Auch in diesem Jahr wurden in den Chefetagen der Schweizer Unternehmen zahlreiche Sessel neu besetzt. Es gab 2022 gleich mehrere Dramen rund um die Wechsel in den Führungsriegen.
Für viel Drama sorgte auch im laufenden Jahr etwa die Credit Suisse. Bei der kriselnden Grossbank kam es zum grossen «Kaderlass». António Horta-Osório nahm Anfang Januar als Präsident nach wenigen Monaten Amtszeit seinen Hut. Im Sommer löste Ulrich Körner den scheidenden Thomas Gottstein als Konzernchef ab. Dazu wurden 2022 auch der Finanzchef sowie diverse Mitglieder der Geschäftsleitung ausgewechselt und ein grosser Teil des Verwaltungsrates zog sich zurück.
Zu den prominentesten Abgängern gehörte dieses Jahr auch Fabrice Zumbrunnen, der bei der Migros den Bettel hinwarf. Der Detailhandelsriese muss jetzt einen neuen Chef oder eine neue Chefin suchen und war offensichtlich nicht auf den Abgang vorbereitet.
Skandal bei Online-Reiseportal
Den aufsehenerregendsten Wechsel an der Firmenspitze erlebte der Tessiner Online-Reiseanbieter Lastminute. Im Sommer kam eine Reihe Topmanager wegen mutmasslicher Betrügereien mit Corona-Geldern in Haft – darunter auch Ex-Chef Fabio Cannavale.
Danach geriet auch die zur interimistischen CEO ernannte Laura Amoretti unter Verdacht. Eine personelle Tabula rasa soll nun für Ordnung sorgen.
Meist laufen Chefwechsel jedoch nicht so spektakulär ab. Oft erfolgen CEO-Wechsel bei Rücktritten, Pensionierungen und Abgängen des Chefs, weil dieser abgeworben wurde. Zu unfreiwilligen Wechseln kommt es häufig dann, wenn der Verwaltungsrat mit der Performance des Chefs nicht zufrieden ist.
34 CEO sind abgetreten
Selten sind Stabsübergaben an der operativen Spitze eines Unternehmens nicht unbedingt, aber erfolgen auch nicht im Übermass, wie eine Auswertung der Nachrichtenagentur AWP ergeben hat. Bei den in der Schweiz kotierten Firmen mussten in diesem Jahr bisher 34 Konzernchefs ihren Posten räumen. Sei es, weil sie aus eigenem Antrieb gingen, sei es, weil sie gehen mussten.
Damit kam es bei den rund 220 untersuchten Unternehmen dieses Jahr bei gut 15 Prozent der CEO-Posten zu einem Wechsel. Damit bewegen sich die Fluktuationen auf den Chefsesseln im üblichen Rahmen.
Zum Vergleich: Laut Berechnungen des Bundesamts für Statistik wechselten im vergangenen Jahr 12,4 Prozent der rund 5,2 Millionen Erwerbstätigen ihre Stelle. Das sind gut 640’000 Jobwechsel.
Das «Urgestein» ist seit 31 Jahren im Amt
Die Chefs börsenkotierter Firmen in der Schweiz sind durchschnittlich seit 5,8 Jahren in dieser Position. Die abgetretenen oder bis Ende Jahr noch gehenden CEO waren laut der AWP-Erhebung im Schnitt bereits 6,7 Jahre im Amt.
Die Spannweite der «CEO-Beständigkeit» ist aber gross. Am kürzesten hielt sich die bereits erwähnte Laura Amoretti vom vermeintlichen Corona-Betrüger Lastminute im Amt. Sie übernahm den CEO-Posten Ende Juli, soll aber kurz vor Weihnachten bereits wieder abgelöst werden.
Wer ganz oben angelangt ist, hält es aber mitunter ganz schön lange aus. Am längsten von den 2022 abgelösten Chefs konnten sich Matthias Reinhart beim Finanzdienstleister VZ (30 Jahre) und Julian Diaz (18 Jahre) bei der Duty-Free-Firma Dufry halten.
Seit dem Abgang von Reinhart hat André Kudelski die Auszeichnung «Urgestein» damit noch mehr auf sicher. Der Lausanner steht dem gleichnamigen Technologiekonzern seit bereits 31 Jahren vor. Der Club «20 Jahre plus» zählt neben Kudelski noch sechs weitere Mitglieder.
(awp/mth)