Wir befinden uns im Jahre 1499. Im habsburgisch-eidgenössischen Grenzgebiet schlagen sich Eidgenossen und Schwaben gegenseitig die Köpfe ein. Bei Hallau wehrt sich ein Trupp aufrechter Patrioten gegen die Einnahme von Kirche und Hof durch den übermächtigen deutschen Mob. Mit Erfolg. Dass aus der Eroberung vonHallau nichts wird, ist allerdings weniger der Kampfeslust der Einheimischen als vielmehr der Trunksucht der Aggressoren zu verdanken. Die Schwaben, vom örtlichen Rebensaft beseelt, lassen das Schlachten bald Schlachten sein und legen sich stattdessen für ein Nickerchen aufs Ohr. Seither trägt der Rebbezirk hinter der Hallauer Bergkirche den Namen «Fuule Hund». So jedenfalls will es die Sage aus der Zeit des Schwabenkrieges, mit der Emil Rahm seine Besucher empfängt.
Emil Rahm ist für zwei Dinge bekannt. Zum einen für seine Postille «Memopress» (heute «Prüfen + Handeln»), in der er seinen Standpunkt als Patriot zementiert, mit dem er denn vor allem in den 90er Jahren regelmässig gesellschaftlich wie juristisch angeeckt ist. Zum anderen und dies soll hier primär Thema sein für ein Produkt, dessen Name hierzulande kaum jemandem nicht geläufig sein dürfte: «Rimuss».
Der «Kinderschämpis» aus dem Klettgau gehört zu Weihnachten und Silvester genauso wie das Fondue Chinoise, der Päckliberg, das Feuerwerk. «Mit Rimuss stossed alli aa!» drei von vier Schweizern ist der prägnante Slogan ein Begriff; wer im Laden nach einem moussierenden Traubensaft Ausschau hält, der hat auf dem Einkaufszettel bestimmt «Rimuss» stehen. Über 3 Mio Flaschen des mit feinperlender Kohlensäure versetzten Edeltraubensaftes füllt die Kellerei Rahm jährlich ab, hinzu kommt noch einmal dieselbe Anzahl an (alkoholhaltigen) Weinen. Entsprechend erfolgt der Auftritt am Markt auch nicht einfach als Kellerei, sondern als «Rimuss»- und Weinkellerei Rahm.
«Graf von Spiegelberg»
Die für die Produktion von Rimuss und die Kelterung von Weinen (u.a. «Graf von Spiegelberg») benötigten Trauben bezieht das 40 Personen beschäftigende Unternehmen einerseits vom eigenen Rebberg, andererseits von 200 verschiedenen Lieferanten, vor allem Winzern aus der unmittelbaren Region und dem Zürcher Wein- sowie dem Bünderland. Verarbeitet werden Traubensorten wie Blauburgunder (Pinot Noir) oder Riesling x Sylvaner (Müller Thurgau). Letztere stand denn auch mit Pate, als es vor 50 Jahren darum ging, die rahmsche Neuentwicklung auf den passenden Namen zu taufen.
Familientradition
Emil Rahm, der die 1945 vom Vater gegründete Kellerei seit 1969 zusammen mit seinem Bruder Robert in patronalem Stile führt, erinnert sich: «1954 wurde den Kellereien von einer Versuchsanstalt geraten, einen alkoholfreien Mousseux zu kreieren. Unsere Familie war zu diesem Zeitpunkt bereits im Weinanbau und in der Traubensaftproduktion tätig.» Dem Kleinunternehmen war es daher möglich, sehr schnell zu reagieren. «Bereits im Herbst machten wir uns an das Abfüllen des prickelnden Edeltraubensaftes und präsentierten diesen an der Olma», sagt Rahm. «Zu einem Zeitpunkt, als die grossen Produzenten noch am Pröbeln waren.» Der ursprünglich ersonnene Namen allerdings, der habe dann aufgrund einer Markenkollision noch vor dem grossen Weihnachtsgeschäft abgeändert werden müssen aus «Ramuss» (Rahm-Mousseux) wurde kurzerhand «Rimuss» (Riesling-Mousseux). «Eigentlich ein erzwungener Glücksfall», betont Emil Rahm heute. «Es scheint, als ob Gegenwind nicht nur beim Segelfliegen, sondern manchmal auch im Geschäftsleben ganz gut ist.»
Heute gibt es «Rimuss» als «Party» (spritzig-herb), «Rosé» (feinfruchtig) und «Champion» (Moscato-Bouquet). Den drei Sorten gemein ist der Aufdruck «alkoholfrei». Anders als bei Schaumweinen, bei denen sich die Kohlensäure während des Gärprozesses in der Flasche entwickelt, wird diese dem «Rimuss» mit Hilfe der so genannten «Champagnette» unmittelbar vor der Flaschenabfüllung zugesetzt.
7000 Flaschen pro Stunde
Dicht an dicht stehen die Stahltanks in der Kellerei Rahm. Wie von Geisterhand gezogen ein Wägelchen, das Paletten und Harasse vollautomatisch im Lager verschiebt. Bis zu 7000 Flaschen pro Stunde abzufüllen, ist die Technik im Stande. Zu den Produkten gehören Wein, «Frizz», «Urpress», «Rimuss».
Jährlich rund 20 Mio Fr. an Umsatz erwirtschaftet das in Familienbesitz stehende Unternehmen, dessen Chefs sich in ihrem Führungsstil an christlichen Werten orientieren Wahrhaftigkeit zum Beispiel oder Gerechtigkeit, Treue und Bereitschaft zum Dienen. Dieser Grundhaltung folgend werden denn auch immer wieder gemeinnützige Projekte im In- und Ausland unterstützt, sehr oft solche mit kirchlichem Hintergrund.
Beistand von ganz oben
Für Emil und Robert Rahm, der sich in der überkonfessionellen Arbeit der Internationalen Vereinigung Christlicher Geschäftsleute (IVCG) engagiert und dessen Sohn Peter das Unternehmen ab dem kommenden Jahr führen wird, ist denn auch klar, dass es zum Erfolg nicht nur Cleverness und Tüchtigkeit, nicht nur motivierte Mitarbeiter und innovative Produkte wie den «Rimuss» braucht, sondern auch den Beistand von oben. Von ganz oben.
Firmen-Profil
Name: Rimuss- und Weinkellerei Rahm AG Gründung: 1945 durch Jakob Rahm Umsatz: 20,5 Mio Fr. Beschäftigte: 40 Geschäftsleitung: Emil (Bild) und Robert Rahm; ab 2006 Peter Rahm Produkte: Traubensaft-Spezialitäten («Rimuss», «Litchi-Perl»), Wein («Graf von Spiegelberg» u.a.), Weingetränke («Pesca-Frizz») Kunden: Detailhandel Internet: www.rimuss.ch