Mitte der Nullerjahre lieferte Fretz Men noch eine halbe Million Paar Herrenschuhe in über dreissig Länder. Alle «Swiss made», produziert am Hallwilersee im aargauischen Fahrwangen.
Aber jetzt ist die Geschichte vorbei. Der Schuhhersteller schliesst. Er stellt den Betrieb Mitte 2023 ein. Die in vierter Generation geführte Familienfirma kämpfte seit Jahren ums Überleben und litt zuletzt stark unter der Corona-Pandemie.
Ausgeliefert wird nur noch die Herbst- und Winterkollektion 2022/23, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet. Am Hauptsitz laufe bereits der Abverkauf. «Wir haben alles gemacht, was wir konnten, aber nun ist es vorbei», sagt CEO Vinzenz Lauterburg zur «Aargauer Zeitung». «Ich gehe als letzter von Bord, im Juni, das ist Ehrensache. Aber auch ich werde jetzt auf Stellensuche gehen müssen.»
Lauterburg gehört zur Eigentümerfamilie. Das Unternehmen wurde 1903 durch Hans Fretz in Aarau gegründet. 1965 erfolgte in Fahrwangen die Konzentration auf die Herstellung von Herrenschuhen. Der Umsatz lag zu Bestzeiten bei über 30 Millionen Franken. Die Zahl der Angestellten bei achtzig und mehr. Zu den Kunden zählten unter anderem Coop City, Walder, Vögele und Ochsner.
Abbau auf Raten
3600 Paar Schuhe liefen zu Bestzeiten von den zwei Produktionsstrassen. Das Leder kam aus Europa, aber Entwicklung und Endfertigung war Schweizer Arbeit. Dutzende Schritte durchlief jedes einzelne Paar Schuh. Am Ende wurde es auf Hochglanz poliert – zum Teil von Hand.
2020 folgte ein erster Abbau. Die Produktionskosten in der Schweiz wurden zu hoch, ein grosser Teil der Fertigung wurde ausgelagert nach Europa und Asien. Dreissig Jobs fielen weg. Ein Sozialplan wurde ausgearbeitet, in der Schweiz blieb einzig die Produktion der Premium-Modelle.
Es war ein letztes Aufbäumen, hat die Schliessung aber nicht verhindern können. Der Turnaround ist nicht geglückt. Die Gründe seien vielfältig, schreibt die «Aargauer Zeitung». Verändertes Einkaufsverhalten, hohe Rohstoffpreise, starke Lieferverzögerungen, verzehnfachte Transportkosten, Inflation. Dazu komme, dass die Abnehmer im Handel reihenweise in Konkurs gehen; darunter Vögele Shoes, ein Grosskunde.
«Eine zu kleine Marge»
In Deutschland habe das Geschäft besonders gelitten, sagt Lauterburg zum Regionalblatt. «Wir hatten lange eine zu kleine Marge. Und mit dem Sterben der Schuhfachgeschäfte ging dann auch der Absatz zurück.» Das Unternehmen habe in den letzten zehn Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag verloren.
«Alle Schuhe müssen weg», heisst es jetzt in dicken Lettern am Hauptsitz. Das Paar Schuhe gibt es für ein paar Dutzend Franken. Einzelne Lagerflächen im rund 10’000 Quadratmeter grossen Firmengebäude sind bereits an Externe vermietet.
(ise)