Roche setzt erneut neue Massstäbe beim Covid-19-Testing. Der Basler Konzern will einen Test auf den Markt bringen, mit dem Personen identifiziert werden können, die sich bereits mit dem neuen Coronavirus infiziert haben - und die deshalb womöglich gegen das Virus immun sind.

Der Elecsys Anti Sars-CoV-2-Test soll ab anfangs Mai in den Ländern Europas auf den Markt kommen. Zudem arbeitet das Unternehmen mit der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zusammen, um eine Emergency Use Authorization für den amerikanischen Markt zu bekommen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Roche war Vorreiter bei Virus-Tests

Antikörper-Tests sind der nächste wichtige Schritt bei der Bekämpfung der Sars-CoV-2-Pandemie. Anders als bei den Virus-Tests geht es dabei nicht darum, Infizierte zu erkennen und diese, wenn nötig, zu hospitalisieren; sie dienen vielmehr dazu festzustellen, ob jemand bereits eine Infektion durchgemacht hat und damit keinem Infektionsrisiko mehr ausgesetzt ist. Die Immunisierung der Bevölkerung ist eine wichtige Grösse mit Blick auf einer Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens.

Ob sich Träger von Antikörpern tatsächlich nicht mehr infizieren, ist allerdings nicht sicher. Die WHO warnte am Freitag, dafür gebe es keinen Beweis. 

Roche zählt zu den führenden Unternehmen beim Sars-CoV-2-Testing. Die Basler waren die ersten, die im Februar mit einem Virus-Test auf den Markt kam. Zudem entwickelte die Diagnostik-Sparte des noch jungen Top-Managers Thomas Schinecker einen Test mit sehr hohem Durchstich, der fast vollautomatisch auf grossen Labormaschinen läuft. Das Unternehmen sagt, es könne mehr als 8 Millionen Virus-Tests monatlich herstellen.

Tests «im hohen zweistelligen Millionenbereich»

Die Kapazitäten für den Antikörper-Test sollen bis im Juni bis in den «hohen zweistelligen Millionenbereich pro Monat hochgefahren» werden und auch danach soll die Produktion so schnell wie möglich weiter gesteigert werden. Der Test weist zwei Antikörper nach, das Immunogloblin M, das kurz nach der Infektion gebildet wird, und das Immunoglobin G, das erst später nachzuweisen ist und das bei einer erneuten Infektion aktiviert wird, damit der Körper das Virus erfolgreich bekämpfen kann. 

Der serologische Test läuft, wie der Virus-Tests auf den Cobas-Geräten, die in grossen Labors und Spitälern weltweit weit verbreitet sind. 

Wichtiger Schritt im Kampf gegen die Pandemie

Antikörper-Tests sind wichtig, um zu wissen, wie viele Menschen sich bereits mit dem Virus infiziert haben und wie gross die mögliche Immunisierung der Bevölkerung ist. 

Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine Rückkehr zu einem normalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben bei einer Immunisierung von 70 Prozent möglich wäre, weil sich das Virus dann kaum mehr verbreiten kann und der Schutz von Risikogruppen wie der älteren Bevölkerung oder von Personen mit Vorerkrankungen gewährleistet wäre. In der Schweiz dürfte die Immunisierung der Bevölkerung zur Zeit allerdings erst bei einigen wenigen Prozent liegen.

In den Kantonen Waadt und Genf laufen in diesen Tagen Antikörper-Tests mit mehreren Tausend Personen an. Ziel ist es, Aufschluss über die Immunisierung der Schweizer Bevölkerung zu erhalten.

Probleme mit der Zuverlässigkeit

Zudem können Antikörper-Tests dazu dienen, Beschäftigte in unerlässlichen Bereichen wie im Gesundheitswesen oder in der Lebensmittelversorgung zu testen. So könnten zum Beispiel vorzugsweise Ärztinnen und Pfleger eingesetzt werden, welche sich bereits infiziert haben. Positiv Getestete laufen keine mehr Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken und sie stellen auch selbst kein Ansteckungsrisiko mehr dar – sollte sich erhärten, dass Antikörper tatsächlich gegen eine erneute Infektion schützen. Allerdings ist das zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich erst ein so geringer Teil der Bevölkerung infiziert hat, noch eine eher theoretische Möglichkeit. 

Roche gehört zu den ersten grossen Unternehmen dieser Grössenordnung, das einen Antikörper-Test entwickelt. Dutzende kleinere und mittlere Unternehmen aus Asien, Europa und aus den USA sind bereits auf dem Markt. Es gibt Tests, die in Labors durchgeführt werden müssen, und solche, die wie Schwangerschaftstests selbst gemacht werden können.

Ein Problem ist die Zuverlässigkeit der Tests. So mussten zum Beispiel in Spanien Tests von einem asiatischen Hersteller millionenfach vernichtet werden, weil sie nur in 30 Prozent der Fälle ein korrektes Resultat anzeigten. Besonders gefährlich ist, wenn Tests fälschlicherweise positiv sind, wenn also eine Infektion angezeigt wird, die gar nicht stattgefunden hat. Falsch positive Tests führen dazu, dass sich Personen in Sicherheit wiegen, bei denen tatsächlich noch ein Ansteckungsrisiko besteht.

Der Roche-Test läuft vollständig automatisiert

Roche nutzt elektrogenerierte Chemilumineszenz, um die Antikörper nachzuweisen; ein Verfahren, bei dem ein elektrogeneriertes Molekül ein Lichtsignal aussende, welches dann gemessen werde. «Diese Technologie ermöglicht schnelle Reaktionszeiten, eine hohe Empfindlichkeit, einen weiten Messbereich und Kontrollreaktionen», schreibt das Unternehmen. 

Der Elecsys Anti Sars-CoV-2-Test sei vollständig automatisiert und einfach zu bedienen, nach dem Start der Analyse im Labor sei kein manueller Eingriff mehr erforderlich. Das minimiere das Risiko einer Kontamination oder eines Benutzerfehlers und mache den Test «sehr zuverlässig». Nach Angaben von Roche sind weltweit 40000 Cobas-Geräte im Einsatz, auf denen die Tests durchgeführt werden können.

Roche will bei der Zuteilung «fair und transparent sein»

Der Antikörper-Test-Kitts werden – anders als die Virus-Test-Kitts, die in Kalifornien produziert werden – in Deutschland am Standort Penzberg hergestellt. Zum Preis macht das Unternehmen keine Angabe, er mache aber nur einen Bruchteil der Laborkosten für die Untersuchung einer Probe aus.

Eine wichtige Frage wird angesichts der weltweiten Test-Engpässe sein, wie die Zuteilung der Tests erfolgt. Roche schreibt, der Test werde dorthin versandt, wo die entsprechende Infrastruktur vorhanden sei und die Analysen sofort beginnen könnten. Da jede Sekunde zähle, konzentriere man sich auf Länder, die in der Lage seien, die erhaltenen Tests sofort zum Wohle der Patienten zu nutzen. Darüber hinaus würden epidemiologische Faktoren wie die lokale Krankheitsbelastung berücksichtigt. «Unser Ziel ist es, dabei fair und transparent zu sein», schreibt das Unternehmen. 

Michael Nawrath, der Roche-Analyst der ZKB, schreibt von einer  «erfreulichen Meldung aus der Diagnostik».