Phishing, Trojaner, Sexting. Seit neustem können sich auch Private gegen die Gefahren des Internets versichern lassen. Die Meinungen von Experten sind geteilt.

Die Basler Versicherungen haben jüngst eine Rundum-Cyberversicherung lanciert. Für 90 Franken pro Jahr kann sich eine Familie gegen Schäden versichern, die durch Karten- und Datenmissbrauch, Fehllieferungen bei Onlinebestellungen, einen Virusbefall des Computers oder Cyber-Mobbing entstehen.

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Mobiliar und Axa ziehen nach

Mit einem vergleichbaren Angebot startet die Mobiliar im April. Je nach Haushaltsgrösse kostet die Police zwischen 50 und 100 Franken. Und die Axa bringt demnächst ihren bestehenden Baustein für Internetrisiken, der als Zusatz zur Rechtsschutzversicherung erhältlich ist, als eigenständige Versicherung auf den Markt, wie sie auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda schreibt.

Während sich Cyberversicherungen für Unternehmen einer zunehmenden Nachfrage erfreuen, sind sie für Privatpersonen noch weitgehend Neuland. Heute sei das Thema Cybersecurity und Mobbing in den Medien präsent und vielen Leuten im Grundsatz bekannt. Daher sei für die Versicherungen nun der Zeitpunkt gekommen entsprechende Produkte zu lancieren, sagt Jean-Claude Frick, Versicherungsexperte beim Internetvergleichsdienst Comparis.

Modullösungen meist günstiger

Ob sich ein Abschluss für den durchschnittlichen Internetnutzer aber lohnt, ist umstritten. Ruedi Ursenbacher vom Beratungsunternehmen Fairsicherung findet die Preise der neuen Zusatzversicherungen im Verhältnis zu einer Privathaftpflichtversicherung recht hoch. Im Gegensatz zu Unternehmen sieht er bei Privaten derzeit keine Notwendigkeit für eine solche Volllösung.

Das Hauptrisiko im Cyberspace sei klar der Kartenmissbrauch. Hier gebe es schon heute Lösungen innerhalb bestehender Versicherungen, die für den Kunden günstiger seien als ein Rundumschutz. Auch Fehllieferungen und Cybermobbing seien bereits heute mit entsprechenden Modulen im Privatrechtsschutz abdeckbar, sagt Ursenbacher.

Gesunder Menschenverstand reicht aus

Ähnlich tönt es bei Comparis-Experte Frick. «Ich bin der Meinung das eine spezielle Cyberversicherung meistens nicht nötig ist». Gesunder Menschenverstand oder vorhandenes IT-Know-how in der Familie oder im Freundeskreis könnten die meisten versicherten Fälle verhindern.

Wer aber selber keine Zeit oder Lust habe sich mit der Internetsicherheit auseinanderzusetzen oder wer Jugendliche zu Hause habe, die er speziell absichern möchte, für den könne sich eine solche Zusatzversicherung lohnen. Und sei es nur, um ein sicheres Gefühl zu haben, wenn der Nachwuchs am Computer durchs Netz surft, räumt Frick ein.

Markt erst am Anfang

Laut Martin Eling, Professor für Versicherungswirtschaft an der Universität St. Gallen, werden die wenigen Policen, die heute bereits zu finden sind, tatsächlich häufig von Eltern für ihre Kinder abgeschlossen. Doch der Markt steht erst am Anfang. Eling schätzt den Anteil der Privatpolicen am gesamten Prämienvolumen von Cyberversicherungen auf gerade mal 5 Prozent oder weltweit 175 Millionen Dollar.

Er zeigt sich aber überzeugt, dass sich solche Versicherungslösungen im Zuge der zunehmenden Digitalisierung stark entwickeln werden: «Wir haben schon häufiger in Studien geschrieben, dass die Cyberversicherung im Jahr 2025 eine Standardversicherung sein wird – für Unternehmen wie für Privatpersonen», sagt Eling.

Basler Versicherung glaubt an das Potential

Ähnlich optimistisch tönt es bei den Basler Versicherungen. Über kurz oder lang werde eine Cyberversicherung so normal sein, wie eine Privathaftpflicht oder eine Diebstahldeckung in der Hausratversicherung. Entsprechend gross sei der potentielle Markt. Und die AXA ortet eine steigende Nachfrage nach Sicherheit im Netz – auch bei Privatpersonen.

Eine Knacknuss für die Versicherungen stellt derzeit noch die Prämienberechnung dar. Die Risiken sind schwer kalkulierbar, da noch keine etablierten Modelle vorliegen. «Es gibt wenige historische Schadendaten und historische Informationen sind hier auch nur bedingt geeignet, da sich Cyber-Risiken im Zeitablauf stark ändern», gibt Martin Eling zu bedenken.

Eine grobe Kalkulation

Er vermutet, dass die Versicherer bei Privatpersonen daher mit einer sehr groben, tendenziell hohen Schadenwahrscheinlichkeit kalkulieren und einfach mal ein, zwei Jahre schauen, was passiert. Solange das Cyberversicherungssegment noch klein ist, sei dies sicherlich ein sinnvoller Ansatz, um zu lernen.

Bei der Basler Versicherung heisst es, die Prämienberechnung für die Cyberversicherung fusse auf Erfahrungswerten von Deckungen innerhalb bestehender Versicherungen. Und bei den neuen Deckungen im Bereich des sicheren Surfens seien interne und externe IT-Spezialisten hinzugezogen worden. Die Schadenentwicklung werde nun genau verfolgt.

(sda/mbü/gku)