Der Brexit ist schlecht für Airlines, die häufig im Vereinigten Königreich landen. Es könnte noch schlimmer kommen, falls das Land aus dem gemeinsamen Luftverkehrsmarkt der EU fällt.

Britische Touristen spüren schon in diesem Sommer die Folgen des vorerst nur angekündigten EU-Austritts: Mit ihrem abgewerteten Pfund erhalten sie in Europas Feriengebieten weniger fürs Geld - und die Flugreisen werden wegen des ungünstigen Verhältnisses zur Ölwährung Dollar auch gleich teurer.

Die längerfristigen Folgen eines Brexit für die Luftfahrtbranche und damit auch für Passagiere in ganz Europa sind hingegen noch schwer absehbar. Billigfliegern dürfte der Preiskampf künftig schwerer fallen. Was bedeutet der Brexit für die einzelnen Beteiligten?

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Die Branche

Grossbritannien steht nach Einschätzung des Weltairline-Verbandes IATA vor einem wirtschaftlichen Abschwung, der zusammen mit der Pfund-Abwertung die Zahl der Fluggäste von der und auf die Insel jährlich um 3 bis 5 Prozent schmälern wird. Im Vergleich zum US-Dollar werten Pfund und Euro in der Folge des Brexit eher ab, was zu höheren Belastungen durch die Kerosinrechnung führt.

Die Passagiere

Die wirtschaftlichen Probleme in Grossbritannien verringern grundsätzlich den Spielraum der grossen Billigflieger für weitere Kampfpreise. Ihr Wachstumskurs wie auch der wettbewerbsbedingte Preisverfall bei den Tickets dürften daher gebremst werden.

Doch auch das ist nicht sicher: Ryanair und Co. müssten bei einer schwächeren Nachfrage auf der Insel notgedrungen Flugzeuge auf den Kontinent verlegen, was auch an abgelegenen Zielen für mehr Konkurrenz und sinkende Preise sorgen würde. Die Lufthansa beispielsweise würde mit ihrem Billigableger Eurowings entgegenhalten.

Die Juristen

Auch im Luftverkehr müssen die rechtlichen Beziehungen neu geordnet werden. Experten stellen in Frage, ob das innerhalb von zwei Jahren erreichbar ist. Das Vereinigte Königreich ist bislang Vollmitglied im weitgehend liberalisierten und vereinheitlichten Luftverkehrsmarkt Europa. Ob britische Gesellschaften auch nach einem Brexit überall in Europa starten und landen dürfen, ist zumindest fraglich.

Weltweit üblicher sind Abkommen auf Gegenseitigkeit, die zwischen den EU-Staaten und Grossbritannien neu ausgehandelt werden müssten. Die EU hat zudem mit Drittstaaten Luftverkehrsabkommen geschlossen, die für die Briten nicht mehr gelten würden und ebenfalls neu ausgehandelt werden müssten. Ökonomisch wichtig ist hier insbesondere der "Open-Skies"-Vertrag mit den USA.

Die Billigflieger

Kräftige Kursabschläge und die Easyjet-Gewinnwarnung machen klar: Zu den grossen Verlierern des Brexit gehören von der ersten Minute an die beiden grossen Billigflieger Ryanair und Easyjet, die nach Zahlen des Airline-Verbandes IATA 36 beziehungsweise 49 Prozent ihrer Kapazitäten im Grossbritannien-Verkehr einsetzen.

Ihre sehr preissensiblen Privatkunden dürften künftig weniger Geld für Flugtickets übrig haben als bislang. Der Chef des weltgrössten Reisekonzerns Tui, Fritz Joussen, bezweifelt jedoch, dass sich die Briten ihre «sehr ausgeprägte Reiselust» so schnell nehmen lassen.

Die Billigflieger haben bislang wie niemand sonst vom einheitlichen europäischen Luftverkehrsmarkt profitiert, in dem sie ohne Einschränkungen in der EU Direktverbindungen etwa von Deutschland nach Spanien angeboten haben. Das wird sich für die irische Ryanair nicht ändern, die britische Easyjet könnte hingegen massive Probleme wegen fehlender Luftverkehrsrechte bekommen.

Easyjet müsste sich in Berlin, Brüssel oder Amsterdam möglicherweise auf Flüge von und nach Grossbritannien beschränken, statt wie bislang von vielen Städten auf dem Kontinent aus zu Zielen in ganz Europa zu starten. Easyjet-Chefin Carolyn McCall prüft laut Berichten daher die Einrichtung eigener Flugbetriebe (AOC) in anderen EU-Staaten ausserhalb Grossbritanniens.

Die Netz-Airlines

Die einstige Staatsfluglinie British Airways und ihr Mutterkonzern IAG hoffen, dass der Brexit sie nicht so hart trifft wie möglicherweise Easyjet. Die IAG, zu der auch die spanischen Fluglinien Iberia und Vueling sowie die irische Aer Lingus gehören, erwartet 2016 nun zwar keinen so grossen Gewinnsprung mehr wie zuvor. Langfristig fürchtet IAG-Chef Willie Walsh aber keine grosse Belastung für sein Geschäft.

British Airways konzentriert sich schon lange auf den Mittel- und Langstreckenverkehr am Weltdrehkreuz London, dessen Bedeutung als Finanzzentrum aber abnehmen könnte. Die Lufthansa sieht sich ohnehin nicht als Hauptbetroffene: Nur fünf Prozent des Umsatzes macht Europas grösster Luftverkehrskonzern, zu dem auch die Swiss gehört, im Verkehr mit der Insel und kann nun möglicherweise sogar auf einigen zusätzlichen Verkehr über Frankfurt hoffen.

(awp/dpa/sda/ccr)