Der Edelschokolade-Konzern Lindt & Sprüngli baut seine Führung um: Deutschland-Chef Adalbert Lechner wird ab nächstem Jahr die Leitung übernehmen. Noch-CEO Dieter Weisskopf wird dann Verwaltungsrat.
Die Entscheide lassen vor allem aus Sicht der Corporate Governance aufhorchen. Sowohl Verwaltungsrat als auch Konzernleitung bestehen nun aus Personen, die dem Verwaltungsratspräsidenten Ernst Tanner besonders nahestehen. Das gilt selbst für die «unabhängigen» Verwaltungsräte Silvio Denz, Thomas Rinderknecht und Elisabeth Gürtler.
Tanners Leute so weit das Auge reicht
Auch in der Konzernleitung sitzen Tanner-Leute, solche, die schon seit langer Zeit für ihn arbeiten und entsprechend loyal sind. Das trifft auch auf den neuen Konzernchef zu, den Österreicher Adalbert Lechner. Schon jetzt ist klar: Sein Amt wird auch er im Schatten des Exekutiv-Präsidenten Tanner ausüben. Und es gilt insbesondere für Dieter Weisskopf, den Tanner nach einem für Lindt-Verhältnisse kurzen Einsatz als Firmenchef nun nahtlos zu sich in den VR holt.
Und wie steht es um die Kontrolle durch das Aktionariat? Es wird dominiert von der firmeneigenen Pensionskasse, bei der wiederum Ernst Tanner das Sagen hat. Als weitere Aktionäre finden sich der norwegische Staatsfonds, Banken und Kleinaktionäre. Deren Gunst sich Tanner Jahr für Jahr mit guten Dividenden, einer ansehnlichen Kursperformance und nicht zuletzt in Form eines blauen Koffers voll von Schokoladeprodukten des Unternehmens sichert.
Sagenhafte 28 Jahre ist der 75-jährige Ernst Tanner nun bereits Lindt-Präsident und er führt das Unternehmen wie sein persönliches KMU. Es stellt sich die Frage, ob Lindt nicht noch besser sein könnte, würde sich das Unternehmen in der Führung verjüngen, dynamisieren, mehr Diversität zulassen und sich vom Personen-Kult um Ernst Tanner lösen. Ein Vorbild liefert der Nahrungsmittelriese Nestlé, der mit Mark Schneider als CEO wieder deutlich mehr Schub erhalten hat.