Akroswiss ist ein Startup der etwas besonderen Art. Der Kopf dahinter ist weder jung, noch frisch gebackener ETH-Absolvent, noch weiblich. Sondern ein altgedienter Zürcher Apotheker.

Trotzdem dürfte das, was der Zürcher Apotheker John Fröhlich mit Akroswiss vorhat, Manches in den Schatten stellen, was in der Schweizer Startup-Szene sonst so unter dem Titel Innovation die Runde macht.

Schonend sedieren

John Fröhlich, Inhaber und Chef des Zürcher Klus-Apotheke seit bald dreissig Jahren, hat einen Nasenspray erfunden, mit dem sich Patienten und Patientinnen schonend sedieren lassen, die unter Platzangst leiden, wenn sie für eine Magentresonanztomographie, besser bekannt als MRI, in die Röhre müssen. Zudem eignet sich der gut daumenlange Spray dafür, um epileptische Anfälle, vor allem bei Kindern, notfallmässig zu behandeln.

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«Unsere Spezialität ist die Nase», sagt John Fröhlich. Sie sei ein sehr spannendes Umfeld, wenn es darum gehe, Wirkstoffe – in diesem Fall Midazolam, ein Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine, das von Roche entwickelt und als Dormicum kommerzialisiert wurden –  in sehr kurzer Zeit in den Körper zu bringen ohne dass sie gespritzt werden müssten.

Es gebe einen «first pass»-Effekt, weil die Substanzen, anders als bei einer Injektion oder einer Tablette, nicht in der Leber abgebaut würden, bevor sie ihre Wirkung entfalten könnten. Zudem gebe es wissenschaftliche Hinweise, die darauf schliessen liessen, dass die Wirkstoffe direkt ins Hirn gelangten, wenn sie in der Nase appliziert würden.

Wirkstoffdepots stehen unter Druck

Der Clou dabei: Der Nasenspray des Zürcher Apothekers funktioniert nicht mit einer Pumpe, wie die meisten Sprays, die deshalb mehrmals gedrückt werden müssen, bis sie sprühen, und nur dann funktionieren, wenn sie in einem bestimmten Winkel gehalten werden. Er verfügt stattdessen über zwei kleine Wirkstoffdepots, die unter Druck stehen und die sich sofort entladen, wenn der Spray gedrückt wird – und zwar unabhängig davon, wie der Spray gehalten wird.

«Das ist vor allem bei einem epileptischen Anfall, bei dem es auf jede Zehntelsekunde ankommt, wichtig», sagt der bald 63-jährige Jungunternehmer. Zudem sei die Unterteilung in Kammern hygienischer und sparsamer, weil weniger Wirkstoff übrig bleibe und fortgeworfen werde.

Bis zu 300 Millionen Franken erwartet

500 Stück produziert die Abfüllanlage vor sechs Jahren eigens für vier Millionen Franken dafür eingerichteten Labor hoch über der Klus-Apotheke pro Stunde, vor allem für Schweizer Spitäler und Epileptiker und Epileptikerinnen. Nun will John Fröhlich mit seiner kleinen, aber womöglich bedeutenden Erfindung den europäischen Markt erobern. «Wir rechnen mit Spitzenverkäufen von bis zu 300 Millionen Franken», sagt Marc Fröhlich, Sohn und CEO von Akroswiss.

Das Geld dafür kommt von den Luzerner Hotelfamilie Linsi, von Professor Bernhard Schuhknecht, Radiologe an der Zürcher Privatklinik Bethanien, Walter P. Hölzle, ehemals Präsident des Pharmaverbandes Vips, und einem Finanzinvestor, der nicht mit Namen in Erscheinung treten möchte. Der Erfinder selbst muss bei Akroswiss passen: «Unsere Apotheke ist mit den vier Millionen, die wir vor sechs Jahren für unser Labor aufnehmen mussten, schon genügend belastet».

Apotheker und Unternehmer

Der Staat macht es den Apothekerinnen und Apothekern nicht einfach, Unternehmer zu werden. Sie dürfen zwar Medikamente herstellen, aber nur in geringen Mengen. zum Beispiel für Transplantierte, deren Behandlung ganz präzise Dosierungen erfordert. Auch die Entwicklung neuer Medikamente ist möglich, allerdings werden die Kosten dafür nicht im Tarifsystem abgebildet. Zudem können Apothekerinnen und Apotheker ihre Entwicklungen, andes als die Industrie, nicht patentieren lassen. John Fröhlich arbeitet viel fürs Zürcher Kinderspital. So hat er etwa zusammen mit dem Kinderspital Lösungen entwickelt, die es einfacher machten, Medikamente, zum Beispiel mit dem Schoppen, an Babys und Kleinkinder zu verabreichen. Zudem ist er daran, Augentropfen gegen das Schielen zu entwickeln auf der Basis von Atropin. Der Stoff stammt ursprünglich aus der Tollkirsche und wird höherer Konzentration unter anderem bei augenärztlichen Untersuchungen verwendet, um die Pupillen zu öffnen.