Die Schweizer Campingplätze blicken auf ein erfolgreiches Halbjahr zurück. Die Übernachtungszahlen sind förmlich explodiert. Selbst Experten zeigen sich überrascht.

Gut 1 Million Logiernächte auf Campingplätzen weist das Bundesamt für Statistik (BFS) am Dienstag in seiner neusten Auswertung zur Parahotellerie aus - so viele wie noch nie in den letzten 10 Jahren. Gegenüber dem ersten Semester 2016 beträgt das Plus satte 42 Prozent.

Zum Vergleich: Bei den Ferienwohnungen war das Wachstum mit 7 Prozent sowie bei den Jugendherbergen und Gruppenunterkünften mit 2 Prozent ungleich schwächer. Bei den klassischen Hotels betrug der Anstieg gut 4 Prozent (17,6 Millionen Logiernächte).

Das BFS hält auf Anfrage fest, dass die Berechnungsmethodik seit 2008 unverändert sei und es im ersten Halbjahr keine wesentliche Zunahme des Campingangebots gegeben habe. Zugleich weisen die Statistiker darauf hin, dass die vorgelegten Zahlen provisorisch sind. Ein genaueres Bild sei erst zum Jahresende zu zeichnen.

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Fragezeichen hinter BFS-Zahlen

Die Schweizer Campingplatzbetreiber bestätigen zwar auf Anfrage, dass die Buchungen stark anziehen. So lagen beim mit landesweit 24 Plätzen grössten Anbieter TCS die Übernachtungszahlen nach den ersten sieben Monaten um 12 Prozent über dem Vorjahr.

Hinter die vom BFS ausgewiesenen 42 Prozent Wachstum setzen aber sowohl Oliver Grützner, Direktor TCS Training & Freizeit, als auch Wolfgang Bossard, Präsident vom Verband Schweizer Campings (VSC) ein Fragezeichen. Eine Erklärung für den gewaltigen Sprung haben beide nicht.

Aus den Zahlen ersichtlich ist einzig, dass für den Anstieg primär die Schweizer Gäste verantwortlich sind. Im ersten Semester betrug der Anteil der inländischen Buchungen 73 Prozent. Über das gesamte Jahr 2016 waren es lediglich 64 Prozent.

Camping liegt im Trend

Auch Tourismusexperte Jürg Stettler von der Hochschule Luzern ist überrascht ob der hochgeschossenen Übernachtungszahlen. Grundsätzlich lägen Campingferien aber durchaus im Trend. Generell sei eine Bewegung hin zu naturnahen Ferien auszumachen. Das lasse sich insbesondere am starken Wachstum bei den Verkäufen und Vermietungen von Wohnwagen und Camperbussen ablesen.

Auf der anderen Seite haben die Schweizer Campingplätze ihre Infrastruktur in den letzten Jahren stark ausgebaut. Moderne Sanitäranlagen und gratis Internetempfang sind mittlerweile Standard. Zudem gibt es viele Plätze die auch luxuriöse Bungalows als Übernachtungsmöglichkeit anbieten. «Die Gleichung Campingferien gleich Billigferien gilt heute nicht mehr», sagt Stettler.

Zudem sieht der Experte die steigende Beliebtheit der Schweizer Campingplätze auch als Kompensation der mageren vergangenen Jahre. So sank die Übernachtungszahl von 3,4 Millionen im Jahr 2008 auf 2,7 Millionen im Jahr 2015. Erst im vergangenen zeichnete sich eine Trendumkehr bei Campingferien ab.

(sda/ccr)