Hans Knöpfel, Inhaber der Zürcher Unternehmensberatung Knöpfel & Partner AG, könnte demnächst in der eigenen Branche als echtes Vorbild herumgereicht werden. Denn zum einen ist Knöpfel einer, der selbst in mageren Zeiten wie diesen lachend über volle Auftragsbücher klagt. Zum anderen lanciert der Zürcher Consultant dieser Tage eine echte Innovation, mit der er der Consulting-Branche zu neuer Glaubwürdigkeit verhelfen könnte.
Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders, und Hans Knöpfel wird demnächst – wie jeder Revolutionär – von den einen (den Kunden) geliebt und von den anderen (manchen Konkurrenten) bekämpft. Bei Licht besehen hat Knöpfels Innovation nämlich gewaltige Sprengkraft. Und mit einschneidenden Veränderungen haben nicht nur die Kunden der Berater häufig ihre Probleme, sondern auch die Consultants selbst.
«Consulting Governance®» nennt Knöpfel die Novität. Damit definiert er klar, welche Voraussetzungen ein Berater künftig erfüllen muss und wie ein von Beratern begleitetes Projekt konkret abzulaufen hat, um ein Mindestmass an Erfolg zu generieren. Ein Musterprofil und ein Musterablauf also. Beides soll es dem Kunden ermöglichen, einfacher die richtige Consulting-Firma zu finden und dann dieses Beratungsunternehmen im Sinne der eigenen Zielsetzungen einzusetzen, zu steuern und zu kontrollieren.
«Consulting Governance ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit», sagt Knöpfel selbst. Und ein bisschen ärgert es ihn schon, dass er erst jetzt, nachdem die Branche da und dort in Verruf und gesamthaft in die Krise geraten ist, auf die Idee kam, einen Berufs- und Qualitätsstandard zu entwickeln, mittels dessen ein Mindestmass an Projekterfolg quasi inhärent garantiert sein soll. «Berater sind zwar Weltmeister in der Entwicklung neuer Methoden und Instrumente. Sie selbst aber wollen sich bisher möglichst wenig Regeln unterwerfen.»
Knöpfel sagt dies ohne Häme. Er ist auch keiner, der die eigene Branche nun mit dem gestreckten Mahnfinger auf den rechten Weg bringen will. «Die fehlende Übereinstimmung zwischen Rat und Tat in unserem Geschäft ist schon irgendwie verzeihlich, denn schliesslich laufen auch des Schusters Kinder barfuss, und selbst in Metzgerfamilien soll es Vegetarier geben», sagt er lächelnd. Und so trieb ihn auch die Sorge um die eigene Zukunft als Unternehmensberater dazu, sich über die Qualitäts- und Erfolgssicherung in Consulting-Projekten Gedanken zu machen.
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Knöpfels Analyse des Geschäftsfelds Consulting ergab ein ebenso eindeutiges wie komplexes Bild: Noch immer erbringt eine grosse Anzahl von Beratern und Consulting-Firmen ihre Dienstleistung nach persönlichem Gutdünken und häufig mit wenig Transparenz. Und noch immer gibt es im Consulting keine Mindestanforderungen, keine Vorschriften, keine Standards. Die Berufsbezeichnung Unternehmensberater ist weitgehend ungeschützt. Lediglich das Qualitätssiegel CMC (Certified Management Consultant) der Asco gibt den Kunden die Gewähr, dass ein Berater die Zertifizierungsvorschriften des ICMCI (International Council of Management Consulting Institutes) erfüllt.
Unabhängig davon kann sich aber jeder Unternehmensberater nennen, und folglich verkauft jedes Beratungsunternehmen auch seine Art des Projektmanagements, seine Methoden und Instrumente stets als allerletzte Wahrheit. Die aber ist vom Auftraggeber erst nach Projektende überprüfbar. Neuenglische Managementschlagworte in kaum verständlichen Satzfragmenten und in ellenlangen Poweroint-Präsentationen lassen im Konferenzzimmer zwar viel Spielraum für Fantasien, bringen aber keine Erfolgswahrscheinlichkeit. Bleiben Transparenz, Projekteffizienz und die Nachhaltigkeit des Resultats dann in der Projektrealität auf der Strecke, verkommt so manches wichtige Unternehmensprojekt zur Ruine.
Ohnedies haben sich die Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren radikal verändert: Die Globalisierung, die zunehmende Komplexität und die damit einhergehende schwindende Berechenbarkeit von Entwicklungen, die Verkürzung der Ergebnisorientierung, die Auflösung verbindlicher Wertehaltungen und anderes erfordern eine völlig andere Beratungsleistung – und andere Berater.
Und so betrieb Hans Knöpfel an der Zürcher Stampfenbachstrasse ein radikales Reengineering des Dienstleistungsfelds Unternehmensberatung und mithin des Beraters. Der Consultant beziehungsweise die Unternehmensberatung der Zukunft müssen integral mindestens die drei Managementdisziplinen Corporate Performance Management/Improvement, Transition Management und Projekt-
Management beherrschen. «Dieses interdisziplinäre Fachwissen hat im Projekt absoluten Vorrang gegenüber dem Spezialwissen. Denn erst die Interdisziplinarität ermöglicht die Umsetzbarkeit und Umsetzung eines Konzeptes», so Knöpfel.
Was Knöpfel nicht sagt, aber logischerweise beabsichtigt: Wenn die drei Disziplinen Corporate Performance Management/Improvement, Transition Management und Projekt-Management zum selbstverständlichen Handwerkszeug eines jeden anerkannten Beraters gehören, dann erfolgt die Differenzierung im Consulting-Geschäft künftig ausschliesslich über die qualitativen Leistungsmerkmale Branchenkenntnisse, Kreativität und Erfahrung. Sie stellen gewissermassen den Trumpf, die Einzigartigkeit eines jeden guten Beraters dar und bringen dem Kunden den so genannten Mehrwert.
Und damit wird im Consulting-Gewerbe sukzessive die Spreu vom Weizen getrennt werden. Das heisst im Klartext: Schlecht qualifizierte, unerfahrene Berater und/oder Consultants, die diesen Beruf aus der Karrierenot heraus ergreifen, haben im klassischen Management-Consulting kaum noch Chancen.
Es spricht viel dafür, dass sich die von Knöpfel proklamierten Consulting-Mindestanforderungen sukzessive durchsetzen werden. Denn wachsender Zeit-, Kosten-, Wettbewerbs-, Innovations- und laufender Veränderungsdruck in den Kundenunternehmen lassen etwas anderes als die geforderte Top-Professionalität gar nicht mehr zu.
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Gleiches gilt für den Ablauf eines Projektes. «Wir müssen unsere Dienstleistungen treffsicherer und schneller erbringen», fordert Knöpfel bereits seit Jahren und entwickelte nun im Rahmen von Consulting Governance einen Musterablauf, der sich in neun Phasen gliedert.
Natürlich hat Knöpfel diesen Projektstandard nicht völlig neu erfunden, sondern viele Ansätze zu einem integrierten Modell verknüpft, welches auf die Bedürfnisse des Kunden eingeht und zugleich die Rolle des Beraters klarstellt. «Eine Vielzahl von renommierten Beratungsfirmen arbeitet bereits nach ähnlichen Mustern. Unser Ansatz ist also tausendfach erfolgserprobt», sagt Knöpfel.
Klare Mindestanforderungen an die Beraterqualifikation und standardisierte Abläufe im Projekt – beide Qualitätsfaktoren werden die Kunden freuen. Denn schliesslich führt beides in der Regel zu einem Projektmindesterfolg und zu vergleichsweise günstigeren Projektkosten.
Wie die Kollegen und Wettbewerber von Knöpfel selbst darauf reagieren, ist noch nicht abzusehen, zumal Knöpfel auch noch fordert, dass Beratungsleistungen einen nachweisbaren und wenn möglich messbaren Nutzen für den Kunden bringen müssen.
Es ist aber gut vorstellbar, dass aus den eigenen Reihen in den nächsten Monaten nicht nur Beifall, sondern auch böse Kritik laut wird, wenn Hans Knöpfel Ende Oktober sein Buch «Consulting Governance» (siehe Kasten auf dieser Seite) vorstellt.
Die Kritik mag sachlich begründet, in vielen Fällen wird sie aber auch diffus emotional motiviert sein. Denn man muss schon sehen: Knöpfel lanciert mit seiner Consulting Governance nicht einfach ein Anforderungsprofil für Consultants und einen Projektablauf-Standard. Er kratzt damit am Nimbus des Consultants.
Mit seinem neunphasigen und einer inneren Logik gehorchenden Vorgehen «von der Problemidentifizierung bis zur gelebten Umsetzung» verleiht Knöpfel jedem Beratungsprojekt eine bisher ungekannte brutale Normalität.
Und mit seiner Forderung nach Pflichtdisziplinen im Consulting zerstört Knöpfel schliesslich, was in der Öffentlichkeit – nicht nur von den Beratern selbst – oft so gern gezeichnet und gesehen wurde: das Bild und Image vom universell professionell agierenden Management-Consultant, vom allzeit fähigen Troubleshooter und Krisenbewältiger. Und genau damit leistet er der gesamten Beratungsbranche einen grossen Dienst.