Eine ganze Gruppe von namhaften Pharmafirmen wird in den Vereinigten Staaten unerlaubter Preisabsprachen beschuldigt. 44 Bundesstaaten reichten am Freitag Klage gegen zwanzig Unternehmen ein: Dies gaben die zuständigen Staatsanwaltschaften übers Wochenende bekannt.
Zu den Beschuldigten gehören die grössten Konzerne des globalen Generika-Geschäfts, unter anderem Actavis, Mylan, Pfizer, die Novartis-Tochter Sandoz sowie der weltgrösste Generikahersteller Teva, zu dem Ratiopharm gehört.
Preise hoch, Wettbewerb runter
Die Firmen sollen mit ihren Absprachen die Preise teilweise um mehr als 1'000 Prozent nach oben geschraubt und zudem den Wettbewerb bei Nachahmer-Medikamenten unterdrückt haben.
«Teva und seine Mitverschworenen haben die ungeheuerlichsten und schädlichsten Preisabsprachen in der Geschichte der USA getroffen», heisst es in der Anklageschrift. Betroffen seien unter anderem Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes, hohem Cholesterin, Bluthochdruck, Krebs und Epilepsie.
«Wir werden Vorwürfe energisch anfechten»
Der Teva-Konzern, der von den Anklägern offenbar als federführend angesehen wird, wies die Anschuldigungen im Verlauf des Sonntags zurück: Man sei in keinerlei Aktivitäten verstrickt, die in eine zivil- oder strafrechtliche Verfolgung münden könnten. «Wir nehmen diese Anschuldigungen ernst und werden uns dagegen zur Wehr setzen», sagte Finanzchef Mike McClellan.
Und eine Teva-Vizepräsidentin meinte gegenüber «Bloomberg»: «Die Behauptungen in dieser neuen Anklage und im Verfahren insgesamt sind genau das – Behauptungen.»
Auch Novartis, die Sandoz-Muttergesellschaft, bestätigt das Verfahren, bestreitet aber die Anschuldigungen: «Wir glauben, dass diese Vorwürfe unbegründet sind und werden sie energisch anfechten», sagt ein Sprecher. «Sandoz nimmt ihre kartellrechtlichen Verpflichtungen ernst. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, qualitativ hochwertige und erschwingliche Medikamente für US-Patienten anzubieten und Geschäfte mit Kunden und der Regierung mit Integrität zu tätigen.»
Golfplätze und Steakhouses
Laut Darstellung der Fahnder habe die Entwicklung 2006 begonnen und sich ab 2012 verschärft. So seien bis Januar 2015 Vereinbarungen getroffen worden, die Preise für 86 Medikamente beträchtlich anzuheben.
Laut dem Staatsanwalt von New Jersey, Gurbir Grewal, trafen sich Vertreter der Firmen in informell anmutenden Treffen – etwa auf Golfplätzen –, um Preis-Vereinbarungen auszuhandeln. Bei einer dieser Versammlungen in einem Steakhouse in Bridgewater seien Manager von zehn der genannten Firmen aufgefahren.
Die Federführung der seit fünf Jahren laufenden Ermittlungen lag beim Attorney General von Connecticut, William Tong. «Ich denke, wir haben festgestellt, dass die Generikaindustrie das grösste private Unternehmenskartell der Geschichte ist», sagte Tong am Sonntag in der Sendung «60 Minutes» auf CBS.
Als Beispiel nannte Tong am TV das Antibiotikum Doxycyclin – dessen Preis zwischen 2013 und 2014 um 8'281 Prozent gestiegen war, von 20 Dollar auf 1'849 US-Dollar.
Nachahmermedikamente sind um einiges preiswerter als die Originalpräparate und ermöglichen somit den Betroffenen hohe Ersparnisse. «Generika gehörten zu den wenigen Schnäppchen im Gesundheitssystem der USA», heisst es in der Klage. Das habe sich irgendwann geändert.
«Das Ausmass der unternehmerischen Gier, die in dieser Anklage aus mehreren Staaten aufscheint, ist herzlos und skrupellos», schrieb der Gouverneur von Nevada, Steve Sisolak, in einer Stellungnahme (mehr).
Als beteiligte Unternehmen genannt werden ferner
- Actavis Holdco,
- Amneal,
- Apotex,
- Aurobindo,
- Breckenridge,
- Glenmark Pharmaceuticals
- Greenstone,
- Lannett,
- Lupin,
- Mylan,
- Par Pharmaceucital,
- Pfizer,
- Dr. Reddy’s Laboratories,
- Taro,
- Upsher-Smith Laboratories,
- Wockhardt,
- Zydus Apotex.
Zu den Beschuldigten der neuen Klage gehören auch 15 Einzelpersonen, die das System umgesetzt haben sollen.
(Reuters | rap)