Am Medienempfang zum 10-jährigen Jubiläum liess Citynightline (CNL) einen Knüller platzen: Mit Night&Flight wird in Zusammenarbeit mit Swiss erstmals ein Kombiticket angeboten, das den Hin- oder Rückweg wahlweise auf dem Schienen- oder Luftweg ermöglicht. Dieser Primeur eröffnet etwa für Geschäftsleute neue Perspektiven: Wer früh morgens ein Meeting oder einen Messetermin hat, kann nachts anreisen und dank Rückflug gleichwohl abends wieder zuhause sein. Sämtliche Zürcher und Basler Swiss-Flüge nach oder von Frankfurt, Berlin, Hannover, Hamburg, Düsseldorf und Amsterdam lassen sich mit allen CNL-Destinationen verbinden; für besondere Flexibilität sorgen kulante Umbuchungsmöglichkeiten und keinerlei Aufenthaltsrestriktionen.
Bei soviel Freizügigkeit erscheint der vierstufige Preis von 299 bis 499 Euro (von Eco-/Eco- bis Deluxeabteil/Businessklasse) kompetitiv. Jedenfalls ist dies kaum mehr als der reguläre Retourtarif im gleichen Verkehrsmittel. CNL beweist damit, dass sie nicht einfach mit Kampfpreisen gegen die Billigflieger reagieren muss, sondern auf kreative Art Paroli zu bieten weiss. Interessant ist diese Partnerschaft mit Swiss auch vor einem aktuellen Hintergrund: Als Tochter der Deutschen Bahn (DB) mit Schweizer Sitz gibt die CNL ein valables Vorbild für die anlaufende Lufthansa-Integration von Swiss.
Swissness ohne SBB
Das war nicht immer so: «Eigentlich war der Start 1995 ein grosser Flop», räumt der heutige Geschäftsführer Winfried Czilwa ein, «statt der erwarteten 300000 Passagiere zählten wir im ersten Jahr nicht mal die Hälfte.» Der neue Komfort dieser Schlaf- und Ruhesesselwagen fand zwar grossen Anklang, doch ohne den «konzeptfremden» Liegewagen schien fraglich, ob jemals schwarze Zahlen zu erzielen wären. Erst Ende 1999 wurde die traditionelle, günstige «Pritschenklasse» auch bei CNL eingeführt. Sie ist inzwischen auch die meistgebuchte Klasse. Obschon damals der Turnaround in Sicht war, stiegen Anfang 2000 auch die SBB aus, nachdem die ÖBB als Dritter Partner die Ursprungsfirma D.A.CH Hotelzug AG schon 1996 verlassen hatten.
Gleichwohl setzte das neue deutsche Management weiterhin auf den Standort Zürich. Bei der Verpflegung lässt sich damit über heimische Produkte auch sympathische Swissness verkaufen. Schweizer Kunden werden durch deren fehlende Konsequenz auch mal irritiert nur Euro-Preise im Internet, Callcenter nur in Deutschland.
Zum Wachstum der letzen Jahre haben neben der neuen Linie nach Amsterdam die steten Innovationen beigetragen: Fahrradwagen, die für bis zu 80% Zuwachs an Velopassagieren sorgten, pauschale Anschlusstickets, Ausbau des Internet-Buchungsangebots oder das Vielfahrerprogramm CNL Club. Als nächster Kundenservice soll an den deutschen Bahnhöfen das DB-Carsharing angeboten werden.
Für die Zukunft sind andere Brötchen im Ofen: Eine ambitiöse Expansion. Start macht ab nächster Woche der mit einem direkten Kurswagen wiederaufgenomme «Sirius» nach Norddeich Mole. CNL möchte sich damit vermehrt auch als «Feriennightline» positionieren. Bis ins Jahr 2010 sollen auch Züge nach Kopenhagen, Rügen und Prag fahren. Und nach Rom. Die für 2004 erhoffte und von der italinenischen FS dann doch stornierte Vergabe der lukrativen Italien-Linie gehört zu den wenigen CNL-Rückschlägen. Weiter sind als Fernziele Paris/London (trotz TGV) und Warschau anvisiert.
DB konkurrenziert sich selbst
Damit hätte CNL fast das Zeug, zu einer neuen Compagnie des Wagons Lits zu werden. Für solch eine Premium-Marke (neben der spanischen Elipsos, welche die Talgo-Nachtzüge betreibt) scheint aber eine Neupositionierung innerhalb der DB-Gruppe dringend. Während die internationale CNL letztes Jahr noch aus wirtschaftlichen Gründen die neue Binnenstrecke München-Dresden übernehmen musste, betreibt die im Inland verankerte DB Nachtzug auch etliche Auslandskurse. Die DB selber steuert mit D-Zügen und Urlaubs-Expressen noch eigene «Konkurrenz» bei.
Angedacht hat CNL die Kooperation mit Franchise-Partnern, damit ihr Anspruch eines hochwertigen Nachtzugverkehrs nicht mehr durch unqualifizierte, veraltete Betreiber beeinträchtigt wird.
Citynightline: Reisen im Schlaf ist wieder gefragt
Die Citynightline CNL AG mit Sitz in Zürich ist eine 100%-Tochter der DB Fernverkehr AG. CNL wird von Winfried Czilwa geleitet, der auch in der Führung der DB Autozug sitzt. Diese betreibt mit DB Nachtzug schon längerauch eine eigene Schlafwagenmarke. Czilwa kam im Jahr 2000 als Sanierer zu CNL. Seine Mission in Zürich dürfte gelegentlich erfüllt sein.
CNL verbindet mit acht Kursen über 70 Destinationen in Deutschland, Holland, Österreich und der Schweiz und bietet in drei Wagenklassen sieben Komfortstufen an.
Mit einem jährlichen Zuwachs von rund 100000 Passagieren konnte CNL seit 2002 kräftig zulegen; die 2004 beförderten 715629 Passagiere (davon bereits 7% via Internet gebucht) bedeuten erneut ein Plus von 17%. Der Umsatz konnte um 11% auf 89,5 Mio Fr. gesteigert werden, woraus ein Gewinn von 3,1 Mio Fr. resultierte.
Das neuartige Night&Flight-Angebot gilt ab 12. Juni 2005 und ist wegen der komplizierten Vernetzung von Bahn- und AirlineSystemen vorerst nur telefonisch buchbar. (h+h.)