Wenn der seit Jahren weltbeste Flughafen einen neuen Terminal eröffnet, sind die Erwartungen hoch. Das Versprechen des 1 Milliarde Franken teuren Terminals 4 im Singapore Changi Airport ist ambitioniert: ein komplett automatisierter Abflugprozess. Die Passagiere sollen ohne menschliche Interaktion vom Check-in bis ins Flugzeug gelangen.
Der Flughafen macht extensiven Gebrauch von Fingerabdruck- und Gesichtserkennungstechnologien und das automatisierte Einchecken und Boarding klappt tatsächlich reibungslos. Nur beim Security-Check geht es noch nicht ohne menschliche Kontrolle. Dafür müssen die Laptops nicht mehr aus dem Handgepäck genommen werden.
Umgekehrt ist das Ankommen in Singapur so unkompliziert, wie es nur geht. Wer hier landet, schafft es in 25 Minuten vom Flugzeug ins Taxi, inklusive Einreisekontrolle, Gepäckabholung und Zollabfertigung. Auch Umsteiger, die in ihrem Transit eine Wartezeit zu überbrücken haben, werden am Changi Airport nicht mit umständlichen Transferwegen und üblen Toiletten abgestraft, sondern mit einer effizienten Wohlfühlwelt mit zauberhaften Grünzonen und attraktivem Shopping-, Spa- und Freizeitangebot inklusive frei zugänglicher Theateraufführungen, Kinos und Schmetterlingsgarten überrascht.
Vor lauter Attraktionen kann man schon mal seinen Flug verpassen. Nur der WLAN-Zugang ist kompliziert: Hierzu muss man seinen Pass an einer Computerstation scannen, worauf man einen Code für eine Stunde Surfen erhält.
Europas Titelverteidiger
Auch der Hong Kong International Airport (Platz 2) behauptet seine herausragende Stellung und punktet in allen Bewertungskategorien bei 68 beurteilenden Experten im Airport-Ranking (siehe «So wurde bewertet»). Dennoch ist der Flughafen nicht ganz ohne Tadel: Es gibt zu wenige Sitz- und Rückzugsmöglichkeiten in den Terminals, weil auf immer mehr Quadratmetern direkte Einnahmen generiert werden müssen.
Zudem verärgert Hong Kong viele Passagiere mit überlangen Wartezeiten bei der Gepäckausgabe: 30 bis 90 Minuten sind inzwischen Standard. Dafür haben First- und Business-Class-Passagiere von Cathay Pacific einen weiteren Grund, frühzeitig am Flughafen zu erscheinen: Die attraktive neue Lounge The Deck mit Openair-Terrasse und Sicht auf das Flugfeld wurde soeben eröffnet.
Mit Freiluftbereichen erfreuen auch die Lounges im Dock E des wiederholt drittplatzierten Flughafens Zürich. Für jedermann zugänglich sind die Zuschauerterrassen B und E, die mit jährlich rund 300 000 Besuchern zu den beliebtesten Ausflugszielen im Land gehören. Zum stressfreien Gesamterlebnis in Zürich tragen die klare Beschilderung, der mehrheitlich zufriedenstellende Passagierfluss und die beispielhafte Anbindung an den öffentlichen Verkehr bei.
Auch die Sauberkeit sowie die Hilfsbereitschaft des Flughafenpersonals finden vorwiegend positive Erwähnung und die Swiss Arrival Lounge wird von all denjenigen geschätzt, die morgens in Zürich landen und noch nicht in ihr Hotel einchecken können oder die nach dem Flug direkt an ein Meeting gehen. Erstklässler und HON-Circle-Member erwartet seit März 2018 eine exklusive Swiss First Lounge im Terminal A, mit eigener Sicherheitskontrolle und Limousinenservice ins Dock E bei Langstreckenflügen.
Das anfängliche Chaos bei der Einführung der automatisierten Passkontrolle mit schlecht vorbereitetem und überfordertem Personal hat sich inzwischen ziemlich gelegt, doch kann die Einreiseabfertigung trotz den neuen «Automated Border Control»-Schleusen (welche die Daten eines biometrischen Reisedokuments mit den Körpermerkmalen des Passagiers abstimmen) schon mal 45 Minuten dauern. Auch ist die unterirdische Skymetro zum und vom Terminal E oft voll. Unverändert ärgerlich bleiben das umständliche Lösen eines Zugangscodes für die WLAN-Nutzung per Mobile und die mehrheitlich überteuerten Shops.
Echte Chancen, im Ranking aufzusteigen, bieten sich Zürich mit der auf Ende 2019 geplanten Eröffnung von The Circle, dem Dienstleistungszentrum in Gehdistanz zu den Terminals. Die grösste Baustelle der Schweiz schmiegt sich um einen Hügel, der zur grünen Erholungszone werden wird – Zürich ist dann einer der wenigen Flughäfen weltweit mit eigenem Park.
Heiterkeit und Reiselust
Von Rang 12 auf 5 kletterte Helsinki-Vantaa. Dem stilsicher gestalteten, tadellos organisierten und für die Passagiere leicht navigierbaren Easy-going-Flughafen gelingt es trotz kaum vermeidbarem Airport-Rummel, eine wohlig skandinavische Atmosphäre zu erzeugen, mit Vogelgezwitscher in den Toiletten, einfach und unlimitiert funktionierendem WLAN, Sleeping-Pods im Terminal 1, preiswerten Massagen (30 Euro für 25 Minuten) und Finnlands grösstem Beauty-Salon.
Hier bedeuten verspätete Flüge nicht das Ende der Welt. Originell sind die Ausstellungen entlang der Gepäckausgabebänder. Reist man innerhalb der EU und nur mit Handgepäck, ist man innert wenigen Minuten vom Flugzeug im Taxi oder in der Bahn. Und selbst nach einem Interkontinentalflug mit aufgegebenem Koffer lässt sich das ganze Einreiseprozedere meist problemlos in 20 bis 25 Minuten schaffen.
Ebenfalls um sieben Ränge verbessern konnte sich der ultramoderne Doha Hamad Airport (Rang 6), dessen Kinderkrankheiten weitgehend behoben sind und der im Gegensatz zu Dubai (23) oder Abu Dhabi ein Gefühl von Weite und Reiselust vermittelt. Check-in, Passkontrolle, Security und Boarding sind gut koordiniert, überdies stehen an jeder Ecke vorwiegend freundliche Auskunftspersonen bereit und im Gegensatz zu den konkurrierenden Wüstenflughäfen finden sich genügend Sitzplätze bei den Gates.
Auch gibt es Rückzugsräume für Normalreisende ohne Lounge-Zugang – diese Räume werden jedoch im Zwei-Minuten-Rhythmus mit nervtötend repetitiven Durchsagen im Stil von «Don’t leave your bags unattended» oder «There are special smoking areas» beschallt. Ruhiger ist es im Flughafen-Spa mit Fitnesscenter und 25-Meter-Hallenbad.
Im Terminal 1 empfängt ein riesiger gelber Bär unter einer noch riesigeren Schreibtischlampe die Ankommenden. Es ist eine Installation des Schweizer Künstlers Urs Fischer, eines von drei Dutzend Kunstwerken aus aller Welt, die im Hamad Airport ausgestellt sind, eines verrückter und ausgefallener als das andere.
Der schönste Flughafen bleibt Wellington (Rang 10) in Neuseeland, ein markanter, von aussen einem Felsen aus der lokalen Sagenwelt ähnelnden Bau, der gekonnt mit geometrischen Formen, Holz und Farben spielt und eine angenehme Wärme, ja sogar Geborgenheit ausstrahlt. Ausserdem überzeugend: kurze Wege, rasche Abfertigungszeiten und Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, wie sie sonst nur in den aufstrebenden Flughäfen Tokio-Haneda (Rang 4), Auckland (15) oder Brisbane (19) zu erleben sind.
Tokio-Haneda hat weitere Pluspunkte: «Hier ist es so sauber, dass man ohne Probleme direkt vom Boden essen könnte», lobt ein Branchenmanager. Dank der Monorail-Verbindung liegt das Stadtzentrum nur 13 Minuten entfernt und das Risiko, ohne Gepäck zu landen, ist in Haneda am geringsten – bei Abflügen ab diesem japanischen Vorzeige-Flughafen geht eigentlich nie Gepäck verloren.
Chaotische Transitflughäfen
Aus der Wertung der Top 25 geflogen ist Paris CDG mit seinem teilweise sensationell missmutigen und unhilfsbereiten Bodenpersonal, den endlos langen Gängen und den albtraumartigen Wartezeiten insbesondere beim Umsteigen. Als Transitpassagier sollte man mindestens drei Stunden einplanen – es ist mit keinerlei Entgegenkommen bei eiligen Durchreisenden zu rechnen.
Genauso schlecht organisiert ist der Abu Dhabi Airport, der von den befragten Experten als einer der mühsamsten und beklemmendsten Transitflughäfen überhaupt bewertet wird. Die führenden Testportale bestätigen diesen Eindruck: «Sobald mehr als ein Flugzeug abzuwickeln ist, bricht das Chaos aus», so die fast einhellige Meinung. Da nützen dem Premiumreisenden auch die unumstritten erstklassigen Lounges von Etihad Airways nichts. Dass man sich in Abu Dhabi definitiv nicht willkommen fühlt, dafür sorgen schliesslich die Einreisebeamten, deren einzige Anrede in einem harschen «Glasses off!» besteht.
Auch in Kopenhagen-Kastrup (12), Tokio-Narita (18) und Barcelona El Prat (20) wird die Geschwindigkeit des Fliegens durch zunehmend langwierige Sicherheitschecks und zeitraubende Prozeduren an Gepäckaufgabe und -ausgabe konterkariert. Ferner stehen viel zu wenige Sitzplätze an den Gates zur Verfügung. Um Letzteres zu kaschieren, werden die Gates jeweils erst kurz vor dem Boarding angezeigt.
In München (9) und Frankfurt (17) nehmen die Warteschlangen und Nervenproben an den Kontrollstellen so beängstigend zu, dass Carsten Spohr, Vorstandschef der Lufthansa, in der FAZ zugeben musste: «Premium ist das nicht.» Dass ohne Abstriche bei der Sicherheit schneller kontrolliert werden könnte, rechnete die Zeitung im Juni nach: «In Frankfurt werden in einer Stunde je Kontrollspur durchschnittlich 80 Passagiere und deren Handgepäck kontrolliert. Der Flughafen München schafft einen – wie es im Fachjargon heisst – Passagierdurchsatz von 100 Reisenden. In Amsterdam Schiphol, einem ungefähr gleich grossen Drehkreuz wie Frankfurt, werden 185 erreicht.»
Ausserdem wurde an den Gates der deutschen Flughäfen der beliebte und weltweit einzigartige Gratis-Service, die Reisenden mit Kaffee- und Tee-Automaten zu verwöhnen, gestrichen und durch ein «zukunftsweisendes Modell» mit einem Anbieter «hochwertiger» zahlungspflichtiger Heissgetränke ersetzt.