Starker Franken = schlecht für die Exportwirtschaft. Diese alte Gleichung ist zwar auch heute noch nicht überholt, aber sie gilt nicht mehr so absolut wie vor Jahren. Grund: Der Branchenmix der Schweizer Exportwirtschaft hat sich verändert und aufgrund der zunehmenden Internationalisierung ist inzwischen die Weltkonjunktur von grösserer Bedeutung für die Exporteure als der Wechselkurs.

"Der starke Franken ist zwar für die Exportwirtschaft lästig, aber nicht existenzbedrohend", sagt Rudolf Minsch, Chefökonom von economiesuisse. Viel wichtiger sei die solide Weltnachfrage. Bremsspuren werde der Franken trotzdem hinterlassen: Minsch rechnet mit einem Verzögerungseffekt von einigen Monaten. Spätestens im Sommer werde sich der starke Franken auch in den Exportstatistiken deutlicher bemerkbar machen. Dann nämlich, wenn die Exporteure nicht mehr um Preiserhöhungen herumkommen und gewisse Absicherungsgeschäfte auslaufen.

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Für Andrea Lassmann, Aussenhandelsexpertin bei der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) greift der Zusammenhang Frankenstärke – Export allerdings nur noch bei einigen Branchen und Ausfuhrländern. Dazu gehören die Maschinenexporte nach Deutschland und Japan oder auch die Uhrenausfuhren nach Deutschland und Italien.

Als mögliche Erklärung nennt KOF-Expertin Lassmann die Tatsache, dass die Schweizer Maschinenexporte in Deutschland auf starke heimische Konkurrenz treffen und deshalb preissensibel reagieren. In der Tat, das geht auch aus der Aussenhandelsstatistik der Eidgenössischen Zollverwaltung hervor, hat namentlich die Maschinenindustrie offenbar erhebliche Preiskonzessionen gemacht.

Margen gesenkt

Dies beobachtet auch Frank Schmidbauer, Konjunkturanalyst beim Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Ausgehend von guten Margen vor der Krise habe die Maschinenindustrie hier den Gürtel enger geschnallt und damit auch die Exporte ankurbeln können. Wie lange man über engere Margen dem Nachteil des starken Frankens trotzen könne, sei allerdings fraglich.

„Man sollte nicht sagen, der starke Franken schadet der Exportwirtschaft nicht“, sagt Schmidbauer, aber der negative Wechselkurseffekt werde durch andere Faktoren zum Teil kompensiert. Einerseits sei die Weltkonjunktur wieder recht robust, andererseits weise die Schweiz einen günstigen Branchenmix auf.

Chemie als Export-Lokomotive

Dazu gehört, dass sich der Anteil  der Chemischen Industrie an den Gesamtexporten in 20 Jahren um mehr als die Hälfte auf über 38 Prozent erhöht hat. Und die Pharmabranche, so Schmidbauer, sei relativ wenig abhängig von der Wechselkurssituation. Eine KOF-Studie zum Einfluss des Wechselkurses auf den Schweizer Aussenhandel kommt gar zum Schluss: „Unseren Schätzungen zufolge sind die Ausfuhren von Chemie  überhaupt nicht von Veränderungen des Wechselkurses betroffen.“

Wenig kurssensibel reagieren gemäss KOF-Expertin Lassmann auch die Uhrenexporte, jedenfalls im oberen Preissegment. Da wundert es nicht, dass die Schweizer Uhrenexporte im März nominal um über zehn Prozent zugelegt haben , im ersten Quartal sogar um fast 15 Prozent auf knapp vier Milliarden Franken. Dies vor allem auch dank der asiatischen Märkte: Die Exporte nach China legten um 63,5 Prozent, jene nach Hong Kong um 21,6 Prozent zu.

(laf)