Daniel Model ist kein harmoniesüchtiger Mensch. Schon sein Eintritt ins Familienunternehmen vor 15 Jahren verlief konfrontativ. Nach dem Wirtschaftsstudium in St. Gallen und einer erfolgreichen Sportkarriere als Curler (zweifacher Schweizermeister) arbeitete er bei einem Consulting-Unternehmen, als ihm sein Vater beschied, was er mit ihm vorhatte.

Die Firma stand kurz vor der Akquisition einer grossen Wellkarton-Fabrik im Elsass, und der Sohn sollte die dortige Führung übernehmen. Als gut 30-Jähriger kam Daniel Model also ins Unternehmen und hatte die Übernahme abzuwickeln. Doch was machte der junge Dr. oec. HSG? Er stellte sich quer und verweigerte die Akquisition. Sie sei zu teuer, verbunden mit dem Verlust der Handlungsfreiheit, und sie biete überdies keine Wachstumsperspektiven. «Damit sprach ich mich gegen meinen eigenen Job aus. Doch mein Vater zeigte Grösse, akzeptierte meine Argumente, die ihm glaubwürdig erschienen», erinnert sich der heute 46-Jährige.

Der entscheidende Schritt folgte 1992. Als Berater war Model beim Fall der Berliner Mauer in Potsdam und «total ergriffen von der osteuropäischen Aufbruchstimmung». Er setzte durch, dass man sich an einer internationalen Ausschreibung beteiligte, als in Tschechien die Industrieprivatisierung lanciert wurde. Model kam Anfang Juli 1992 zum Handkuss für den Kauf einer grossen Wellkartonfabrik mit 750 Mitarbeitenden im tschechischen Opava. «Es war im Nachhinein ein Befreiungsschlag. Plötzlich hatte die Gruppe ganz neue Perspektiven», so Model heute. Wegen exorbitanter Lohnforderungen des lokalen Managements beendete er die Zusammenarbeit und packte selbst als Chef in Tschechien an. Nach einem Jahr kehrte er zurück nach Weinfelden, um die Division Wellkarton und Papier zu übernehmen.

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Einstieg mit dem Bruder

1995 bot sich Daniel und seinem Bruder Martin U. Model die Gelegenheit, auf die sie gewartet hatten. Weil deren Tante bereit war, ihren Anteil zu verkaufen, und dazu der Vater ein Paket von 20% abgab, konnten die Gebrüder mithilfe eines Bankkredits 60% des Aktienkapitals übernehmen und dieses in ihre Camares AG einbringen. Damit war auch das vom Vater angestrebte Going Public vom Tisch, gegen das sich Daniel Model gesträubt hatte.

Nach dem Wechsel der Besitzverhältnisse blieb der Vater zunächst noch im VR-Präsidium. Doch den Entscheid, auf den Bereich Wellkarton und Papier zu fokussieren, verantworteten die neuen Mehrheitsaktionäre. Bereits 1996 wurde auf der grünen Wiese in der Nähe von Prag das zweite Wellkarton-Werk hochgezogen, und die anderen Geschäftsbereiche – auch die Sparte Kunststoffrecycling – wurden konsequent abgestossen. Als neuer CEO löste Daniel Model die weitgehend eigenständigen Units auf und installierte eine regionale Verbundstruktur.

Schon bald stieg Martin U. Model aus, blieb aber Mitglied im vierköpfigen Verwaltungsrat und ist es bis heute. 2002 gab Daniel Model die operative Führung ab und ernannte Walo Hinterberger zum CEO. Allerdings relativiert Model: «Ich bin heute VR-Präsident und Delegierter, ein klassischer Executive Chairman. Ich kam damals zum Schluss, dass ich als Unternehmer diese Firma von ganz oben führen und auch auf dem Papier die strategische Verantwortung tragen muss.» Das sei viel ehrlicher und die Konstellation zuvor auch nicht konfliktfrei gewesen, wie Model zugibt. Ehrlichkeit ist ihm wichtig, das betont er mehrfach im Gespräch. Showtime verabscheut er, wohl eine typische thurgauische Eigenschaft, wie er meint.

Mit CEO Hinterberger trifft er sich regelmässig, steht in täglichem Kontakt, aber nicht institutionalisiert. «Unsere Organisation hat Berührungsängste mit Institutionalisiertem. Die 13 Werke in der Schweiz, Deutschland, Tschechien, Polen und Kroatien arbeiten autonom. «In der Verpackungsbranche sind die Konstellationen überall in Europa wieder anders.» Stolz ist Model darauf, dass er die Dachstruktur der Holding sukzessive vereinfacht hat, während die Organisation insgesamt gewachsen ist. «Wir haben heute 1000 Mitarbeitende mehr als vor zehn Jahren, aber zehn Stellen weniger in der Dachgesellschaft.»

Bei der Model-Gruppe gelte das Vertrauensprinzip, da werde nicht dauernd kontrolliert. Aber: «Als Chef bin ich unberechenbar, weil je nach Sachlage das Verhalten im Spektrum zwischen laisser-faire und autoritär angezeigt ist.»

Spannend war für ihn der 2000/2001 erfolgte feindliche Übernahmeversuch der Axantis (Attisholz). Aus der geschützten Stellung des Privaten attackierte Model im Stile eines Raiders die börsenkotierte Firma. Zwar misslang die Übernahme, doch erreichte Model, dass die Firma verkauft und er dank seinem Anteil Geld verdiente. «Eine spannende Sache, die mir grossen Spass bereitete.»

Seine Skepsis gegenüber börsenkotierten Firmen ist geblieben, «weil die Chefs einer kotierten Firma in der Regel nicht die normalerweise aus Eigentum entstehende Verantwortung entwickeln. Deswegen kommt es auch zu den Missbräuchen in den Unternehmensspitzen. Das ist nur logisch und sys-tembedingt», meint Model und fügt hinzu: «Wir hatten noch nie ein Problem mit überbordenden Managerlöhnen.»

«Dieser Staat degeneriert»

Heftig wird Model, wenn es um Politik, genauer um den Staat geht. Dann spricht er etwa von «der bodenlosen Arroganz des Staates, der mich über die Vermögenssteuer in homöopathischen Dosen enteignet» und dem «pitoyablen Zustand», in dem der Staat sich befinde. Seine Fundamentalkritik entspringe dem Spannungsverhältnis, wie er seinen Mikrokosmos als so-ziales System mit 2800 Mitarbeitenden zu gestalten versuche und wie es der Staat mache.

Seiner Meinung nach in den meisten Fällen verkehrt. «Es gilt das Misstrauensprinzip. Man orientiert sich an Unfällen und Verbrechen, und der Missbrauchsfall setzt eine unglaubliche Gesetzesmaschinerie in Gang mit dem Ergebnis des Freiheitsverlustes des Einzelnen. Der Staat sendet lauter Misstrauensbotschaften aus und merkt es nicht.»

Als Mensch und Unternehmer fühle er sich gut, als Staatsbürger schlecht. «Ich identifiziere mich längst viel stärker mit meiner Firma, deren verschiedenen Mentalitäten und Kulturen. Nein, ich muss mich nicht arrangieren mit diesem Staat. Schliesslich haben wir mit der Internationalisierung die Abhängigkeiten von einem einzelnen Land reduziert.»

Vor exakt einem Jahr ging Model so weit, dass er im Rathaussaal zu Weinfelden vor Politikern aus Gemeinde und Kanton seinen eigenen Staat ausrief. Die Wirkung der Provokation blieb nicht aus. Es meldeten sich Interessierte, und eine Folge war, dass Model mit rebell.tv heute als Verleger im Hintergrund auch «mein eigenes Staatsfernsehen» betreibt. Rebell-TV ist ein wilder, schräger Internetkanal, der mittels TV, Radio und eines Blogs neue wirtschaftliche, politische und kulturelle Ideen propagiert.

Für die Behörden kann Model schon mal zur echten Herausforderung werden, wenn er etwa in einem Brief an den Thurgauer Regierungsrat verlangt, selbst zu bestimmen, in welche sozialen Projekte 50% seines nicht bescheidenen Steueraufkommens zu fliessen hätten. Bisweilen reisst er auch eigene soziale Projekte an, wie die Kid’s Charity Gala, die er vor fünf Jahren ins Leben rief und deren Einnahmen an zuvor bestimmte Kinder- und Jugendorganisationen fliessen.

Das Soziale stehe nicht einmal im Vordergrund, meint Model. Er liebe einfach Kinder, habe sie eigentlich lieber als Erwachsene, wegen deren Unverfälschtheit, und er sei fasziniert, welche Energien man mit Beträgen von 20000 Fr. in Organisationen erzeugen könne. Sagts und ergänzt: «Im Gegensatz zum Staat, der die Milliarden zum Fenster hinauswirft und positive Energien vernichtet.» – Nein, der Mann ist nicht darauf aus, geliebt zu werden.

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ZUR PERSON

Steckbrief

Name: Daniel Model

Funktion: Verwaltungsratspräsident und Delegierter der Model Holding AG, Weinfelden

Alter: 46

Wohnort: Salenstein

Ausbildung: Dr. oec. HSG

Familie: Liiert, drei Kinder

Karriere:

- 1989–1991 Unternehmensberater bei EC Consulting

- 1991– 1995 Verschiedene Funktionen im Familienunter-

nehmen

- 1995–2002 CEO Model Holding

- Seit 2002 Verwaltungsratspräsident und Delegierter der Model Holding AG

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Führungsprinzipien

1. Das Vertrauensprinzip

2. Das Freiheitsprinzip

3. Im Missbrauchsfall nicht reglementieren

4. Aus negativen Erfahrungen keine Verletzungen davontragen

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Firma

Model-Gruppe

Europaweit 13 Werke und führender Anbieter von Kartonverpackungen. Umsatz 2006: 597 Mio Fr. (+6,5%). Die Camares AG hält 99,9% der Aktien der Holding und gehört Martin, Daniel und Elisabeth Model. Die beiden Gesellschaften werden fusioniert. Die Gruppe hat 2830 Beschäftigte.