Es herrscht Ernüchterung in der Schweizer Exportindustrie. Neun von zehn Firmen spüren keinen positiven Effekt durch das Freihandelsabkommen mit China. Und fast zwei von drei Firmen verzichten darauf, das Abkommen wegen des enormen bürokratischen Aufwandes anzuwenden. So lautete das Ergebnis einer Umfrage der Schweizerisch-Chinesischen Handelskammer, die Ende vergangenen Jahres durchgeführt wurde.

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Diesen enttäuschenden Zahlen hielt Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vergangene Woche in der «Handelszeitung» entgegen, dass rund 70 Prozent der befragten Firmen weniger Zollabgaben zahlten. Trotz einigen «Einschwingproblemen» sei er überzeugt, dass das Abkommen gut und hilfreich sei.

Abkommen gewinnt an Attraktivität

Eine neue Erhebung der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) stützt den postiven Befund des Bundesrats – zumindest für die Uhrenindustrie. Die Studie analysiert den Nutzen des Abkommens mit China auf der Grundlage von (Schweizer) Zolldaten im ersten Jahr seit Inkrafttreten im Juli 2014.

Die Autoren kommen dabei zum Schluss, dass das Abkommen für die Branche relevant sei. Allerdings sei man exportseitig von der Idee des Freihandels noch weit entfernt.

Mangelnde Abdeckung durch das Abkommen

Laut der Auswertung findet der grösste Teil der Uhrenexporte unter dem neuen Regime des Abkommens statt. Insgesamt haben die Unternehmen dadurch allein im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Vertrags bis zu 27 Millionen Franken an chinesischen Zöllen eingespart. Trotzdem besteht viel Luft nach oben: Immer noch würden etwa 23 Millionen Franken jährlich an Zollabgaben bezahlt, so die Autoren der Studie.

Grund dafür seien die mangelnde Abdeckung durch das Abkommen sowie der nur schrittchenweise eingeleitete Zollabbau. Laut Studienleiter Patrick Ziltener dürfte die Zahl der Unternehmen, die vom Abkommen Gebrauch machen, in den nächsten Jahren weiter zunehmen: «Je stärker die Zollvorteile zum Tragen kommen, desto grösser wird auch der Anreiz für die Unternehmen, das Abkommen zu nutzen – trotz bürokratischen Schwierigkeiten und harten Geduldsproben.»

Einsparungen auch im Import

Der Autor der Studie, Matthias Käch, beschreibt das «Leuchtturmbeispiel» eines Uhrenunternehmens, welches das Abkommen schon heute extensiv nutzt – und entsprechend davon profitiert: Dieses hat allein im ersten Jahr 4,7 Millionen Franken an Zöllen eingespart. Behalte es die erfolgreiche Praxis bei, werde es dank schrittweisem Zollabbau in den nächsten zehn Jahren insgesamt Einsparungen von über 100 Millionen Franken erzielen.

Auf der anderen Seite zeigt die Studie allerdings auch, dass sich nicht wenige Schweizer Uhrenfirmen für den Gebrauch des Abkommens zwar registriert haben, dieses aber trotzdem nicht nutzen. Sie begründen ihre Zurückhaltung damit, dass die erwarteten Einsparungen geringer gewesen wären als die zusätzlichen Kosten, welche mit Problemen bei der Zollabwicklung verbunden seien. Dies etwa, weil Ursprungsdokumente vom chinesischen Zoll häufig zurückgewiesen und die Sendungen damit blockiert würden. 

Dabei profitieren Schweizer Uhrenproduzenten vom Abkommen nicht nur im Exportgeschäft, sondern auch bei der Einfuhr von Vormaterialien und Uhrenkomponenten aus China. Mehr als drei Viertel aller Uhrmacherwaren wurden dank dem Abkommen zollbefreit. Das ermöglichte den Schweizer Unternehmen im ersten Jahr Einsparungen von 3,6 Millionen Franken, dies vor allem bei der Einfuhr von Uhrengehäusen und Armbändern aus China

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