Die Computer-Fachzeitschriften haben im schweizerischen Blätterwald ihren festen Platz. «PCtip», die grösste unter ihnen, hat eine beglaubigte Auflage von 62000 Exemplaren. Viel geringer ist die Auflage der Zeitschriften, die sich an das exklusive Publikum der IT-Kaderleute, Informatikleiter und die mit Grosscomputern arbeitenden Fachleute wendet. Neben den grösseren vier Zeitschrif-ten «Computerworld», «Infoweek», «IT-Reseller» und «Netzwoche» existieren etliche weitere kleine Blätter; diese gelten als unkritische Plattformen, die gegen Inserateraum zahme PR-Texte der Computerindustrie unredigiert eins zu eins abdrucken.
Nach dem Boom bei den Computer-Fachzeitschriften folgte in den letzten drei Jahren die Ernüchterung. Viele Redaktionen mussten Journalisten entlassen, die Budgets wurden dezimiert. Jetzt lancieren die beiden Ex-IT-Reseller-Kaderleute Christoph Hugenschmidt und Hans Jörg Maron mit ihrem neu gegründeten Verlag Huron in Zürich zwei neue Online-Zeitschriften. Sie suchen ihre Leser aus dem Umfeld der IT-Industrie.
Viele andere Projekte aus dem Online-Bereich waren kläglich gescheitert was möchte Christoph Hugenschmidt anders machen? «Wir möchten mit Analysen noch näher an die Leser und weniger produkte- und PR-lastig sein wie die bisherigen existierenden Medien für diese Zielgruppen.» Vorbilder sind für ihn etwa die «Computer Business Review» und die Webseite von «The Register». Zu den Partnern gehören der Computerkonzern Sun Microsystems, der Informatik-Distributor Also und das schweizerische Softwarehaus Abacus. «Alle drei sind in ihren Bereichen in der Schweiz führend, wir haben aber vereinbart, dass sie inhaltlich absolut keinen Einfluss haben», erklärt Christoph Hugenschmidt diese Beziehungen.
Niemand setzt auf Online
Er ist zuversichtlich, überleben zu können. «Vertreter aus der Industrie haben uns signalisiert, dass sie unser Projekt für sinnvoll halten, zudem haben wir ein schlankes Geschäftsmodell.» Den Online-Markt hält er für zukunftsträchtig. «Der Trend in den USA geht dahin, in der Schweiz investiert niemand in einen solchen Auftritt, weil alle sagen, es lohne sich nicht.» Das soll sich jetzt ändern der Start erfolgt am 30. September in Zürich, dann steigt im «Schiffbau» die grosse Party.
Ob zu den weiteren Firmenjubiläen wieder Champagner geöffnet werden kann, hängt entscheidend von der Haltung der Firmen mit den grossen Werbebudgets ab. «Grundsätzlich sind wir als Microsoft immer offen, uns neue Ideen im Bereich der Kommunikation anzuschauen und bei Eignung für unsere Botschaften und Zielgruppen zu nutzen», sagt Daniel Moschin, Marketingzuständiger bei Microsoft. «Typische Werbekampagnen teilen sich bei uns im Moment in ungefähr 80% Print und 20% Online auf, wir geben also bereits einiges für Online-Werbung aus.» Die Personen, die hinter diesen neuen Medien stehen, sind laut Daniel Moschin ausgewiesene Profis im Bereich des IT-Journalismus.
«Online-Medien sind für uns sehr interessant», sagt auch Hansruedi Kuster, Marketingchef des deutschen Softwarehauses SAP in der Schweiz. «Wir schalten in solchen Medien dann gezielt Werbung, wenn wir beispielsweise auf einen bestimmten Anlass hinweisen möchten.» Für SAP sind laut Hansruedi Kuster die gedruckten Wirtschaftsmedien wichtiger als die Fachzeitschriften.
Auch für Axel-Christoph Hinze, Marketingchef bei Computer Associates für die Schweiz und CEE (Central Eastern Europe), sind solche neuen elektronischen Medien interessante Werbeträger. Den elektronischen Medien gibt Hinze gute Chancen. Das Inserategeld, das er dorthin leitet, wird zulasten der gedruckten Medien gehen.
Bei Hewlett-Packard (HP) werden Inseratekampagnen laut Brigitte Ackermann, die den KMU-Marketing-Kommunikations-Bereich in der Schweiz leitet, international vorbereitet. Sie hat spezielle Budgets für die Bannerwerbung im Internet. «Den KMU-Bereich sprechen wir über andere Medien an als den Consumer-Bereich», erläutert Brigitte Ackermann. Bei HP beobachtet man bei Neulancierungen zuerst, wie sich ein Medium entwickelt.
Beim US-Softwarehersteller Oracle ist Online-Werbung laut Miguel Bayo, zuständig für das Marketing in der Schweiz, immer attraktiv gewesen. Wenn Oracle Werbung für Applikations-Software schaltet, geht man eher in die Wirtschaftspresse, für Datenbanken in Richtung IT-Fachmedien.
Karlheinz Pichler, Chefredaktor der «Computerworld», glaubt nicht an einen Erfolg der neuen Online-Medien mit speziellen Inhalten für IT-Fachleute. «Online-Medien haben in den USA einen anderen Stellenwert als hier, und Schweizer IT-Fachleute gehen eher direkt zu den amerikanischen und deutschen Webseiten wie eetimes.com oder heise.de. Ich glaube nicht, dass ein schweizerisches Portal mit schweizerischen Informationen dagegen ankommen kann.» Der Markt sei dafür einfach zu klein, zudem sei auch die Unabhängigkeit durch die intensive Zusammenarbeit mit bestimmten Computerherstellern nicht unbedingt gewährleistet.
Print und Online kombinieren
Thomas Brenzikofer, Mitinhaber und Chefredaktor der «Netzwoche», sagt, dass eine weitere Internet-Plattform das Online-Werbegeschäft im ICT-Bereich durchaus beleben könne. Die «Netzwoche» hat laut Thomas Brenzikofer eine stabile Druckauflage von 12000 Exemplaren. Seit diesem Sommer stellt er eine Erholung bei den Inseraten fest.
«Die grosse Mehrheit der Inserenten verlangt nach wie vor Werbung in einem Printmedium», meint Markus Häfliger, Chefredaktor des «IT-Reseller». «Die Leser andererseits orientieren sich im Web meist nur oberflächlich und schnell, und die neuen Werbeformen werden dabei als störend empfunden.» Will man den Wünschen der Inserenten entsprechen und sowohl schnell wie fundiert informieren, braucht man laut Markus Häfliger die Kombination von Print- und Online-Angeboten. Der «IT Reseller» wird ausschliesslich an leitende Mitarbeiter von Firmen aus der IT-Branche über Abonnements verkauft, er ist am Kiosk zu erwerben. Nach eigenen Angaben arbeitet die Zeitschrift mit einer Print- und Online-Angebotskombination profitabel.