Die Büromöbelbranche profitierte in den letzten Jahren überdurchschnittlich von der robusten Konjunktur. Den Schwung konnte sie auch ins Jahr 2008 mitnehmen, stellt man auf die Bestellungen und guten Verkaufszahlen im Januar und Februar ab.
Die Geschäfte beflügelt hat nicht nur die boomende Wirtschaft. «Das Bewusstsein in den Unternehmen ist gestiegen, dass die Gestaltung des Arbeitsplatzes zu den strategischen Erfolgsfaktoren gehört», erklärt Markus Meili, CEO von Lista Office.
Moderne Büros begünstigen die Produktivität der Angestellten. «Gefragt sind optimal funktionierende Arbeitsplätze, wo sich Kommunikation, Konzentration, Inspiration und Wohlbefinden effizient und produktiv ergänzen», so Meili. Also werden Wohnlandschaften eingerichtet, deren Sphären optisch nur noch durch Glasscheiben unterteilt sind. Neben dem eigentlichen Büromobiliar finden sich Sofas, Lounge Chairs und Leuchten. «Ganz im Trend liegen hochwertige Produkte mit Designanspruch», sagt Albert Denz, Präsident des Schweizer Büromöbelverbandes Büroszene.ch. Dass Prestige, Flexibilität und Ergonomie immer stärker gewichtet werden, beweisen die enormen Zuwachsraten etwa bei Direktionsmöbeln sowie bei gesund konstruierten Bürostühlen.
Kunden gewichten Qualität hoch
Die Zeiten schäbiger Büros jedenfalls sind vorbei. Martin Witzig, CEO von Witzig The Office Company, spricht von einer «Balance zwischen Effizienz und Lifestyle». Der Preis scheint, solange es der Wirtschaft läuft, nur zweitrangig zu sein. «Die meisten Kunden gewichten Qualität und Swissness höher», meint dazu Rolf Bähler, Leiter des Officebereichs der Bigla. Die Firma produziert nach eigenen Angaben «hochstehende Qualität zu erschwinglichen Preisen» für Grosskunden wie etwa die SBB oder den Bund.
Relativ gering hingegen ? etwa bei 20% ? ist der Marktanteil von Anbietern günstiger Büromöbel. Ikea, Micasa oder Office-Wold locken in diesem Segment mit Importprodukten und massiven Rabatten. Die Schweizer Labels haben sich bisher gegen die Billigkonkurrenz mit einem Marktanteil von 65% gut behaupten können.
Schweizer Markt im Fokus
Gewisse Hersteller und Händler wie Lista Office, Witzig The Office Company und Bigla haben sich fast ausschliesslich auf den einheimischen Markt ausgerichtet. Die umsatzmässigen Nummern eins und zwei ? USM und Vitra ? mit den höchsten Designansprüchen aller Hersteller sind auch im Exportgeschäft stark. Ebenfalls international gut im Geschäft sind die Stuhlfabrikanten Girsberger und Stoll Giroflex.
Auch die Sitag, die zur holländischen Samas-Gruppe gehört, produziert für verschiedene Länder. Das gilt auch für den Stuhlproduzenten Züco, inzwischen eine Tochter der deutschen Dauphin-Gruppe. Rund 60% ihres Umsatzes von rund 45 Mio Fr. tätigt sie mit dem Export. Die Wertschöpfung der Schweizer Büromöbelhersteller im Ausland dürfte rund 200 Mio Fr. betragen. Geradezu charakteristisch für die Branche ist die enge Verknüpfung von Herstellung und Handel. Ein Beispiel dafür ist Lista Office als Direktvertreiber der eigenen Möbel. CEO Meili spricht in diesem Zusammenhang vom kompletten Dienstleistungsangebot oder vom «Total Office Management».
Ähnlich tönt es bei Witzig The Office Company, die als Mehrheitsaktionär der Ergodata ebenfalls auch Hersteller ist. CEO Martin Witzig sieht darin einen enormen Vorteil: «Wir können uns als Gesamtlösungsanbieter ohne jegliche Fesseln auf die Bedürfnisse der Kunden fokussieren.»
Umstritten ist, ob Lista Office an der Verkaufsfront die Nase vorn hat. Den Anspruch auf die Nummer eins erhebt nämlich auch die InterOffice-Gruppe, die über mehrere Zukäufe in den letzten Jahren schnell gewachsen ist.
Abkühlung erwartet
Schaut man nur auf die Verteilung des Umsatzes, der überwiegend auf die grossen Vertriebsorganisationen entfällt, so ist die Konzentration in der Büromöbelbranche schon weit fortgeschritten. Andererseits behaupten sich immer noch rund 150 mittlere und kleinere Akteure.
Einig sind sich alle Beteiligten in der Branche, dass die fetten Jahre nicht ewig weitergehen werden. Bei Lista Office rechnet Meili zwar noch mit einem guten 2008. «Danach wird es allerdings zu einer Verlangsamung der Nachfrage kommen», prophezeit er.
Die Branche tut jedenfalls gut daran, sich auf das baldige Ende des kräftigen Aufwärtszyklus einzustellen. Grund zur Panik ist das aber noch lange nicht. «Die Büromöbelbranche hat in den vergangenen 30 Jahren insgesamt drei Rezessionen mit Umsatzeinbussen von jeweils bis 40 oder 50% überstanden», erinnert Denz. Viele Firmen hätten zudem in den fetten Jahren komfortable Reserven anlegen können.
Andererseits dürfte der nächste Abschwung garantiert seine Opfer fordern. Erstes Anzeichen, dass der Konzentrationsprozess bereits rollt, dürfte die Anfang März 2008 gemeldete Übernahme der Bürosparte von Büro-Fürrer durch Witzig The Office Company in Frauenfeld sein. «Einzelne kleinere Betreiber werden in den nächsten Jahren von den grossen Konzernen geschluckt werden», glaubt auch Bähler. Nicht auszuschliessen ist zudem, dass der günstige Preis an der Verkaufsfront in Zukunft wieder stärker gewichtet werden könnte.
Premium-Hersteller wie USM und Vitra setzten die Standards für eine wachsende Zahl von Anbietern
Die Schweizer Privathaushalte gönnen sich deutlich seltener Designmöbel als Geschäftskunden: Weniger als 10% des gesamten Möbelumsatzes entfallen auf Private. Allerdings: Was ist ein Büro- und was ein «Privat»-Designmöbel? Je nach Definition könnten es auch je rund 50% Umsatzanteil sein, denn die Trennlinie zwischen guter Qualität im mittleren bis oberen Preissegment und teurem Design ist fliessend. «Letztlich ist es eine Grauzone, welche Möbel dem Design zuzurechnen sind und welche nicht», gibt Albert Denz zu bedenken, Präsident des Schweizer Büromöbelverbandes Büroszene.ch. Klar ist aber, dass Design eine stets grössere Rolle spielt.
Eigentliches Flaggschiff des Designbereichs ist unter den Schweizer Büromöbelherstellern USM. Die Firma aus Münsingen lässt sich nicht in die Karten blicken, was den Geschäftsgang betrifft. «Wir geben keine Informationen nach aussen», sagt Firmensprecher Urs Siegenthaler. Letztmals wurde 2001 ein Umsatz von 195 Mio Fr. bekannt gegeben. Doch vor allem 2003 harzten die Geschäfte und es gab eine Delle, die USM inzwischen wieder wettgemacht haben dürfte.
International populärer als USM ist Vitra. Die Firma mit Sitz in Birsfelden produziert jedoch in Weil am Rhein und wird deshalb vielerorts als deutsches Unternehmen wahrgenommen.
An den hohen Massstäben, wie sie USM und Vitra im Design gesetzt haben, orientieren sich zunehmend andere Hersteller. Zur Szene der kreativen und ästhetisch anspruchsvollen Büromöbelhersteller zählen sich inzwischen auch Lista Office (mit den Labels Lista und Denz), Stoll Giroflex oder Züco. Bei Girsberger heisst es gar: «Design ist zur Selbstverständlichkeit geworden.» Selbst kleineren Firmen wie Wogg, Zoom oder Zurbuchen ist es gelungen, sich international einen Namen zu machen.
Der Sprung ins Ausland könnte denn auch das Rezept sein, um eine Flaute des Schweizer Marktes zu überstehen. Aus diesem Grunde versucht nun zum Beispiel Bigla, in neue Märkte in China, Russland, Japan und Dubai vorzustossen. Die Firma hofft, dabei vom generell guten internationalen Ruf der Schweizer Büromöbelhersteller profitieren zu können. (ps)