Vor einer Dekade noch ein aufstrebendes Schwellenland, hat sich China seit der Finanzkrise zu einer bestimmenden Wirtschaftsweltmacht entwickelt. Die Einflüsse sind auch hierzulande gross, etwa mit Blick auf die kompromisslose Industriepolitik: Dutzende Schweizer Firmen wurden in den vergangenen Jahren von staatsnahen Firmen aus der Volksrepublik geschluckt, mittlerweile sind über 80 Firmen in chinesischer Hand. «Es kann dem Schweizer Staat nicht gleichgültig sein, wenn auf seinem Gebiet ein anderer Staat geopolitische Interessen ausübt», warnte SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt kürzlich der «Handelszeitung».

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Gleichzeitig wird China immer wichtiger für die hiesige Exportwirtschaft. Das gilt nicht nur für die Vorzeigebranchen Maschinenbau und Pharma. Als Peking in den vergangenen Jahren verstärkt gegen die in der Heimat grassierende Korruption vorging, brachte das die Schweizer Uhrenbranche in Nöte. Von dem empfindlichen Dämpfer erholt sich die Branche nur langsam. Andersherum ist Chinas derzeitige Konjunkturerholung dafür verantwortlich, dass die Weltwirtschaft so stabil wächst.

Tausende Delegierte bestimmen über die Zukunft

Nun steht Chinas Politik einmal mehr im Fokus der Öffentlichkeit: In der kommenden Woche startet in Peking der 19. Parteikongress. 2300 teils hochrangige Delegierte kommen in Peking zusammen, an dem Spitzenfunktionäre der kommunistischen Partei ernannt und wirtschaftliche Prioritäten der Zukunft skizziert werden. «Der Parteikongress ist das wichtigste Einzelevent in diesen Jahr», sagt Steen Jakobsen, Chefökonom und Investmentchef der Saxo Bank. Der Experte stellt einen grundlegenden Paradigmenwechsel in Aussicht, was den einwöchigen Kongress so wichtig macht.

Die Ziele Pekings sind ambitioniert. Angesichts des Verschmutzungsproblems in den Grossstädten will China gemäss Jakobsen, dass bis zum Jahr 2030 alle Autos mit elektrischem Antrieb unterwegs sind. «Das wird China zum Anführer in der Batterietechnologie, bei E-Motoren und der Verschmutzungsreduktion machen», kommentiert der Däne. Das Ziel hält er für realistisch. Er zieht einen historischen Vergleich: Fuhren in New York des Jahres 1900 noch ausschliesslich Pferdekutschen, prägte 13 Jahre später bereits das Automobil das Stadtbild. Kutschen waren verschwunden.

Dominanz Chinas wird zunehmen

Die Ambitionen Pekings gehen schon länger hin zu einer Neuausrichtung der Wirtschaft: Man will nicht länger Werkbank für die Welt sein, sondern hochwertigere Produkte herstellen. Auf ein Mehr an Innovation will in der kommenden Woche auch Chinas Staatschef Xi Jinping drängen, ist Jakobsen überzeugt. «China ist schon heute dominant, aber wird das noch viel stärker werden», sagt er. Schlüsselinnovationen erwartet er in den Bereichen E-Commerce, Fintech und bei elektronischen Bezahlsystemen. Das muss hellhörig machen, denn gerade im Bereich Fintech will die Schweiz in Zukunft eine Vorreiterrolle übernehmen.

Sebastian Heilmann, Sinologe und Gründer des Mercator Institute for China Studies in Berlin, ist überzeugt, dass China einen industriepolitischen Fahrplan verfolgt, den der Westen «kennen muss». Das staatliche Programm «Made in China 2025» sehe etwa vor, in Hightech-Industrien wie Robotik, künstliche Intelligenz, Med- und Biotech sowie Luft- und Raumfahrtindustrie vorzudringen. «China will aufholen und den Westen längerfrisitig überholen, um schliesslich an die Spitze der Wertschöpfungskette zu gelangen», sagte er der «Handelszeitung». Einen Vorgeschmack auf Chinas Ambitionen dürfte Xi Jinping ab kommenden Mittwoch geben.

Export im Fokus

Wohin die Reise gehen kann, zeigte kürzlich eine Studie des Beraters McKinsey auf. Demnach arbeiten die grossen digitalen Player des Landes wie Alipay oder Tencent in Zukunft noch intensiver daran, ihre Produkte ins Ausland zu exportieren. Das gilt auch für die Telekomfirmen: Erst vor Kurzem eröffnete die halbstaatliche Unicom, einer der grössten Telekomanbieter der Welt, in Zürich eine Filiale.