Die Grossbank Credit Suisse hat aus Sicht ihres CEO Tidjane Thiam in der Vergangenheit zu wenig investiert. Er betonte deshalb am Wochenende in verschiedenen Interviews, dass die neue Strategie nebst hohen Sparzielen auch Investitionen vorsehe. Der Erfolg dürfte sich allerdings nicht sofort einstellen.
«Die Credit Suisse soll wieder wachsen, das ist mein grosses Ziel», sagte Thiam im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Und auch gegenüber der «Finanz und Wirtschaft» (FuW) betonte er, dass Wachstum jetzt «zentral» sei. In der neuen Strategie seien nebst Einsparungen von 3,5 Milliarden Franken auch Investitionen von 1,5 Milliarden Franken vorgesehen.
«Eine Firmenorganisation, die nicht expandiert, hat keine Zukunft», so Thiam in der NZZ weiter. Als abschreckendes Beispiel erwähnte er die englische Autoindustrie: «Jahrzehntelang haben sich deren Manager auf das Sparen konzentriert – mit der Folge, dass die Anbieter heute nicht mehr existieren.»
Investment Banking zweitrangig
Dabei will Thiam die CS zu einer führenden Privatbank mit starken Fertigkeiten im Investment Banking machen. «Das Investment Banking steht an zweiter Stelle. Es ist klar Zubringer für die Vermögensverwaltung», sagte er gegenüber der FuW.
Die Investmentbank müsse aber in Kernbereichen wie dem Aktienhandel zu den besten drei Anbietern der Welt gehören, forderte er gleichzeitig in der NZZ. «Ohne ein starkes Investment Banking lässt sich auch kein führendes Vermögensverwaltungsgeschäft aufbauen.»
Im Private Banking setzt Thiam auf ein regionalisiertes Geschäft. «Ich glaube nicht an ein global geführtes Private Banking.»
Schweizer Markt braucht Aufmerksamkeit
Zu den Ländern, in denen Thiam investieren will und sich Wachstum erhofft, gehört auch die Schweiz. «Die Credit Suisse hat in den vergangenen Jahren dem Heimmarkt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und hier zu wenig investiert», sagte er weiter. Wachstumsmöglichkeiten in der Schweiz sieht Thiam bei Geschäften mit KMU und bei wohlhabenden Anlegern.
Zunächst sollen allerdings in der Schweiz in den kommenden drei Jahren 1600 Stellen wegfallen. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner relativierte in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF diesen Schritt. Im technischen und im administrativen Bereich und insbesondere in der IT werde es zwar zu Verlagerungen kommen. Doch auf der anderen Seite werde es auch zu einem Aufbau kommen, insbesondere bei den Kundenberatern.
Börsengang als Anreiz
In diesem Zusammenhang ist laut CEO Thiam auch der Börsengang der Schweizer Universalbank zu sehen. Dieser soll das Management zu Verbesserungen antreiben: «Eine kotierte Aktie stellt für das Management einen Anreiz dar», meinte er in der NZZ. Es müsse quartalsweise über die Fortschritte und den Zustand des Unternehmens Rechenschaft ablegen.
Der Börsengang soll gemäss Verwaltungsratspräsident Rohner aber auch helfen, an der Konsolidierung im Schweizer Geschäft aktiv mitzuwirken: Man verfüge «mit den eigenen Aktien eine attraktive Akquisitionswährung», sagte er gegenüber der «NZZ am Sonntag». Laut Thiam (FuW) stehen Akquisitionen derzeit aber nicht im Vordergrund: «Wir müssen erst die Bewertung des Unternehmens stärken, und dann sehen wir, was die Zukunft bringt».
Aktienminus nicht negativ
Thiam äusserte sich in den Interviews auch zum gesunkenen Aktienkurs nach der Präsentation der Strategie und der Ankündigung der Kapitalerhöhung. Das Absacken könne nicht so interpretiert werden, dass die Investoren die Strategie nicht goutierten. Wenn Gesellschaften vergleichbare Kapitalerhöhungen ankündigten, sinke der Kurs in der Regel um 8 Prozent bis 10 Prozent.
Der CEO stimmte die Investoren zudem darauf ein, dass die neue Strategie nicht sofort Früchte tragen wird. «2016 wird ein schlechtes Jahr sein wegen der Restrukturierungskosten», sagte er der «Sonntagszeitung». «Doch schon ein Jahr danach werden die ersten Anzeichen der Besserung zu erkennen sein», so Thiam weiter. «2018 sollte dann ein gutes Jahr werden.»
Kapitalvorgaben: Streng, aber machbar
Wenig begeistert ist Verwaltungsratspräsident Rohner ausserdem von den neuen Kapitalvorgaben, die der Bundesrat letzte Woche vorgeschlagen hat. «Wir haben dem zugestimmt, aber es ist erheblich», sagte er gegenüber Radio SRF. Die neuen Vorschriften seien zum Beispiel strenger als jene in Grossbritannien. «Grossomodo ist es aber machbar für uns», hielt er gleichzeitig fest.
(awp/jfr)