Die Lausanner Brokerfirma Compagnie Financière Tradition (CFT) ist unter Schweizer Anlegern kaum bekannt, obwohl sie mit einem Giganten wie Nestlé vieles gemeinsam hat: Das Unternehmen ist auf der ganzen Welt präsent, gehört in seiner Branche zu den wichtigsten Anbietern, erzielt aber in der Schweiz nur 1 bis 2% des Geschäftsumsatzes.
Die Händler der CFT geschäften sozusagen mit allem, was an den Finanzmärkten den Besitzer wechselt. Sie mischen mit im Geschäft mit Aktien, Obligationen, Devisen, Geldmarktpapieren, Derivaten, Rohstoffen und Energiekontrakten. Dank dieser Vielfalt und diverser Übernahmen ist die CFT in den letzten Jahren zum drittgrössten Broker der Welt aufgestiegen. Im Durchschnitt nahm der Umsatz seit 1998 um 15% auf 791,5 Mio Fr. (2002) zu, während der Betriebsgewinn gar um 25,7% auf 54,4 Mio Fr. stieg Nur die beiden britischen Firmen CS Tullett und ICAP erzielen im Brokergeschäft einen noch höheren Umsatz.
Trotz dieses rasanten Wachstums hat die Firma immer noch grosse Mühe, sich bei den Investoren einen Namen zu schaffen. Abschreckend wirkt auf den ersten Blick die Tätigkeit als Broker. Über die UBS und die CS Group sind viele hiesige Anleger in diesem Bereich engagiert oft mit schlechten Erfahrungen. Abrupte Kursänderungen an den hektischen Obligationen- und Aktienmärkten haben beiden Banken schon hohe Verluste eingebrockt. Doch gegen solche Einbrüche ist CFT gefeit. Sie betreibt keinen Eigenhandel, sondern bringt nur Handelsparteien zusammen. Ihr Geschäftsgang hängt also vor allem davon ab, wie lebhaft das Geschehen an den Finanzmärkten verläuft.
Vielen Anlegern dürfte auch missfallen, dass der Free-Float der Aktie mit 28% eher klein ist. Alle übrigen Titel sind im Besitz der französischen Gesellschaft Viel, die wiederum mehrheitlich dem CFT-Präsidenten Patrick Combes gehört. Zumindest bis jetzt war der Franzose aber der Garant für den Erfolg. Er war es, der die kleine französische Brokerfirma Viel zum weltumspannenden Imperium ausgebaut hat. Ein grosser Schritt dazu war die Übernahme der Lausanner Tradition im Jahre 1996.
Überragende Performance
Seither ist auch der Aktienkurs rasant gestiegen. Annualisiert beträgt die Performance seit Ende 1996 50,4%. Damit überflügelt das Unternehmen etablierte Gesellschaften wie die UBS oder Vontobel bei weitem. Rückschläge erlitt allerdings auch die CFT; doch sie sind weniger heftig ausgefallen, als man das bei einer Aktie eines Finanzmarktbrokers erwarten würde. Am grössten war die Kurseinbusse im Jahr 2002 (21,1%), als die Versicherungen und Pensionskassen an den internationalen Börsen mit ihren panikartigen Aktienverkäufen einen Sturm auslösten.
In diesem Jahr hat sich der Aktienpreis aber wieder erholt (+43%). Die Stimmung an den Finanzmärkten kam der CFT dabei entgegen. Am meisten Geschäfte tätigt die Firma nämlich, wenn die Preise von Finanzanlagen stark schwanken, die Volatilität also hoch ist wie im vergangenen Frühling. In solchen Zeiten ist es für Grossanleger wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen überlebensnotwendig, sich gegen Kursschwankungen mit Hilfe unterschiedlicher Finanzinstrumente abzusichern. Die CFT kommt dabei ins Spiel, indem sie etwa eine Bank und eine Versicherung mit gegensätzlichen Bedürfnissen zusammenbringt.
Obwohl die Volatilität an den Aktienmärkten in den letzten Monaten stark gesunken ist, laufen die Geschäfte der CFT laut Aussagen von Combes weiterhin ausgezeichnet. Der Monat August sei besser gewesen als im Vorjahr, und auch der September habe sich gut angelassen, sagt der CFT-Präsident.
Offenbar profitiert die Firma auch davon, dass es ihr gelungen ist, ihre Aktivitäten sehr breit abzustützen. Der schwankungsanfällige Aktienhandel macht nur den kleineren Teil des Geschäfts aus, im ersten Halbjahr etwa 35%. Viel bedeutender war der Handel mit Währungs- und Zinsinstrumenten, die im ersten Halbjahr 55% des Umsatzes einspielten.
Diese Diversifikation ist für den geschäftlichen Erfolg der CFT aber auch nötig, denn das Unternehmen muss immer wieder mit kleinen Rückschlägen fertig werden. So lief das Energiegeschäft in den USA im letzten Jahr wie geschmiert, im ersten Halbjahr sank das Volumen aber um 50%. Doch weil das Unternehmen auf vielen Beinen steht, hat es solche Rückschläge jeweils problemlos verkraften können.
Überkapazitäten als Gefahr
Schwieriger würde die Situation für die CFT, wenn die an Finanzmärkten gehandelten Volumen über Nacht zusammenbrechen würden. Laut Combes sind denn auch allfällige Überkapazitäten die grösste Gefahr im Handelsgeschäft. Offenbar hat der Chef aber eine harte Hand. Er zögert nicht lange mit Sparübungen, wenn sich das Umfeld verschlechtert. Dem Grossaktionär Combes ist ein hoher Aktienkurs ein wichtiger Antrieb seiner Arbeit.
Auch sonst bemüht sich der Firmenchef darum, das Interesse der Anleger auf seine Firma zu lenken: So streicht er bei jeder Gelegenheit die krisenresistente Finanzierung hervor. Solid ist das Unternehmen, denn das Eigenkapital macht 44% der Bilanzsumme aus. Trotzdem müssen die Aktionäre nicht darben. Immerhin hat die CFT für das vergangene Geschäftsjahr eine Dividende von 4 Fr. pro Aktie ausgeschüttet, was selbst nach dem starken Kursanstieg in diesem Jahr noch eine Rendite von 4,1% ergibt. Das Ziel von Combes ist es, den Aktionären auch für 2003 eine Dividende von 4 Fr. auszubezahlen.
Selbstverständlich glaubt Combes auch, dass seine Gesellschaft im Vergleich mit den Konkurrenten unterbewertet sei. Auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis bezogen trifft dies zu: Für die CFT liegt es auf der Basis des letztjährigen Gewinns bei 16, während ICAP und CS Tullett deutlich darüber liegen. Andererseits gehören diese drei Broker zu den am höchsten bewerteten Unternehmen des Finanzbereichs. Der Titel der CFT ist daher anfällig für Rückschläge, erhält durch die hohe Dividende aber eine Stütze.
CFT in Zahlen Angaben in Millionen Franken
2000 2001 2002 2003E
Umsatz 645 829 791 745
Betriebsgewinn 51 85 54 63
Betriebsrendite (in %) 8.00 10.20 7.00 8.45
Gewinn pro Aktie (in Fr.) 5.20 8.70 6.00 6.80
KGV 19 11 16 14
Dividende (in Fr.) 1.50 2.00 4.00 4.00
Dividendenrendite (in %) - - 4.10 4.10
Tipp: Die Compagnie Financière Tradition (CFT) hat ihren Aktionären grosse Gewinne gebracht. Inzwischen ist der Titel aber höher bewertet als die Aktien von Vermögensverwaltern oder Universalbanken. Das ist bis zu einem gewissen Grad gerechtfertigt. Die Aktie ist jetzt aber rückschlagsgefährdet. Ein tieferer Kurs wäre aber in jedem Falle eine Kaufgelegenheit.