PATRICK FRISCHKNECHT. Früher, sagt Patrick Frischknecht, da sei ins Uhrengeschäft gegangen, wer einen Zeitnehmer benötigt habe. Heute wolle der Kunde Prestige, Technik, ein Liebhaberstück. «Dank Internet, Specials und Fachzeitschriften ist der Einzelne weit informierter über die Marken und Modelle als noch vor 20 Jahren», bemerkt der 47-Jährige. Es sei ein bisschen wie beim 100-m-Lauf: «99 m rennt der Kunde alleine, auf dem letzten Meter aber soll ihn der Verkäufer bis ins Ziel tragen.» Will heissen: Vom Verkaufsgespräch erwartet der potenzielle Käufer, dass ihm die letzten Argumente geliefert werden, die ihn in seinem eh schon gefällten Entscheid bestärken – für diese oder eben jene Uhr. «Da braucht es viel Hintergrundwissen, Fingerspitzengefühl und Diplomatie», betont Frischknecht, Chef von Les Ambassadeurs.
Wohl in der Rolle als Vermittler
Als Ambassador sieht sich der Firmenchef auch selber – als Botschafter, Vermittler zwischen Marken und Menschen, Uhren und baldigen Besitzern. «Uhrenkauf ist kein rationaler Akt mehr, eine Uhr zu kaufen hat mit Emotionen zu tun», so sein Kredo. Das würden die einzelnen Kundensegmente belegen: «50% sind Liebhaber, die über ein fundiertes Wissen verfügen, was die von ihnen gesuchten Stücke anbelangt. Dann gibt es jene, die rein auf Prestige, auf Luxus aus sind. Lediglich ein Viertel der Kundschaft sieht in einer Uhr nichts anderes als eine Uhr.» Was ebenfalls zu beobachten sei: Immer mehr junge Menschen entscheiden sich für eine teure Uhr als Geschenk oder als Wertanlage. Und die Frauen seien eindeutig am Aufholen. «Grosse, markante Uhren sind nicht mehr nur Männersache, ganz im Gegenteil», führt Frischknecht aus, «mindestens 40% unserer Kundschaft sind weiblich.»Patrick Frischknecht lenkt seit zehn Jahren die Geschicke von Les Ambassadeurs mit Verkaufszentren in Genf, St. Moritz, Lugano und Zürich. Über die Grenzen der Bahnhofstrasse hinaus Bekanntheit erlangt hat der Zürcher vor einigen Jahren mit seiner Forderung nach effizienten Schutzvorrichtungen für die hier ansässigen Bijouterien und Uhrengeschäfte. Die Auseinandersetzung mit der Stadt auf der Suche nach geeigneten Massnahmen gegen die so genannten «Rammbock-Räuber» und die Thematik der Sicherheit ganz generell haben ihm nachhaltig belegt, dass viele Ziele nur gemeinsam erreicht werden können. Er setzt die Win-Win-Situation der Rivalität voran. «Konkurrenz belebt zwar das Geschäft», sagt Frischknecht, der sich schmunzelnd als «harmoniebedürftig» bezeichnet, «aber es gibt Bereiche, da ist Ellbögeln fehl am Platz.» Gerade wenn es um die für ein Uhrengeschäft zentrale Frage der Sicherheit gehe, könne ein Alleingang nie so viel bringen wie ein Vorgehen im Verbund. «Nur weil wir die Kriminalität in unseren Geschäften gemeinsam angegangen sind, ist die Zürcher Bahnhofstrasse nicht mehr die erste Anlaufstelle für Trickbetrüger und Rammbock-Einbrecher», ist Frischknecht überzeugt. Dass er beruflich einmal in der Uhrenbranche landen würde, daran hat Patrick Frischknecht in jungen Jahren nicht im Entferntesten gedacht. In Herrliberg als Sohn eines Appenzellers und einer Romande aufgewachsen, besuchte er nach der obligatorischen Schulzeit das Wirtschaftsgymnasium. Nicht allzu lange indes. Schon nach einem Jahr nämlich habe der Rektor entschieden, «dass man auf meine Dienste gut verzichten könne», wie Frischknecht augenzwinkernd anfügt. So habe er sich für eine «Stifti» als Kaufmännischer Angestellter entschieden.
Schon in der Lehre ein Verkäufer
Die Wartezeit bis zum Lehrbeginn wollte er mit einem Sprachaufenthalt im Welschland und einer Aushilfsstelle in einem Comestibles-Geschäft überbrücken. «Ich, 17 Jahre alt, hinter der Gemüseauslage, einen grünen Schoss um den Bauch – aus den geplanten drei Wochen sind drei Monate und aus dem KV-Stift in spe ein begeisterter Verkäufer geworden.» Als solcher übernahm er auch gleich die Stellvertretung des Chefs, wenn dieser sich in die Ferien verabschiedete. Frischknecht ist heute noch dankbar für die Erfahrungen, die er im Erlenbacher Lädeli machen durfte: «Nach dem Versagen am Gymi habe ich zwischen Früchten und Gemüse gemerkt, dass mir der Handel liegt, dass ich auch Verantwortung übernehmen kann und will. Das war unglaublich wichtig fürs Selbstwertgefühl.» Statt in der Schwerindustrie die KV-Lehre in Angriff zu nehmen, besann sich der junge Mann eines anderen und ging in den Verkauf. «Ein Nachbar, damals Generaldirektor bei Les Ambassadeurs, bot mir einen entsprechenden Ausbildungsplatz bei sich an.» Ein wegweisendes Angebot: Frischknecht wurde zum ersten Mal Botschafter an der Bahnhofstrasse.
Zwei Jahre als Selbstständiger
Zwischen dem ersten und dem zweiten Mal lagen beinahe 20 Jahre. Nach der Lehre und einem zweijährigen Praktikum gründete Frischknecht zusammen mit einem Partner eine eigene Modeagentur, agierte als Selbstständiger und merkte in dieser Funktion unter anderem, «dass man jede Büroklammer selber besorgen muss». Nach zwei Jahren fand das Abenteuer sein Ende und der mittlerweile 24-Jährige stieg bei Cartier in Zürich als Filialleiter ein. Zwölf Jahre stand er in Diensten der Luxus-Marke – bis ihn sein Nachbar aus alten Zeiten 1996 kontaktierte und sich bei ihm erkundigte, ob er nicht die Leitung der wirtschaftlich vor sich hindümpelnden Les-Ambassadeurs-Gruppe übernehmen wolle. Frischknecht brauchte nicht lange zu überlegen. «Die Chance, ein Unternehmen zu führen und die eigene Kreativität auszuleben, wollte ich mir nicht nehmen lassen», erinnert sich der nunmehr 47-Jährige. Mit den Gepflogenheiten im Hause war er bereits vertraut, von seinen Lehrjahren her. Frischknecht, gleichsam elegant wie eloquent, hat unter anderem die Umgestaltung der Verkaufsräumlichkeiten hin zu einem offenen, freundlichen Erscheinungsbild vorangetrieben, im Hinterkopf stets das Streben nach Perfektion: «Ich bin ein Visionär, zwar glücklich mit der Situation, aber doch nie ganz zufrieden.»
Die Details sind ihm zuwider
Als «Patron», der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teamorientiert führe, habe er einen Blick für das Ganze, für die Gesamtheit. «Ich mag mich nicht wirklich mit Details aufhalten», lacht Frischknecht, «darum ist es wohl besser, dass ich Verkäufer bin und nicht Uhrmacher – ich hätte schlicht die innere Ruhe nicht, um all die kleinen Teile mit der gebotenen Vorsicht zu behandeln.»Die Uhrenbranche, so wie sie Patrick Frischknecht vor 30 Jahren kennen gelernt hat, ist nicht mit jener von heute zu vergleichen. «Einst konservativ, ist sie heute ungemein dynamisch», hält der Liebhaber jedwelcher «Italianità» fest (Wein genauso wie Autos – in seiner Garage steht seit kurzem ein Ferrari –, Architektur wiewohl Uhren – am Handgelenk trägt er eine schwere Panerai Radiomir). Eine Entwicklung, die ihn ungemein freut. Eine Tendenz aber auch, die ihren Tribut fordert: Viel Zeit für Privates bleibt abseits der Ladenöffnungszeiten nicht übrig.
Reisen bleiben der grosse Traum
Hätte er mehr davon zur freien Verfügung, so würde er vielleicht das Golfen erlernen oder das Saxofonspiel, ganz besonders aber ginge er auf grosse Reise. «Weil das aber nicht möglich ist, schaue ich mir halt am Fernsehen alle möglichen Reise-Reportagen an und male mir aus, wie es sein könnte, wenn ich da wäre.» Für ihn, der mit seiner Frau ein Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert bewohnt, ist Zeit nicht nur knapp und vergänglich, sondern vor allem eines: «Zeit», sagt Patrick Frischknecht, «Zeit ist ein wahrer Luxus.»
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Les Ambassadeurs