Die Aktien der Credit Suisse (CS) sind am Donnerstag mit hohen Verlusten in die Sitzung gestartet. Es sind nicht nur die schwachen Drittquartalszahlen, die den Marktakteuren aufs Gemüt schlagen, sondern auch die Strategiepläne inklusive Kapitalerhöhung über 4 Milliarden Franken.

Die CS-Aktien verlieren bis am frühen Nachmittag 12 Prozent, dies in einem leicht schwächeren Gesamtmarkt, der SMI notierte 0,6 Prozent im Minus. 

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Das Strategieupdate mit relativ radikalem Abbau des Investment Banking, weiteren Kostensparmassnahmen inklusive Stellenabbau, Kapitalerhöhung von 4 Milliarden Franken und Verkäufen von Unternehmensteilen ist sehr umfassend und sorgt für Ernüchterung. Dazu kommt der riesige Verlust im dritten Quartal, der das Jahresergebnis in historisch rote Dimensionen treiben dürfte.

Investmentbank und Kapitalisierung als Sorgenkinder

Die Credit Suisse hat das dritte Quartal mit einem einen Reinverlust von 4,03 Milliarden Franken beendet. Er fiel viel höher aus, als von Analysten im Vorfeld prognostiziert. Es war der vierte Quartalsverlust in Folge. Letztmals schrieb die CS im dritten Quartal 2021 einen Gewinn, und zwar in der Höhe von 434 Millionen.

Am grössten ist die Not operativ in der Investmentbank. Bereits Ende Juli hatte die Credit Suisse für die Sparte einen Verlust in Aussicht gestellt. Dieser erreichte nun 666 Millionen Franken.

Auch die Kapitalisierung macht der Bank zu schaffen. Die sogenannte harte Kernkapitalquote (CET1) fiel auf 12,6 Prozent nach 13,5 Prozent Ende Juni.

2700 Stellen fallen sofort weg

Die Bank will nun mit einer radikal restrukturierten Investmentbank und mit Sparmassnahmen aus der Krise finden. Die Restrukturierung führt zum sofortigen Abbau von 2700 Stellen oder 5 Prozent der Beschäftigten. Ende 2025 wird die Gruppe noch rund 43’000 Angestellte haben, verglichen mit rund 52’000 aktuell, das sind 9000 Stellen weniger. Die Massnahmen sollen dazu führen, dass die jährlichen Kosten bis 2025 auf noch 14,5 Milliarden Franken sinken. Zuletzt lag die «Kostenbasis» bei rund 16,8 Milliarden.

In der zuletzt stark verlustbringenden Investmentbank-Sparte will die Credit Suisse einen signifikanten Anteil am Bereich «Securitized Products» an ein Konsortium um das Private-Equity-Unternehmen Apollo verkaufen. Im Geschäft mit der Verbriefung von Forderungen wie Hypothekarkrediten oder Kreditkartenschulden hat die Credit Suisse eine starke Position.

Aus weiteren Investmentbank-Geschäften will sich die Credit Suisse zurückziehen. Die aufgegebenen Geschäfte werden nun noch in einer Abwicklungseinheit, der sogenannten Capital Release Unit (CRU), geführt. Bis 2025 soll rund 80 Prozent des Kapitals den Divisionen Vermögensverwaltung, Schweizer Bank und Asset Management zugeteilt werden. Zudem will die Bank 4 Milliarden Franken mit einer Kapitalerhöhung aufnehmen.

Christian Meissner verlässt die Credit Suisse

Dazu kommen mehrere Wechsel in der Führung: Investmentbank-Chef Christian Meissner verlässt die Grossbank per sofort. Der bisherige CS-Verwaltungsrat Michael Klein wird aus dem Verwaltungsrat ausscheiden, um als Berater von Group-CEO Ulrich Körner die eigenständige Einheit CS First Boston zu lancieren. Er soll ab 2023 als CEO die Führung der CS First Boston übernehmen, dies vorbehältlich der Zustimmung der Aufsichtsbehörden.

Während der Übergangszeit werde David Miller als Global Head of Investment Banking & Capital Markets agieren. Des weiteren werden Mike J. Ebert und Ken Pang per Anfang November gemeinsam die Leitung des Markets Business übernehmen.

Die neu geschaffene Abwicklungseinheit CRU wird ab 1. November von Louise Kitchen geleitet, die an Finanzchef Dixit Joshi rapportieren wird. Sie wechselt von der Deutschen Bank zur Credit Suisse.

Kampf um Glaubwürdigkeit und Vertrauen

In ersten Kommentaren gibt es unterschiedliche Bewertungen. Die strategischen Massnahmen entsprächen im Grossen und Ganzen dem, was in den letzten Wochen in den Medien verbreitet worden sei, heisst es bei der Bank Vontobel, auch wenn einige Marktteilnehmer wohl mit deutlicheren Einschnitten bei der Investmentbank gerechnet hätten.

Die CS begebe sich mit den angekündigten Massnahmen und Anpassungen nun auf einen langen und mühsamen Weg, um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der verschiedenen Anspruchsgruppen zurückzugewinnen. Dabei dürfe sich das Management keine grösseren Fehltritte mehr leisten.

Die ZKB äussert sich relativ zuversichtlich. Sie hält fest, dass der Fokus bei der CS nun klar auf der strategischen Neuausrichtung liege und dies mit einem doch relativ starken Rückbau der Investmentbank einhergehe. Trotz gewissen Umsetzungsrisiken und noch offenen Fragen zur Finanzierung wertet sie die Pläne positiv. Die Kapitalerhöhung sei zudem vom Markt antizipiert worden, glaubt der zuständige Analyst.

Quartalszahlen etwas im Hintergrund

Das schwache Ergebnis des dritten Quartals tritt derweil etwas in den Hintergrund. Vor allem hohe Wertberichtigungen auf Steuerguthaben haben zum Verlust von 4 Milliarden Franken geführt. Was die Ertrags- und Kostenentwicklung anbetrifft, seien grössere Überraschungen ausgeblieben, schreiben Beobachter. Das ändere allerdings nichts daran, dass die Erträge im Jahresvergleich über sämtliche Geschäftsbereiche hinweg zum Teil stark rückläufig gewesen seien.

Einige Experten sehen darin eine Folge der Risikoreduktion im Tagesgeschäft, die anderen Anhaltspunkte für erneute Marktanteilsverluste. Für Gesprächsstoff sorgt auch der Abfluss von Kundengeldern. Dieser lag im dritten Quartal bei 12,9 Milliarden Franken. Unternehmenseigenen Angaben zufolge wurden im Oktober nochmals Gelder abgezogen.

Die Valoren der CS konnten zuletzt zwar wieder etwas zulegen. Mit aktuell einer Halbierung seit Jahresbeginn sind sie aber klar Schlusslicht im SMI. Daran dürfte sich vorerst wohl auch nicht viel ändern, wie Beobachter im Wissen um den erneuten Quartalsverlust und die strategischen Pläne der Grossbank meinen.

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(awp/gku)