Studie des St.Galler Instituts für Marketing und Handel kommt es entscheidend darauf an, wie gut Category Manager über ihre Kundinnen und Kunden Bescheid wissen, und wie intensiv sie sich mit dem Thema Kundenorientierung auseinander setzen.

Es gibt kein allgemeingültiges, mit Stardard-Kennzahlen definiertes Konzept darüber, wie man am POS Mehrwert für Konsumenten schafft. Eine Vielzahl von Optionen steht zur Verfügung, mit ebenso vielfältigen Möglichkeiten der Erfolgsmessung.

Damit Kundenorientierung keine Worthülse bleibt, sollten sich Category Manager auf einige wesentliche Aspekte des Kundenverhaltens konzentrieren, empfehlen die St.Galler Experten. Bei der Kundenorientierung den Fokus auf ein einziges Ziel zu legen, bringt mehr, als einen ganzen Zielkatalog gleichzeitig zu verfolgen.

Category Management: Relevante Produktgruppen

Category Management zielt u.a. darauf ab, ein Sortiment zu gestalten, das mit möglichst wenig Produkten eine möglichst hohe Anzahl Käuferinnen und Käufer erreicht und hohe Umsätze generiert. Möglichst viele Konsumenten sollen im Regal Produkte aus der für sie relevanten Produktgruppe (Relevant Set) vorfinden, ohne dass der Händler die komplette mögliche Auswahl aus einer Warengruppe anbieten muss.

Marktforschungsinstitute liefern die dazu erforderlichen Daten: In einem ersten Schritt wird mittels Haushaltspanels eine Cross-Buyer-Analyse erstellt. Dabei werden Austauschbeziehungen zwischen Marken deutlich, z.B. bei Waschmitteln. Wechselkäufer verwenden einmal das eine, einmal das andere Produkt. Wie oft genau kaufen Verwender einer Marke auch eine andere Marke? Je höher der errechnete Index, umso grösser ist die Austauschbarkeit dieser beiden Marken.

Auf Grund der Käufer-Überschneidungen wird nun das «ideale» Sortiment zusammengestellt. Es soll genau die Kombination von Produkten angeboten werden, die insgesamt die höchste Käufer-reichweite erzielt. Anschliessend stellt man ein Waschmittel-Sortiment zusammen, das die geringste Überschneidung der Käufer aufweist und sich am besten ergänzt.

Im Beispiel der Waschmittel ergab die Analyse, dass beim betreffenden Detailhändler mit 13 Produkten bereits eine Käuferreichweite von 85,81% erreicht wurde, bei einem Umsatzanteil von insgesamt 92,68%. Angeboten wurden jedoch 40 Produkte, obwohl die restlichen 27 Waschmittel nur noch marginal zu Käuferreichweite und Umsatz beitrugen und damit überflüssig waren. Mit Hilfe der Marktforschungsdaten konnte der Händler sein Sortiment schlanker machen und trotzdem seine Kundschaft optimal bedienen.

Quelle: IHA-GfK



Fachwort

Category Management (CM) betrachtet Warengruppen (Categories) als strategische Geschäftseinheiten, für die Handel und Hersteller einen gemeinsamen Geschäftsplanungsprozess entwickeln, um durch eine Ausrichtung an den Bedürfnissen der Konsumenten eine verbesserte Warengruppenleistung zu erzielen. Die jeweilige Warengruppendefinition muss nach konsumentengerechten Bedarfsbündeln, sprich aus Kundensicht erfolgen. Daneben repräsentiert CM durch die Bildung bereichsübergreifender, multifunktionaler Teams, die sowohl logistische (Efficient Replenishment) als auch marketingtechnische (Efficient Assortment, Efficient Promotion, Efficient Product Introduction) Komponenten umfassen müssen, den organisatorischen Rahmen zur Implementierung von ECR.