Das brauchen Sie jetzt nicht zu schreiben», sagt Christoph Clavadetscher dem Journalisten und deutet auf die kleine Coop-Schokolade, welche die Assistentin zum Kaffee reicht, «aber wenn wir jeweils Blindtests machen und den Testpersonen verschiedene Schokoladen zum Probieren geben unsere Schokolade, diverse Markenschokoladen und Schokolade von der Konkurrenz dann gewinnt immer unsere. Wenn wir die Schokolade aber mit dem Etikett vorlegen, auf dem Coop steht, dann rutschen wir regelmässig in der Bewertung nach hinten.» Natürlich muss der Journalist diese kleine Geschichte schreiben, denn sie zeigt Christoph Clavadetscher in seinem Spannungsfeld.

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Clavadetscher ist der Mann, der die ehemalige «Einheitspreis AG», die heutige Epa, in die Coop überführt und daraus eine der drei grossen Warenhausketten zimmert, die in Zukunft in der Schweiz flächendeckend überleben werden. «Manor, Globus und Coop-City», so glaubt Clavadetscher, «werden, neben Loeb auf dem Platz Bern und Jelmoli auf dem Platz Zürich, am Ende des seit rund zehn Jahren laufenden Konzentrationsprozesses in der Branche der Schweizer Warenhäuser übrigbleiben.»

Die kleine Geschichte mit der Schokolade ist bezeichnend, weil sie erstens zeigt, mit welchem Stolz Clavadetscher mit seiner Firma Coop verbunden ist, und zweitens, welch grosse Rolle in diesem Geschäft das Image der Marken und Namen spielt. Die Marke Epa wird nach rund 70 erfolgreichen Jahren vom Markt verschwinden. Clavadetschers Aufgabe ist es, mit der Marke «Coop-City» ein neues, erfolgreiches Konzept zu entwickeln. Die Planungsphase ist vorbei, momentan geht es an die Umsetzung.

Start im Kleiderhandel und bei Migros

Clavadetscher ist überzeugt, dass ihm das gelingen wird. Er hat das Geschäft des Detailhandels durch und durch und an der Front gelernt. Aufgewachsen ist Clavadetscher in Lenzburg, «als typischer Aargauer», wie er sagt, «in der Mitte, angepasst und nach Zürich orientiert». Angefangen hat er als Lehrbub beim Kleiderhändler Frey. Nach der Lehre wollte er «zu einem Grossen» und heuerte bei der Migros in Schaffhausen an. Dort lernte er «hart zu arbeiten, auch körperlich», und durchlief eine Karriere, die ihn alle zwei, drei Jahre eine Stufe weiter nach oben brachte, durch alle Funktionen hindurch, bis er später Leiter des Waro-Einkaufszentrums in Volketswil wurde.

Dort hat er seinen heutigen Mitstreiter in der Coop, den Waro-Aufkäufer Hansueli Loosli, kennen gelernt. Danach wechselte er zu Coop und kletterte dort die Leiter weiter hinauf. «Ich bin ehrgeizig», sagt Christoph Clavadetscher von sich, und er sei bereit, «ausserordentliche Leistungen zu erbringen».

Zum ersten Mal gespürt hat er diesen Ehrgeiz in jungen Jahren, als er in der Freizeit noch Fussball gespielt hat, zuerst als Junior, dann beim 3.-Liga-Klub FC Niederlenz. «Meinen Erfolgswillen», erinnert er sich, «hab ich damals kennen gelernt.» Später hat er diesen Willen auch in der Armee ausgelebt, hat als Infanterist bis zum Hauptmann weitergemacht und am Ende eine Aargauer Infanteriekompanie geführt. Eine Zeit lang hat er sogar mit der Möglichkeit gespielt, den Vorschlag als Bataillonskommandant anzunehmen. «Aber dann musste ich mich entscheiden: Karriere oder Militär», erzählt er, «beides zusammen wäre mir zu aufwendig gewesen, und das eine hätte dem anderen geschadet.»

Clavadetscher entschied sich für die Karriere. «Trotzdem bereue ich mein militärisches Engagement keine Sekunde», sagt er, «ich kann es jedem Jungen auch heute noch empfehlen. Nirgends lernt man das Führen, das strukturierte Denken und Entscheiden so gut und in so jungen Jahren wie in der Armee.» Und, nach kurzem Nachdenken: «Und man darf da auch mal einen Fehler machen, ohne dass gleich alles zusammenbricht.»

Harte Entscheidungen in der Armee geübt

Damals, in der Armee, hat er auch gelernt, harte Entscheidungen zu treffen, hart für die betroffenen Leute. «Im Detailhandel hat es in den letzten Jahren viele Bewegungen gegeben», sagt er, «Fusionen, Zusammenlegungen, und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.» Auch bei seinem jetzigen Projekt wird es harte Entscheide geben müssen. «Natürlich versucht man, wo es geht, die Leute zu behalten, ihnen neue Funktionen zu geben, neue Aufgaben, aber jede Fusion bringt Synergien», sagt er vorsichtig, «und das bedeutet zum Beispiel im Food-Einkauf, dass Stellen gestrichen werden.»

Fussball und Armee, beides hat Christoph Clavadetschers Ehrgeiz geweckt und seinen heutigen Führungsstil beeinflusst. «Ich habe gelernt, dass nichts geht ohne die Hilfe des Teams.» Gute, starke Leute will er um sich herumscharen, Leute, die bereit sind, Überdurchschnittliches zu leisten, die «was zu denken und was zu sagen haben», nur das bringe Erfolg. «Wenn die Leistung stimmt», sagt Clavadetscher, «dann bin ich bereit, grosses Vertrauen in mein Team zu geben und die Verantwortung und die Entscheidungsfreiheit zu delegieren.» Ob ein Führungsstil weich sei oder hart, «das ist nicht matchentscheidend», sagt er, «wichtig ist, dass der Führungsstil konsequent ist und dass das Team innerhalb der gesetzten Leitplanken volle Bewegungsfreiheit hat».

Clavadetschers Leistungsgedanke und die heisse Phase seines Auftrags lassen ihm momentan nicht viel Freiraum für andere Dinge im Leben. Sonntag ist der Tag, an dem er die Arbeit jeweils draussen zu halten sucht. Morgens vielleicht etwas joggen, dann in den Zeitungen nachlesen, was die Woche durch so gelaufen ist, ein Buch lesen (momentan «Vertrauen führt» von Reinhard Sprenger), sonst will er wenn möglich nur ein wenig «herumhängen, entspannen». «Ich liebe Menschen», sagt Clavadetscher, «aber am Sonntag will ich meine Ruhe haben.»

Im Sommer schafft er es hie und da auf einen Tennisplatz, jetzt im Winter freut er sich auf den einen oder andern Sonntag auf den Skiern, Flims, Laax ist von seinem Wohnort Hurden bei Pfäffikon aus gut zu erreichen. Das «Snöben» hat er mal ausprobiert, «aber das hab ich nicht begriffen». Dann hat er mal versucht, in die Geheimnisse des Golfspiels einzudringen, «aber ich machte nur Löcher in den Boden». Vielleicht, so glaubt er, ist das Erlernen dieses Sportes eher etwas für Frauen. «Die haben mehr Geduld.» Vielleicht kommt er später noch mal auf das Golfspiel zurück, «mit 60», wie er sagt.

Clavadetscher weiss, was Kunden wünschen

Wenn Clavadetscher etwas anpackt, dann will er Erfolg haben. Deswegen freut er sich jeweils auf den Montag und die neue Woche. Für die nächsten zwei Jahre steht jetzt die Umsetzung dieses ehrgeizigen Zieles im Vordergrund. 39 Epa-Filialen und 11 bisherige Coop-City-Häuser müssen fusioniert und in einem eigenen Strang innerhalb des Konzerns zusammengefasst werden.

Für diese Aufgabe will er sich voll einsetzen. Seinen rund 7000 unterstellten Mitarbeitern gegenüber, den Angestellten der Epa, der Coop-City, der ebenfalls zu Coop gehörenden Kette Bau und Hobby und der Möbelkette TopTip, deren Verwaltungsratspräsident er ist, fühlt er sich dabei verantwortlich. Er kennt ihre Jobs, auf die sie angewiesen sind. «Ich weiss, was es bedeutet, von morgens bis abends in einem Laden zu stehen, mit Kunden umzugehen, mit ihnen im Gespräch zu bleiben, ich habe es selber jahrelang gemacht. Ich weiss, wie anspruchsvoll diese Arbeit ist.»

Umso mehr weiss er auch, «dass in Sachen Berufsimage bei den Verkäuferinnen und Verkäufern an der Front noch etwas geschehen muss». Und umso mehr weiss er auch, was der Kunde der Zukunft sucht. «Er wird es bei unseren neuen Coop-City-Warenhäusern finden», lächelt Clavadetscher überzeugt. Denn in dieser Branche sei genau das «matchentscheidend», zu spüren, was der Kunde wünsche. «Der Kunde will ernst genommen werden, und er will gespürt werden», hat Clavadetscher von der Basis auf gelernt. «Ich weiss», sagt er, «woher ich komme.»

Steckbrief

NAME: Christoph Clavadetscher

GEBOREN: 1961 in Lenzburg

ZIVILSTAND: Geschieden, ein Sohn

WOHNORT: Hurden

AUSBILDUNG: Eidg. dipl. Kaufmann des Detailhandels

FUNKTION: Leiter der Direktion Trading Coop



Stichworte

EPA

«Die Stärken der Epa werden wir auch im neuen Konzept brauchen, aber die Idee ist vorbei. Das Sortiment war zu breit für die jeweiligen Verkaufsflächen.»

NEUKONZEPT

«Wir werden das Sortiment straffen und dafür in lockerer, angenehmerer Atmosphäre präsentieren. Farben und Lampen zum Beispiel werden wir nicht mehr anbieten, dafür mehr Accessoires, Wäsche, Unterwäsche.»

START

«Am 10. April startet in Baden das erste Geschäft mit dem neuen Konzept. Nach zweimonatiger Testphase werden wir damit beginnen, 20 Filialen total umzubauen. Die Epa-Schilder werden 2004 verschwinden.»