Es sind vor allem fundamentale Faktoren, welche Hausse-Befürworter für eine weitere erwartete Rohstoffpreissteigerung geltend machen. Das anhaltende Wachstum der Schwellenländer, allen voran dasjenige in China, sorgt für einen Mehrverbrauch an erdölbasierten und sonstigen Rohstoffen. Aus diesen Ländern wurden denn auch deutlich mehr industrielle Metalle nachgefragt. So war etwa China gemäss World Economic Outlook des IWF vom vergangenen September zwischen 2002 bis 2005 für über 85% der weltweiten Konsumsteigerung bei Nickel und Zinn verantwortlich sowie für die Hälfte des Mehrverbrauchs von Kupfer und Stahl.

Historisch betrachtet besteht ein enger Zusammenhang zwischen Weltwirtschaftswachstum und Rohstoffpreisen. Goldman Sachs geht davon aus, dass die jährliche BIP-Steigerung der BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und China dasjenige der G6-Staaten im Jahre 2039 übertreffen könnte.

ETF als Katalysatoren

Während Verfechter der Hausse-Theorie grösstenteils mit Fundamentalfaktoren argumentieren, führen zur Baisse tendierende Investoren Spekulationsargumente ins Feld: Da die Rohstoffmärkte während der letzten vier Jahre mit Geld überschwemmt wurden, hätten sich die realen Werte von den Fundamentaldaten abgekoppelt und so eine Spekulationsblase verursacht. Eine wichtige Rolle bei der Steigerung der Handelsvolumen in Rohstoffen spielte das Wachstum von ETF (Exchange Traded Funds), das nicht zuletzt durch die verstärkte Nachfrage nach Gold gestützt wurde. Inzwischen zählen die börsengehandelten Indexfonds nach den Zentralbanken zu den zehn grössten Besitzern von Goldbarren.Kurzfristig betrachtet scheinen die «Bären» über die besseren Argumente zu verfügen, denn sobald die Zinssätze steigen, verlieren Carry Trades an Attraktivität. Langfristig hingegen dürfte sich das anhaltende Wachstum in China und Indien positiv auf diverse Rohstoffsektoren auswirken. Die Herausforderung besteht jedoch darin, in diejenige Rohstoffsektoren zu investieren, deren Grundlagen stark genug sind, um das Risiko einer möglichen kurzfristigen Blase abzufedern.

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Hoher Metallverbrauch

Auf den ersten Blick scheint der Sektor für Industriemetalle wenig attraktiv zu sein. Da jedoch der Metallverbrauch in Entwicklungsländern aufgrund von Investitionen in Infrastruktur und Produktionsbetriebe parallel zum BIP-Wachstum steigt, gehörten die Metallproduzenten während des Rohstoffbooms zu den grössten Nutzniessern. So nahm etwa der weltweite Zinnkonsum gemäss IWF-Outlook von 1,3% zwischen 1993 bis 2002 auf 8,1% in den Jahren 2002 bis 2005 zu. Ebenso legte der Stahlkonsum zwischen 1993 bis 2002 von 3,4 auf 9,2% in den Jahren 2002 bis 2004 zu.Als Resultat daraus werden inzwischen für Metalle wie etwa Kupfer Preise bezahlt, die weit höher liegen als deren Produktionsgrenzkosten. Es ist deshalb wichtig, sich auf diejenigen Metalle zu konzentrieren, für die einerseits eine starke Nachfrage prognostiziert wird und die anderseits nicht einfach substituierbar sind. Zu solchen Metallen gehört nebst Kupfer auch Nickel.Ähnlich positiv sind auch die Aussichten für den Energiesektor. So pendelte etwa der Ölpreis in der ersten Aprilhälfte dieses Jahres zwischen 60 und 65 Dollar und lag damit substanziell über der im Jahr 2004 erreichten Preisspanne von 30 bis 40 Dollar. Darüber hinaus kündigte die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) an, den Preis durch Produktionsdrosselung stützen zu wollen. Bleibt der Ölpreis auf diesem hohen Niveau, gewinnen alternative Energien, insbesondere Ethanol, an Bedeutung. Brasilien ist zurzeit der weltweit grösste Ethanolproduzent und ersetzt damit geschätzte 40% seines Benzinverbrauchs. Der weltweit führende Zuckerproduzent und -exporteur, Brasilien, destilliert Ethanol aus Zuckerrohr und reduziert damit das weltweite Rohrzuckerangebot. Infolgedessen stiegen die Zuckerpreise zwischen 2005 bis Februar 2006. Da die Preise seither wieder gesunken sind, wird davon ausgegangen, dass Brasilien die Ethanolproduktion erneut steigern wird.Ähnliches geschieht in den USA: Der weltweit grösste Maisproduzent destilliert Ethanol aus Maiskulturen. Im Jahr 2005 versprach der US-Kongress den Maisanbauern einen finanziellen Zustupf, falls es gelingen sollte, Benzin mit Ethanol zu mischen, um das Benzin sauberer verbrennen zu können. Weil die steigende Ethanolnachfrage zeitlich mit tieferen Maisernten zusammenfiel, erhöhten sich die Maispreise substanziell.Last but not least könnten höhere Ölpreise auch die Kohlepreise anheizen. Derzeit wird Kohle vorwiegend für die Stromproduktion verwendet. Dank neuester Technologien kann Kohle inzwischen aber auch in Benzin, Diesel oder Gas umgewandelt werden. Die Kommerzialisierung solcher Technologien würde Ländern wie Amerika und China, welche über die grössten beziehungsweise drittgrössten Kohlereserven der Welt verfügen, zu einer autarkeren Energieversorgung verhelfen.

Gute Perspektiven

Ein genauer Blick auf die Fundamentaldaten zeigt, dass die Perspektiven für viele Rohstoffsektoren trotz kurzfristiger Marktvolatilitäten noch immer positiv sind. Dennoch sollten Investoren bei der Auswahl der Sektoren wählerischer sein als in den vergangenen Jahren. Für die Investition in den Rohstoffsektor bieten sich sowohl traditionelle Fonds an, welche in Aktien von Rohstoffen anlegen, als auch Fonds mit Fokus auf Rohstoff-Futures. Da die Investition in Futures viel Know-how und ein flexibles Reaktionsvermögen erfordert, sind Aktienfonds für ein breiteres Publikum geeigneter. Zudem sind viele Rohstoffvaloren nach wie vor unterbewertet, während gewisse Commodity-Futures bereits rekordverdächtige Höchststände erreicht haben.

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Charles Ober, Portfolio Manager, Global Natural Resources Equity Strategy, T. Rowe Price International, Inc., London.