Die Zahl der Fusionen und Übernahmen wächst dynamisch und vor allem Chinesen stechen mit Zukäufen in der Schweiz hervor. 2016 hat es hierzulande neun Transaktionen aus dem Reich der Mitte gegeben. 2015 akquirierten die Chinesen zehnmal in der Schweiz. In den Jahren 2012 und 2013 hatten sie bei Firmenkäufen dagegen lediglich zwei- beziehungsweise dreimal zugeschlagen. Dieser Aufwärtstrend dürfte aber anhalten.
Die seit 2007 beobachtbare Aufwärtsbewegung bei Fusionen und Übernahmen setzte sich laut einer Studie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG vom Dienstag auch im vergangenen Jahr fort. Die Zahl der Transaktionen mit Schweiz-Bezug stieg 2016 im Vorjahresvergleich insgesamt um 3,4 Prozent auf 362 Übereinkünfte. Das Volumen dieser Zukäufe und Zusammenschlüsse legte sogar um 40 Prozent auf eindrückliche 119,1 Milliarden Dollar zu.
Syngenta-Deal überstrahlt alles
Die Statistik für das abgelaufene Jahr prägte vor allem der «Mega-Deal» zwischen dem Basler Agrochemiekonzern Syngenta und China National Chemical Corporation (ChemChina), der allein auf ein Transaktionsvolumen von rund 43 Milliarden Dollar kommt. Laut KPMG ist diese Akquisition sogar die bisher grösste chinesische Übernahme eines Unternehmens im Ausland.
Generell machen Investoren aus dem Reich der Mitte vermehrt in der westlichen Welt von sich reden. Global stieg 2016 die Zahl der Transaktionen mit Käufern aus China um fast 50 Prozent auf 258 Akquisitionen. Das Transaktionsvolumen vervierfachte sich fast auf rund 185 Milliarden Dollar.
«Swissness»-Firmen begehrt
Laut KPMG Schweiz gibt es für das Aufstreben der Chinesen drei Hauptgründe, obwohl die Investoren vielfach gar nicht so stark an den etablierten Märkten der Übernahmeobjekte interessiert sind. Erstens rührt der Appetit chinesischer Firmenübernahmen in der Schweiz daher, dass China über traditionsreiche «Swissness»-Firmen verfügen möchte. Viele chinesische Grosskonzerne gibt es nämlich meist erst wenige Jahre.
Zweitens haben es die Investoren aus dem Reich der Mitte auch auf die Spitzentechnologie abgesehen. Die eigene Innovationskraft lässt den Experten zufolge noch sehr zu wünschen übrig.
Und drittens versuchen Chinesen mit dem Kauf von ausländischen Firmen ihre Portfolios zu diversifizieren, die häufig auf inländische Immobilienanlagen oder auf die heissgelaufenen chinesischen Aktienmärkte ausgerichtet sind.
Knallharte Ziele
An einer Medienveranstaltung in Zürich, wo am Dienstag auch die KPMG-Studie präsentiert wurde, stand zudem die Frage im Raum, ob es mit Transaktionen wie der Syngenta-Übernahme, dem Zukauf von Gategroup und SR Technics durch die chinesische HNA Aviation Group oder der Akquisition des Schweizer Sportrechte-Vermarkters Infront durch die chinesische Wanda-Gruppe nun immer so weiter geht.
Die Mehrheit der Redner schloss sich dem ehemaligen Präsidenten der Handelskammer Schweiz-China und Topmanager beim Schindler-Konzern, Kurt Haerri, an. Er sieht eine weitere Welle aus China auf die Schweiz überschwappen und erklärte, dass China über einen strategischen Plan verfüge, konsequent im Ausland weiter zuzukaufen. «China ist in Afrika nicht karitativ tätig», sagte Haerri. Das Land verfolge knallharte Ziele mit seinen Akquisitionen.
Viele chinesische Anfragen bei KPMG
Westliche Regierungen sollten sich daher schon mal wappnen und überlegen, wie man gleich lange Spiesse für beide Seiten schaffe. Umgekehrt funktionierten Übernahmen in China durch ausländische Investoren nämlich nur sehr eingeschränkt und westliche Firmen könnten lediglich mit kleinen Operationen auf der «grünen Wiese» loslegen.
KPMG bestätigte ebenfalls das starke Interesse der Chinesen. Der Leiter für Mergers und Akquisitionen bei KPMG, Patrik Kerler, sagte an der Veranstaltung, dass bei seiner Firma regelmässig chinesische Anfragen für Übernahmeobjekte unter Schweizer Firmen eingingen.
Missverständnisse in der Kommunikation
Doch mit dem Zukauf allein ist eine Übernahme noch nicht getan. Regelmässig gibt es gerade bei Investoren aus China grosse Hürden bei der Integration. So hätten Chinesen - von ihren lokalen Gegebenheiten verwöhnt - meist viel ambitioniertere Vorstellung vom Wachstum. Da sollte Klarheit auf beiden Seiten herrschen.
Zudem mahnen die Experten, dass es trotz Übersetzern allzu häufig zu Missverständnissen in der Kommunikation zwischen Europäern und Chinesen komme. Sämtliche Beteiligten sollten aber stets das gleiche Verständnis über den künftigen Weg und die Entscheide haben.
Wenig Wille zur Anpassung
Und schliesslich stehen auch kulturelle Unterschiede regelmässig als Hindernisse im Raum. China-Experte Haerri sagt, da müssten eher die Europäer und Amerikaner auf die Chinesen zugehen, weil sich die Asiaten kaum an westliche Gegebenheiten anpassten.
Ein Schweizer Firmenchef in der Schweiz sollte deshalb beispielsweise seinen Gast aus China - entgegen den Gepflogenheiten hierzulande - am Flughafen abholen, weil chinesische Manager dieses Vorgehen aus ihrer Heimat so gewohnt seien, und es nur schon aus einem solchen Versäumnis zur Missstimmung zwischen den Parteien kommen kann.
(sda/gku)