Die Antwort kommt direkt von der örtlichen Serono-Vertriebsstelle: «China ist wegen seiner riesigen Bevölkerung ein interessanter Markt.» Nur wenig mehr scheinen die hiesigen Roche- und Novartis-Vertreter zu wissen, deren Partner im Reich der Mitte bereits produzieren und gerade damit beginnen, nach hochwirksamen Medikamenten zu forschen. 1500 Personen beschäftigt Roche in China, 2000 sind es bei Novartis, etwa 300 sind für Serono tätig. Abgesehen von Roche (57 Mio Fr.) behalten die Konzerne die Summe der getätigten Investitionen für sich.

Wieso sie sich lohnen könnten, umschreibt Roche in ihrer mehrseitigen Präsentation «Huge Potential of Chinese Pharmaceutical Market»: In China öffnen jährlich 5000 Kliniken, steigt die Zahl der Patienten um 5 Mio pro Jahr, könnte der Pharmaabsatz bis 2010 auf 24 Mrd Dollar (heute 14 Mrd) anwachsen. Und: «Alle 43 Stunden öffnet ein ausländisches Research and Development Center.» Die Entwicklung eines Medikamentes sei fünf Mal billiger, die Zahl potenzieller Versuchspatienten x-fach höher. Seit den 1980er Jahren proben die Schweizer in China den Vertrieb ihrer Produkte. Jetzt bauen sie auch ihre Produktions- und Forschungsstätten in Schanghai, Peking oder Guangdong. «Wir kommen nach China, weil eine neue Generation von Forschern herangewachsen ist, und weil Chinas Pharmamarkt viel schneller wächst als die anderen», schwärmt Novartis-Chef Daniel Vasella vom baldigen Pharmarausch.

*Ein Markt mit Macken*

China ist schon heute die Nummer 7 der weltweit grössten Pharmaverbraucher. Aber zahlt sich das für die Schweizer Unternehmen auch aus? Darüber informieren sie ungern: Gewinnzahlen sind keine bekannt, Umsätze kommen nur gerundet an die Öffentlichkeit. Zumindest zwei «Spiegel»-Journalisten rechneten diesen Sommer vor, dass China ein «Milliardenmarkt mit Macken» ist: Die Gewinnmargen der Pharmakonzerne liessen sich nicht mit europäischem Niveau vergleichen, weil in ganz China billige Nachahmerpräparate zu haben sind, und das mit oder ohne Patentschutz.

Novartis deutet solche Hindernisse immerhin an: «Langwierige Registrierungsverfahren, Förderung von billigeren Produkten durch die Regierung, Preisdruck», übermittelt Sprecher Chris Lewis. Der Roche-Manager in China, Andreas Tschirky, will sich gegenüber Patentrechtsfragen, «die es natürlich gegeben hat», lieber nicht äussern. «Roches Commitment basiert auf Vertrauen in Chinas Umsetzung der WTO-Prinzipien und seinem verantwortungsvollen Umgang mit dem Schutz geistigen Eigentums.» Die Kreation eines Forschungszentrums unterstreiche die Wichtigkeit Chinas als Global Player der biomedizinischen Wissenschaft und des wachsenden Marktes für Gesundheitsprodukte.

*Chinesen sind kaum versichert*

Die Konzerne lassen offen, ob dieser Markt auch zu ihren Gunsten wächst: Dem Land fehlt ein funktionierendes Krankenkassensystem. Die grosse Mehrheit der Chinesen hat nicht mal eine Versicherung. Derzeit sind nur 60 von 1300 Mio Chinesen in der Lage, sich innovative Medikamente zu leisten. Sie geben jährlich nur wenig mehr als 20 Fr. für Medikamente aus, während Mitteleuropäer das 20- bis 30-fache dafür aufwenden. Vielleicht belässt Serono seine Produktion und Forschung deshalb in Europa und in den USA: «Da sind die Qualitätsstandards hoch genug», begründet das Unternehmen.

Partner-Inhalte