Der frühere deutsche Vizekanzler und heutige Geschäftsführer des Weltwirtschaftsforums (WEF), Philipp Rösler, übernimmt das Ruder beim grössten Aktionär der chinesischen HNA Gruppe. Bereits zum 1. Dezember wird Rösler CEO der Hainan Cihang Charity Foundation, bestätigt eine mit dem Thema vertraute Person. Auch Bloomberg berichtet über das Engagement. Die in New York ansässige chinesische Stiftung hält mit 29.5 Prozent gemäss Bloomberg die meisten Anteile an HNA, der seinerseits einer der grössten Konzerne Chinas ist und mittlerweile grossen Einfluss in Europa und den USA besitzt.
Für das Davoser WEF bedeutet die Nachricht, dass man in wenigen Wochen ohne Geschäftsführer dastehen wird. Wie ein Sprecher mitteilte, gibt es noch keinen Nachfolger für Rösler. In den kommenden Monaten soll der neue WEF-Präsident Borge Brende «eine grosse Rolle spielen.» Norwegens früherer Aussenminister kennt die Instiution gut und ist seit Oktober erneut beim World Economic Forum tätig. Dort hatte er bereits zweimal die Rolle des Managing Director inne – in den Jahren 2008 und 2009 und von 2011 bis 2013.
HNA mit grossen Beteiligungen in der Schweiz
Der frühere deutsche Spitzenpolitiker Rösler wird damit zu einer wichtigen Figur im undurchsichtigen HNA-Konglomerat. HNA zählt angeblich rund 400'000 Mitarbeiter und hält gemäss Bloomberg Anteile im Wert von rund 180 Milliarden Dollar, viele davon in Übersee. So ist man etwa an der Deutschen Bank mit knapp 10 Prozent und an der Hilton Gruppe (25 Prozent) beteiligt. In der Schweiz hat HNA unter anderem in das Basler Duty-Free-Unternehmen Dufry (20 Prozent) investiert und die früheren Swissair-Töchter Swissport und Gategroup gekauft.
Internationale Aufsichtsbehörden haben den chinesischen Investor mittlerweile auf dem Radar: Im Juli wurde bekannt, dass die chinesische Regierung HNA als «irrationalen Käufer» einstuft. Einheimische Banken sollten deshalb keine Gelder für Firmenkäufe im Ausland mehr gewähren. Die Sorge gilt dort offenbar vor allem dem grossen Geldabfluss ins Ausland. Zudem berichteten Medien, dass auch wichtige Wall-Street-Banken die Zusammenarbeit mit HNA überdenken würden. Die Europäische Zentralbank prüfte im Sommer eine Untersuchung gegen das Konglomerat.
Undurchsichtige Hainan-Stiftung
Auch über die Geldquellen von HNA herrschte lange Unklarheit. Der ursprünglich grösste Aktionär, ein Mann namens Jun Guan, verschwand von der Bildfläche. Seine Aktien, die er gemäss HNA lediglich für den Konzern hielt, gingen in zwei Stiftungen über – eine davon ist Hainan Cihang, zu der Rösler nun wechselt. Gemäss einem Bericht des «Wall Street Journal» wurde die Stiftung erst im vergangenen Dezember ins Leben gerufen und war noch in diesem Sommer ohne Stiftungszweck.
Sukzessive stieg in den vergangenen Monaten der von der Stiftung gehaltene Anteil an HNA, irgendwann soll Hainan Cihang laut Unternehmensmitteilung alle Anteile an dem Mischkonzern halten. Nach HNA-Angaben liegen weitere knapp 20 Prozent bei einer weiteren Stiftung, die restlichen 47,5 Prozent sind demnach in der Hand von zwölf Spitzenmanagern. Allein die beiden Mitgründer Chen Feng und Wang Jian halten nach einem Dokument, in das die Nachrichtenagentur Reuters Einsicht hatte, jeweils knapp 15 Prozent.
Für Bloomberg ist das Engagement von Rösler bei Hainan Cihang nun ein Zeichen, dass HNA langfristig in Europa Fuss fassen will. Unbestätigten Angaben zufolge wird Rösler für die Stiftung vor allem von Zürich aus tätig sein.