Eigentlich genoss Coop bei uns beste Konditionen», erklärt Piero Vezzani, Geschäftsführer der HTM Sports Corporation in Baar ZG, der Schweizer Tochter des Sportartikel-Herstellers Head NV. Ab dem Winter 2003/2004 wird man Skis der Marke Head und Tyrolia-Skibindungen dennoch in den Regalen vergeblich suchen. Coop hat die Nummer eins der Skiartikel-Branche aus dem Sortiment gekippt, weil diese sich geweigert hat, weitere 1,5-Umsatzprozente für die nationalen Werbeaktionen des Grossverteilers locker zu machen. Zwar wird das Abwälzen von solchen Kosten an die Hersteller oder Lieferanten immer wieder versucht. «Aber es gibt eine gewisse Schamgrenze», gibt Vezzani zu bedenken. Branchenüblich sind laut Vezzani 0,5%.

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Der Rausschmiss sei «eine deutliche Retourkutsche dafür, dass wir die diktierten Bedingungen nicht akzeptiert haben», so Vezzani. Coop-Sprecher Jörg Birnstiel dementiert und will nichts von Sanktionen wissen. Vielmehr handle es sich um einen «legitimen unternehmerischen Vorgang». Grundsätzlich seien immer noch die Kundenwünsche entscheidend und bestimmten den Verbleib von Marken in den Regalen, stellt er klar.

Das System hat bei Coop Tradition: Bereits dem Coop Forte-Bonus verlangte der Grossverteiler ein halbes Prozent mehr Skonto, und zwar von allen Lieferanten. Ausnahmen könnten allein schon aus administrativen Gründen keine gemacht werden, wurde damals beschieden.

Dieser Forderung gab Vezzani noch nach, wenn auch widerwillig und nach langen Diskussionen. Coop bedankte sich dafür auf seine Weise: Der Grossverteiler zog munter Prozente auch dann ab, wenn er Rechnungen deutlich zu spät bezahlte. Erst nach mehrmaligen Reklamationen der HTM zahlte Coop die unberechtigten Skontoabzüge später wieder zurück.

Die HTM als Nummer eins in Skis, Skibindungen und Tennis-Rackets kann diesen Korb durchaus verkraften. Schliesslich gehört Coop mit etwas mehr als 1% des Umsatzes nicht gerade zu ihren Schlüsselkunden.

Einen solchen Hosenlupf mit Coop können sich aber die wenigsten Lieferanten leisten. Gegenüber den vielen Herstellern von Markenartikeln im Lebensmittel- und Kosmetik-Bereich, für die der Coop-Kanal bis zu 50% des Absatzes bedeutet, kann Coop seine Nachfragemacht voll ausspielen.

Ärger mitBlankocheck

Das tut sie auch. Eine Ergänzung zu bestehenden Lieferverträgen, die Coop im Dezember 2002 verschickt hat, sorgt dieser Tage für neuen Ärger. Coop behält sich darin vor, bestehende Richtlinien jederzeit und ohne Konsultation des Vertragspartners zu ändern oder zu ergänzen. Die Lieferanten würden zu blossen Befehlsempfängern mit allen Pflichten degradiert, während mit keinem Wort Pflichten von Coop erwähnt würden, erklärt der Jurist des Schweizerischen Markenartikelverbandes Promarca. «Die Anpassung drängt sich angesichts der dynamischen Entwicklung der rechtlichen und konsumentenpolitischen Rahmenbedingungen auf», hält Coop-Sprecher Birnstiel entgegen. Man wolle damit lediglich die Qualität der gelieferten Waren und das Qualitätsmanagement der Lieferanten neu regeln.

«Formaljuristisch nicht akzeptabel», sagt dagegen Promarca-Geschäftsführer Jean-Bernard Bosset. Aus rechtlicher Optik müsste er seinen Mitgliedern eigentlich empfehlen, auf keinen Fall die Qualitätsvereinbarung zu unterschreiben. Coop erhielte damit so etwas wie einen Blankocheck für weitere einseitige Vertragsveränderungen. In der Praxis sieht auf Grund der Kräfteverhältnisse auf dem Markt die Sache anders aus. «Wegen dieser Qualitätsvereinbarung will sich natürlich kein Lieferant heillos mit Coop zerstreiten», gibt Bosset zu bedenken.

«Verbindlich» oder «richtungsweisend»

Die Promarca hat inzwischen mit der Coop-Geschäftsleitung verhandelt und einen Teilerfolg erzielt. Coop hat zumindest auf dem Papier in einem Punkt zurückbuchstabiert: Die im Dezember 2002 zugestellte, für sämtliche Lieferanten geltende Einheitsversion ist nun differenziert worden. Neuerdings heisst es: Die Qualitätsvereinbarung sei nur für die Zulieferer von Coop-Eigenmarken «verbindlich», für die Lieferanten von Markenartikeln hingegen bloss «richtungsweisend». Der allgemein-verbindliche Charakter der Qualitätsvereinbarung werde von den Lieferanten jetzt überbetont, wiegelt Coop-Sprecher Birnstiel ab. Denn Coop vereinbare ohnehin mit jedem Geschäftspartner individuell, welche Coop-Richtlinien eingehalten werden sollen.

Bleibt die Frage, wie viele Lieferanten es bis jetzt gewagt haben, mit der Unterschrift zuzuwarten und dem Grossverteiler die Stirn zu bieten. Dazu wollen weder Coop noch die Promarca Stellung nehmen. Mittlerweile hat der Grossverteiler seinen Lieferanten eine Frist bis zum 30. Mai gesetzt, um die entsprechende Annahmeerklärung zurückzusenden. Bis zu diesem Datum haben dann die Juristen vielleicht auch herausgefunden, wie der Unterschied zwischen «verbindlich» und «richtungsweisend» allenfalls zu deuten ist.

Immerhin: Künftige weitere Änderungen der Richtlinien müssen die Lierferanten nicht selber auf dem Coop-Extranet in Erfahrung bringen, wie das zuerst geplant war, sondern sie werden in einem Newsletter per E-Mail informiert. Vorbehalte dürfen sie vier Wochen anbringen mittels eingeschriebenem Brief an den Einkaufspoolleiter. Stillschweigen bedeutet Akzeptierung der Änderungen.