Die Optimierung des Claims Managements ist eine Schlüsselstrategie, um positive Kundenerlebnisse zu schaffen und dadurch die Kunden zu binden, und um in einem wettbewerbsintensiven Markt Kosten zu senken und bestehen zu können. Gemäss Mathias Zingg, Leiter Schaden bei der Basler Versicherungen, gibt es vereinfacht drei mögliche Stellhebel: erstens über Mitarbeitende, zweitens über Systeme, Plattformen und Tools sowie drittens über Netzwerkpartner. Daten, Technologiekompetenz und Kultur seien dabei entscheidende Faktoren im Hintergrund, welche diese Stellhebel zur Wirkung bringen.
Stellhebel # 1:Die Mitarbeitenden
Die Märkte sind gesättigt und die Versicherungsleistungen sind austauschbar geworden. Die Schaden-Mitarbeitenden sind der entscheidende Erfolgsfaktor: Sind sie motiviert und stärkenorientiert eingesetzt, können sie den einen wichtigen Unterschied machen. Allerdings werden sich laut Zingg die Stellenprofile verändern. Standen früher vor allem fachliche Fähigkeiten im Vordergrund, werden in Zukunft technische, kommunikative und koordinative Fähigkeiten umso wichtiger.
Stellhebel # 2: Systeme, Plattformen und Tools
Bei den Entwicklungs- und Betriebsumgebungen der IT zeige sich Handlungsbedarf, so das Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen, welches 2017 mit EY Innovalue die Studie «Die Chancen der IT in der Digitalisierung von Versicherern» erstellt hat. Die Studienleiter legen den Versicherungsgesellschaften nahe, die Prozessintegration und Automatisierung voranzutreiben.
Stellhebel # 3: Die Netzwerkpartner
Versicherungen sollten sich gemäss der bereits genannten Studie ihrer internen Stärken und Schwächen bewusst werden und diese in der Planung von Sourcingmodellen oder Cloudlösungen berücksichtigen. Die Kooperation mit externen Anbietern könne, so sind sich die Studienleiter sicher, Kosten reduzieren. Um dabei flexibel zu bleiben, empfehlen sie variable Vertragsstrukturen mit Dienstleistern.
Wirkungsgrösse Abwicklungseffizienz
Das im Jahr 2016 von EY veröffentlichte E-Book «The future of claims» bestätigt die Beobachtung, dass Kunden zunehmend weniger komplexe Schadensfälle vollständig über digitale Kanäle abwickeln wollen. Die Direktverarbeitung zeigt deutlich das Potenzial verschiedener Arten von niederwertigen, hochfrequenten Verbindlichkeiten, insbesondere in der Personenversicherung wie Reise- und Haushaltsschäden oder bei der Bearbeitung von Windschutzscheibenschäden. Durch eine vollständige Automatisierung könnte das Verfahren ein hohes Mass an Kundenbindung dank Online-Self-Service-Management und sofortiger Zufriedenheit beinhalten und zur Renditesteigerung beitragen, vermuten die Studienleiter.
Wichtige Erkenntnisse bezüglich Kundenzufriedenheit finden sich in der Studie «Warum der Kundenservice im Schadenfall so wichtig ist», von Accenture aus dem Jahr 2014. Gemäss den Umfrageergebnissen sind nur 14 Prozent der Kunden unzufrieden mit der Schadenregelung. Von diesen unzufriedenen Kunden planen 83 Prozent den Wechsel zu einem anderen Anbieter oder haben diesen bereits vollzogen.
Die beiden am Häufigsten genannten Haupttreiber der Kundenzufriedenheit sind rasch aufgezählt: die Geschwindigkeit der Abwicklung und die Transparenz des Schadensmanagementprozesses. Etwas differenzierter sieht das Mathias Zingg.Aus seiner Sicht gibt es zwei essentielle Kundenbedürfnisse, die abgedeckt werden müssen. Erstens Convenience und zweitens persönlicher Service, also Care. Daraus leitet er ab, dass Schnellschäden so einfach, transparent und verständlich wie möglich abgewickelt werden müssen, komplexere Fälle hingegen so individuell und persönlich wie möglich.
Alle Elemente verknüpfen
Betrachtet man die aktuellen Forschungsergebnisse von Gartner, werden bis 2020 rund 85 Prozent der Kundenbeziehungen automatisiert sein. Eine der betroffenen Branchen wird die Versicherungswirtschaft sein. Die digitale Disruption ist denn auch seit vielen Jahren ein relevantes Thema in der Versicherungswirtschaft. Es geht darum, das eigene Geschäftsmodell und die angebotenen Dienstleistungen an die sich wandelnde Gesellschaft anzupassen.
Die Versicherungsindustrie steht unbestritten vor weitreichenden Veränderungen. Die herrschenden Marktbedingungen zwingen Versicherer ihre Geschäftsmodelle zu überprüfen, um das notwendige Wachstum und die notwendige Rendite erwirtschaften zu können. Das Claims Management wird dabei noch viel stärker die Rolle des wichtigsten Renditetreibers wahrnehmen müssen. Seine Positionierung und Wahrnehmung wird sich wesentlich verändern.
Den vollständigen Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe der «Schweizer Versicherung».