Seit einigen Wochen wird der Streit um die Macht im Avireal-Verwaltungsrat öffentlich ausgefochten. Das ist den Kunden des ehemaligen Swissair-Dienstleistungsunternehmens mit Sitz am Zürcher Flughafen nicht entgangen. Jetzt ziehen die ersten ihre Konsequenzen – sprich: Verzichten dankend auf neue Angebote oder lassen laufende Vertragsverhandlungen mit Avireal platzen.

Jüngstes Beispiel: Die Hotelkette Radisson verhandelte mit Avireal länger als ein Jahr über einen Grossauftrag. Die unterschriftsreifen Verträge sind vor gut zwei Wochen versandt worden. «Seither ist bei Radisson niemand mehr zu erreichen», klagt ein Avireal-Kaderangestellter, der involviert ist. E-mails und Telefonanrufe blieben unbeantwortet. «Und das nach eineinhalb Jahren des regelmässigen Kontakts», stellt der Mann ernüchtert fest.

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Vergangene Woche entschied Grosskundin Unique, einen Vertrag nicht mehr zu verlängern. Die Wartung der Gepäcksortieranlage und die Energieversorgung der Flugzeuge übernimmt Unique künftig selber. Der Auftrag macht rund 10% des Avireal-Umsatzes von rund 60 bis 70 Mio Fr. aus.

Für den Fünfjahresauftrag der ETH Hönggerberg musste Avireal nicht einmal mehr eine Präsentation erstellen. «Auf unsere Nachfrage, ob wir bei der öffentlichen Ausschreibung für das Gebäudemanagement eine reelle Chance hätten, hiess es klipp und klar: Nicht unter den gegebenen Umständen», bestätigt ein Mitarbeiter.

Auch bereits abgeschlossene Verträge geraten plötzlich ins Wanken. Etwa derjenige mit der Fluggesellschaft Emirates: Avireal übernimmt die Gesamtplanung der neuen Lounge im Dock E des Zürcher Flughafens, die Räume sollen im kommenden Herbst eröffnet werden. «Nach den negativen Medienberichten kontaktierte uns der Zürcher Emirates-Direktor und wollte Informationen über unseren Zustand haben», berichtet ein Angestellter.

Der Streit der drei Männer

Dabei ging es Avireal bis vor wenigen Monaten noch ausgezeichnet. Das Dienstleistungsunternehmen wurde nach dem Kollaps der Swissair 2005 von drei Investoren – Hannjörg Hereth, Remo Stoffel und René Schmid – aus der Konkursmasse der SAir-Gruppe gekauft. Avireal beschäftigt in Zürich 250 Angestellte und verfügt über zwei weitere Standorte in Genf und Dubai. Insgesamt arbeiten über 1500 Personen für Avireal. Das Unternehmen bietet spezialisierte technische Dienste an, etwa für den Betrieb des Flughafens Zürich, ist im Gebäudemanagement tätig und übernimmt Kurier- und Postdienste für Unternehmen. Der Betrieb war profitabel – bis im vergangenen Herbst der Streit um die Vormachtstellung im Aktionariat einsetzte. An einer ausserordentlichen GV wurden Stoffel und Schmid aus dem Avireal-VR abgewählt. Seither kämpft das Duo um die Rückkehr in das Strategiegremium, allerdings vor Gericht, denn die Stimmrechtsverhältnisse sind umstritten. Schmid gibt sich optimistisch. «Wir gehen davon aus, dass wir innert nützlicher Frist wieder in den Avireal-VR zurückkehren können», sagt er. Im Anschluss sei man bereit, 10 bis 15 Mio Fr. flüssige Mittel einzuschiessen, um die Engpässe zu beheben. «Die Finanzierung dieses Betrags steht», betont Stoffel. Der «Handelszeitung» liegt ein entsprechendes Bankdokument vor, allerdings vom Januar 2008 datiert. Dass nach der Kontrollübernahme das amtierende Management von CEO Edward Spry abgesetzt wird, ist ein offenes Geheimnis. Ein Nachfolger steht bereit: Sprys Vorgänger Marko Virant jedenfalls ist laut eigenen Angaben bereit, «gemeinsam mit den anderen rückkehrwilligen Kadern wieder Verantwortung für die Firma zu übernehmen, um sie damit zu retten».

Derweil tauchen immer mehr Hinweise über angebliche Privatentnahmen der Aktionäre aus den Firmenkassen auf. Laut Avireal-VR und Rechtsanwalt François Bernath wird eine Klage wegen Veruntreuung von Firmenvermögen gegen Remo Stoffel geprüft. Dessen Seite wiederum hat bereits gegen Hereth wegen Veruntreuung geklagt.

Grundsätzlich sind sich die zerstrittenen Parteien einig, dass man getrennte Wege gehen wolle. Nur wie, ist unklar. Während Stoffel und Schmid eine «Globallösung» anstreben – sprich die komplette Entflechtung aller Geschäftsbeziehungen sowie eine Verzichtserklärung auf alle rechtlichen Schritte –, besteht Hereth darauf, die Bereiche Avireal, Winsto – wo die Immobilien wie das Balsberg-Gebäude geparkt sind – und Privatgeschäfte separat zu verhandeln.

Avireal ist weiter zahlungsfähig

In der Zwischenzeit wird die Luft für die Avireal dünner – der Ruf an der Kundenbasis leidet. Zahlungsfähig ist das Unternehmen aber noch. Laut VR-Mitglied Bernath «besteht eine ausgeglichene Situation bei den Kreditoren, Debitoren und den Liquiditäten». Die Löhne seien auf Monate hinaus gewährleistet.

Die Angestellten beruhigt das nicht. Ganze Abteilungen stehen vor dem Absprung. Wer letztlich den Avireal-VR dominiert, spielt für die Belegschaft eine immer geringere Rolle. «Was wir jetzt brauchen», bringt es ein Kadermann auf den Punkt, «ist ein CEO, der zieht. Und ein Verwaltungsrat, der die Finger vom Tagesgeschäft und den Firmenkassen lässt.»