Die Credit Suisse will den deutschen Professor Sebastian Thrun in den Verwaltungsrat der Grossbank wählen lassen. Dabei ist Thrun kein Finanzprofi. Er gilt aber als einer der intelligentesten Köpfe dieser Welt - unter seiner Ägide entstand unter anderem Googles Street-View-Auto.
Sein Engagement für den Suchriesen startete, kurz nachdem Thrun 2003 als Associate-Professor an der Elite-Universität Standford zu arbeiten begann. Thrun hatte eines mit Google-Gründer Larry Page gemeinsam: Er interessierte sich für selbstfahrende Autos. 2005 nahm Thrun mit seinem Modell an der «Grand Challenge 2005» teil, einem wichtigen Wettbewerb unter der Schirmherrschaft der US-Militärforschungsbehörde Darpa. Das Auto seines Teams gewann, kurze Zeit später wurde er von Page eingeladen.
Für Schlüsseltechnologie verantwortlich
Der Google-Gründer beauftrage Thrun damit, das geheime Forschungslabor «Google X» aufzubauen, in dem auch «Google Glass» entstand. Zugleich wurden unter Thruns Führung die Street-View-Autos entworfen. Thrun ist damit für den Erfolg einer Schlüsseltechnologie Googles verantwortlich.
Sein Erfindungsreichtum brachte ihm Ruhm: Ende 2012 reihte ihn die US-Fachzeitschrift «Foreign Policy» unter die 100 einflussreichsten Denker der Welt ein – auf Platz vier. Wegen seiner selbstfahrenden Autos und der Google-Brille würdigte man ihn als kommenden Henry Ford.
Zwei Kulturen prallen aufeinander
Die Credit Suisse verspricht sich von Thrun Hilfe bei ihrer «auf Kundennutzen und Innovation ausgerichteter Strategie». Dafür winken ihm 250'000 Franken Gehalt. Ob sich Thrun in der Umgebung der Grossbank so einbringen kann, wie er das in der Vergangenheit im Silicon Valley konnte, darf bezweifelt werden. Hier die hierarchische Grossbank, dort das kreative Element von Kaliforniens IT-Szene.
Experten schreiben zwar schon lange, dass den Banken eine Social-Media-Revolution bevorstehe und sie sich dafür rüsten müssten. Doch wie die Zukunft ausschaut, ist völlig offen – und ob ein Aushängeschild wie Thrun die Bank dafür fit trimmen kann, ebenfalls.
Auch interessant zu verfolgen wird sein, wie er als Aufsichtsorgan der Bank mit den vielen regulatorischen und juristischen Baustellen umgehen wird. Der Verwaltungsrat der CS ist kein Google-Thinktank - dass er diesen heiklen Spagat glaubwürdig schafft, ist zu hoffen für die Bank, aber noch lange nicht sicher. Fakt ist: Thruns Verpflichtung ist bisher vor allem ein cleverer PR-Coup, der die Bank mit dem hippen Glanz von «Social Media» und «Silicon Valley» schmückt.