Als Nestlé-Chef Mark Schneider antrat, setzte er auf Geschwindigkeit, Vereinfachung und Kostenbewusstsein. Was er dabei vergass, war das Thema Kaufen und Zukaufen. Es gibt wohl kaum einen Manager, der die aktive Porfolio-Bewirtschaftung so aktiv angeht, wie er.

Bereits in seiner 13-jährigen Regentenschaft beim deutschen Medizinalkonzern Fresenius arbeitete das M&A-Team auf Hochtouren. Das fing schon 2005 an, als er die private Klinikgruppe Helios mit 18'000 Mitarbeitenden zukaufte.

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Ein Jahr später war die Renal Care Group in den USA an der Reihe, die weltweit 2000 Dialysezentren bertreut. Kurz darauf übernahm Fresenius das Blutwäsche-Geschäft von der holländischen Euromedi-Gruppe. Wenig später, Mitte 2013, stiess er das Fresenius-Biotech-Geschäft nach Israel ab.

Schon damals war klar: Was nicht rentabel ist – etwa Fresenius-Biotech – wird verkauft. Und ansonsten gilt: Konzentration aufs Kerngeschäft – und dort Vollgas geben. Und das tat er weiter bei Fresenius und tut es nun auch bei Nestlé.

Fresenius-Aktie stieg

Bei Fresenius erstand er dann den Infusionstherapieanbieter Fenwal Holding. In irrem Tempo ging es weiter: 2014 kaufte er 41 Kliniken und 13 medizinische Versorgungszentren von der Rhön-Klinikum. Nun war er mit 111 Kliniken der grösste Klinikbetreiber Deutschlands. Mitarbeiterzahl: 200'000.

Sein letztes Stück kaufte er sich in Spanien: die spanische Spitalkette Quirónsalud mit 40 Krankenhäusern und rund 35'000 Mitarbeitern. Nun war Schneider auch in Spanien der grösste private Krankenhausbetreiber. Den Husarenritt Schneiders gefiel den Aktionären. Der Aktienkurs unter ihm stieg rasant an. 

Nestlé: Kaufen und Verkaufen

Exakt nach demselben Muster geht es bei Nestlé zu und her: Seit Schneiders Amstantritt Anfang 2017 baut er den Lebensmittelriesen radikal um. Seine Strategie lautet vor allem Kaufen und Verkaufen. Dabei konzentriert er sich auf Geschäfte mit dem grössten Wachstumspotenzial und setzt vor allem auf Hipster-Kaffee, Öko-Food und Vitamine.

Allein 2017 kaufte Schneider neun Unternehmen: den Distributor für Kaffeeprodukte Caravan Marketing, den Spezialisten für Kleinkinder-Ernährung Materna Laboratories, den Hundefutter-Hersteller Terra Canis, den Online-Essenslieferanten Freshly, einen Hersteller von veganen und vegetarischen Lebensmitteln namens Sweet Earth und Blue Bottle, die Kaffe-Kette aus den USA.

Danach folgten noch Vitavis Laboratories, ein Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Ernährung und Pharma sowie Chameleon Cold Brew, ein Hersteller von Kaffeegetränken aus fair gehandeltem Öko-Kaffee. Ende 2017 kaufte Nestlé für 2,3 Milliarden Dollar das kanadische Unternehmen Atrium Innovations, das sich auf Nahrungsergänzungsmittel spezialisiert. 

Kaffee-Deal mit Starbucks

In diesem Jahr ging die Einkaufstour munter weiter. Dass Nestlé auf das Kaffee-Geschäft setzt, wurde spätestens durch den Milliarden-Deal mit Starbucks klar: Kürzlich wurde die Übernahme des Detailhandelsgeschäfts der US-Kaffekette abgeschlossen. Mit dem Vermarktungsdeal für rund 7 Milliarden Dollar will Nestlé die globale Expansion von Starbucks vorantreiben.

Demgegenüber stehen zahlreiche Firmenverkäufe, die nicht mehr ins Nestlé-Portfolio passen: Gerade hat der Lebensmittelkonzern angekündigt, das Lebensversicherungsgeschäft Gerber-Life an einen US-Finanzdienstleister für 1,55 Milliarden Dollar zu verkaufen.

Im Juli stiess der Nahrungsmittelriese die US-Getränkemarke Juicy Juice ab. Zuvor wurden in den USA bereits die Sporternährungsmarke Power Bar und ein Grossteil der Diätsparte Jenny Craig veräussert.

Nestlé trennt sich von Süssigkeiten

Anfang 2018 verkauften die Waadtländer die australische Schokoladenmarke Violet Crumble, zuvor war bereits das Glace-Geschäft in Australien verkauft worden. Auch in Neuseeland verkaufte Nestlé in jüngster Zeit mehrere Süssigkeitenmarken.

Die Süsswarensparte in den USA hatten die Schweizer Anfang des Jahres für 2,8 Milliarden Dollar veräussert. Ende 2017 hatte Nestlé-Chef Schneider die beiden amerikanischen Teemarken Sweet Leaf Tea und Tradewinds verkauft. 

Der von Schneider vorangetriebene Umbau bringt Nestlé langsam wieder in Schwung. Im ersten Halbjahr 2018 wuchs der Konzern über 2 Prozent – für das Gesamtjahr erwartet der CEO ein Plus von rund 3 Prozent. Von seinen eigenen Zielen ist Schneider damit aber immer noch ein Stück entfernt: Bis 2020 soll die Kennzahl auf rund 5 Prozent steigen.