Es klang nach Révolution. Mit französischer Grandezza verkündete der neue CEO von Danone seinen Plan: «une personne, une voix, une action». Emmanuel Faber versprach am Treffen der Aktionäre in Paris einen regelrechten Paradigmenwechsel: «Die wichtigste Ankündigung unserer Generalversammlung ist unsere Absicht, den Angestellten von Danone die Macht zu übertragen, voll beim Bau unserer Zukunft mitzuwirken; es ist unser Entscheid, den Teams die Mission zu überantworten, unsere Zukunft zu suchen und diese, dank einem radikal neuen Leitungsmodell, zu gestalten.»
Konkret hiess das: Die gut 100'000 Beschäftigten des französischen Nahrungsmittelkonzerns erhalten bis Ende dieses Jahres eine Gratisaktie.
Kein Machtfaktor
Was sich dann genau besehen als völlig prosaische Sache entpuppt: Insgesamt sind 684 Millionen Danone-Aktien im Umlauf – die Mitarbeiter werden mit ihren 104'000 neuen Aktien also nie und nimmer zu einem Machtfaktor. Derzeit halten sie etwa 1,3 Prozent am Pariser Joghurt-Konzern, durch die «One Vote»-Aktion kommen nochmals etwa 0,15 Prozent hinzu.
Zum Vergleich: Mit Anteilen um 5 bis 6 Prozent können beispielsweise JP Morgan und Blackrock ein ganz anderes Gewicht in die Waagschale werfen.
Wer ist lauter: Ein Fonds oder 100'000 Mitarbeiter?
Aber darum geht es gar nicht. Seit längerem hat das Danone-Management einen amerikanischen Gegenspieler im Nacken: Corvex Management, ein New Yorker Hedge Fund, baute im Sommer 2017 einen Anteil im Wert von rund 400 Millionen Franken auf. Denn die Danone-Titel lahmten seit langem, Corvex-Chef Keith Meister erachtete den französischen Nahrungsmittelriesen als unterbewertet – und begann nun, erstens mehr Effizienz und zweitens einen Verwaltungsratssitz zu fordern.
Auch Corvex hat – ähnlich Third Point bei Nestlé – nicht das Gewicht, um das Management zu irgend etwas zu zwingen. Aber der Fonds kann weitere unzufriedene Aktionäre um sich scharen. Nun aber schafft Emmanuel Faber mit den Mitarbeitern ein spürbares Gegengewicht. Denn diese Neu-Aktionäre werden deutlich weniger Interesse an McKinsey-Übungen und Shareholder Value haben. Zugleich aber dürften sie in der öffentlichen Diskussion, in Politik, Medien wie an den Generalversammlungen eine überaus hörbare Stimme bilden.
«Die riskantere Lösung»
Zwar widersprach Konzernchef Faber einem Interview mit «Le Monde» dieser Interpretation: Er beachte Corvex gar nicht, er habe noch nie mit den Herren aus Amerika gesprochen. Aber dann erklärte er, dass hier durchaus eine grundsätzliche Frage angegangen werde: Soll Danone ein langfristiges Entwicklungsziel verfolgen – oder richtet es sich nach kurzfristigen Aktionärsinteressen?
Es wäre für ihn ein Leichtes, die Verkäufe zu steigern und den Cashflow kurzfristig zu erhöhen, so Faber. Aber damit würde die Position von Danone im Nahrungsmittel-Markt der Zukunft geschwächt.
«Das wäre die riskantere Lösung», so Emmanuel Faber. «Wir haben den anderen Weg gewählt, er bevorzugt die lange Sicht.» Und dabei sei das Engagement der Mitarbeiter ein wichtiger Faktor.
Diskussion und Vergleich der beiden Fälle Nestlé und Danone:
Michel Albouy, Grenoble Ecole de Management GEM: «Et Danone changea de modèle… et transforma ses salariés» en actionnaire». — «Nestlé dans les serres d’un hedge fund activiste», in: «The Conversation».