Jüngste Zahlen zum globalen Smartphone-Markt lassen aufhorchen. Der Markt – und Apple in dessen Sog – geraten zunehmend unter Druck. Laut eines Berichts des Marktforschers IDC wurden im ersten Quartal 2016 nur noch leicht mehr Smartphones ausgeliefert als im Vorjahresquartal. Die hohe Sättigung des Marktes hat bei Apple und auch Samsung gar zu einen Rückgang geführt. Die Schwäche der etablierten Anbieter machen sich chinesische Neulinge zunutze, die im vergangenen Quartal beachtliche Wachstumsraten vorweisen konnten.

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Der internationale Trend spiegelt sich auch in der Schweiz. Und das obwohl die Schweiz seit jeher als Apple-Land gilt. Viele Smartphone-Besitzer haben hierzulande ein iPhone in der Tasche. Ein wichtiger Grund: Dank den vergleichsweise hohen Löhnen können Schweizer sich ein solches auch relativ schnell leisten. Eine Kaufkraft-Studie der UBS zeigt, dass man dafür hierzulande nur gerade 20,6 Stunden arbeiten muss (Schlusslicht Ukraine: 627,2 Stunden, siehe unten stehende Bildergalerie).

Negative Premiere

«Schweizer gehören zu den Apple-Usern der ersten Stunde», hält Christoph Glaus vom Vergleichsdienst Comparis fest. Und noch heute sind viele dem Hersteller ihres ersten Smartphones treu. Das wird aber kaum auf ewig so bleiben. Im Gegenteil: Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass der Zenit für Apple auch in der Schweiz überschritten sein könnte.

So sank die Verbreitung des iPhones in der Schweiz gemäss Comparis-Erhebung im ersten Quartal dieses Jahres erstmals, auf nun 54 Prozent. In den Vergleichsstudien 2012 und 2013 betrug der Marktanteil von Apple noch jeweils 55 Prozent, bevor 2014 mit 56 Prozent der höchste Wert erreicht wurde. Beim Onlineshop Galaxus/Digitec sind die iPhone-Verkäufe eigenen Angaben zufolge noch stabil, gleichzeitig nimmt demnach aber die Nachfrage nach chinesischen Marken stetig zu: So gelang es Huawei, sich innert kurzer Zeit unter den vier meistverkauften Marken zu etablieren.

Chinesen holen auf

Huawei belegt denn auch laut der Studie von IDC weiter Platz Eins unter den Apple-Verfolgern. Die neuen Player Oppo und Vivo, die beide seit 2011 auf dem chinesischen Markt mitmischen, holen aber dank dreistelligen Wachstumsraten auf. Oppo vertreibt seine Modelle seit 2012 international, zuerst in Thailand, nun aber auch in vielen anderen Ländern der Welt. Inzwischen stellt das Unternehmen einen Fünftel seiner Smartphones für den ausländischen Markt her. Mit einer Wachstumsrate von 153 Prozent im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum kommt Oppo weltweit auf einen Marktanteil von 5,5 Prozent, was immerhin einen Drittel des Apple-Werts ausmacht.

Konkurrent Vivo ist noch stärker auf den Heimmarkt fokussiert, erst 2014 wagte sich der Smartphone-Produzent nach Indien und Südostasien. Daher lieferte das Unternehmen 2015 auch erst 10 Prozent seiner Produkte ins Ausland. Von Januar bis März diesen Jahres konnte Vivo am fünftmeisten Smartphones ausliefern. Die Zuwachsrate war mit 124 Prozent ebenfalls beachtlich. Die beiden Neulinge haben die traditionsreicheren Konkurrenten Lenovo und Xiaomi aus den Top Fünf verdrängen können.

Positionierung im Premiumsegment

Vivo positioniert sich als Premiummarke. Das X5Pro, eines ihrer bestverkauften Modelle, kostet umgerechnet etwas über 300 Schweizer Franken. Im Vergleich zur iPhone-Familie ist das immer noch ziemlich wenig. Das neue iPhone SE ist in der günstigsten Variante bereits für rund 480 Franken zu haben.

Das iPhone SE im Test:

 

Der Preis sei für Schweizer Konsumenten allerdings nicht der entscheidende Faktor, sagt Comparis-Experte Christoph Glaus. Das zeigt das Beispiel Apple: Die Produkte sind teuer und kamen bislang immer gut an. «Huawei, Lenovo und Xiaomi müssen, wenn sie denn die Schweiz als für sie wichtigen Absatzmarkt erachten, mit Innovation und Qualität punkten.»

Potenzial ist vorhanden

Galaxus-Sprecher Lino Bugmann sieht chinesische Hersteller in diesem Bezug gut aufgestellt: «Smartphones aus China sind in technischer Hinsicht üblicherweise auf dem neusten Stand.» Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimme bei diesen Produzenten. Smartphones von Vivo und Oppo sind in der Schweiz bisher noch nicht erhältlich – heute bleibt der Weg über das Internet. Von der Marke Oppo bietet Galaxus aber bereits Zubehör wie Kopfhörer an.

Bevor die aufstrebenden Marken aus dem Osten Apple auch in der Schweiz gefährlich werden können, müssen sie zwei Hürden überwinden. So befürchtet der Comparis-Experte, dass viele Schweizer, welche nicht sehr technologieaffin sind, gegenüber Produkten aus China grosse Vorbehalte in puncto Qualität haben. Wobei eben gerade dort ihre Stärke liegt. Bugmann sieht die Markenliebe der Schweizer Konsumenten als Markteintrittsbarriere. Das Beispiel Huawei zeige aber, dass hierzulande auch chinesische Hersteller Potenzial haben.

Apple kann sich also auch in der Schweiz nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Der Hype um die frühen Produkte des Techkonzerns noch unter der Ägide von Steve Jobs wird zwangsweise abebben. Dann müssen die neuen Produkte wieder mehr Innovation bringen als etwa die iPhones 6S oder SE.

So lange müssen Arbeiter rund um die Welt für ein iPhone arbeiten: